Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin
duschen, ohne dass es auf meiner Haut brennt. Ich seife mich von Kopf bis Fuß ein, bearbeite die Mitte besonders gründlich, brause mich ab und springe aus der Dusche.
Ich creme mich hastig mit parfümierter Bodylotion ein, kämme mir das Haar, schlüpfe in eine Jeans, ein T-Shirt und schwarze Lederstiefel, schnappe mir eine Lederjacke und eile um zehn vor neun aus dem Haus.
Lestat’s. Das Navi des Jaguar erkennt es und gibt die Adresse 3343 Adams Avenue an. In Normal Heights. Heute ist Sonntag, also werde ich es nicht bis neun Uhr schaffen, aber allzu sehr dürfte ich mich nicht verspäten.
Um zehn nach neun halte ich vor dem Café. Es hat große Panoramafenster, durch die ich abgewetzte Sofas und Sessel sehen kann, um abgenutzte Tische gruppiert. Es sind kaum Leute da. Zwei Hippies in einer Ecke, kein Jason. Hat er angenommen, dass ich doch nicht komme, und ist wieder gegangen? Würde er nicht einmal zehn Minuten warten?
Ich verfluche mich dafür, dass ich zu spät komme, und Jason dafür, dass er pünktlich war. Trotzdem steige ich aus dem Auto und haste über die Straße.
Die erste Überraschung empfängt mich, als ich eintrete. Das Café ist lang und schmal, und eine Theke nimmt die hintere Wand ein. Da steht ein Mann mit dem Rücken zu mir und kippt Kaffeebohnen in eine Mühle. Er fährt zusammen, stellt die Tüte ab, dreht sich aber nicht um.
Vampir?
Jetzt fahre ich zusammen. Der Kerl wirft mir über die Schulter einen Blick zu. Er ist stämmig und sieht etwas streberhaft aus mit dem dunklen Haar, das seitlich über eine breite Stirn gekämmt ist, schwarzer Hornbrille auf der schmalen Nase und fleischigen Lippen.
Ich nicke . Ist das dein Laden?
Er wendet sich mir zu. Auf seinem Namensschild steht »Gordon«. Er zuckt mit den Schultern . Schön wär’s. Ich arbeite hier. Was sagst du zu der Deko? An den Wänden hängen Originalgemälde und ein paar verstreute Kruzifixe, eine Sammlung eiserner »Totenschädel« im Spielzeugformat, ein halbes Dutzend Spiegel in kunstvoll verzierten Rahmen. (Ich werfe Gordon mit hochgezogener Augenbraue einen Blick zu, als ich sie bemerke, aber mir fällt auch auf, wie hoch sie hängen – man müsste schon drei Meter groß sein, um sich darin zu spiegeln, oder eben nicht). Die Sitznische aus Holz und Glas, in der die beiden Hippies Schach spielen, schmückt ein Kristallkronleuchter. Außerdem hängen überall Knoblauchgirlanden. Ich rieche oder spüre aber nichts. Eine weitere hochgezogene Augenbraue bringt mir die Antwort: Die sind künstlich. Aus Bast. Sehen aber ziemlich echt aus, oder?
Fast zu echt. Versucht ihr, Vampire fernzuhalten?
Er schüttelte den Kopf. Mir gefällt das Zeug auch nicht. Mein Cousin hat sich das ausgedacht. Ihm gehört das Café.
Er ist kein Vampir, nehme ich an?
Ein Nicken. Er ist eingebildeter Vampir-Jäger, sieht sich als echten Draufgänger. Er kommt sicher bald. Ganz in Schwarz mit einem Pflock am Gürtel, tut immer so düster und all der Mist. Seine Vorstellung von Vampiren hat er von Anne Rice.
Ich finde das Ganze irgendwie witzig. Hast du keine Angst, dass er herausfindet, was du bist?
Er stößt Luft durch die geschürzten Lippen aus. Ein verächtliches Pfff.
Schau mich mal an. Sehe ich für dich wie ein Vampir aus? Als ich beschlossen habe, mich verwandeln zu lassen, dachte ich, ich würde danach total muskulös und cool aussehen. Ich hatte auf Spike gehofft und habe Xander bekommen. Das Einzige, was richtig aufpoliert wurde, ist mein Hirn. Ich bin klüger und schneller, sehe aber immer noch aus wie ein Computerfreak. Wer hätte das gedacht?
Ich zucke mitfühlend mit den Schultern . Zumindest konntest du über deine Verwandlung selbst entscheiden.
Du nicht?
Darüber will ich mich nicht unterhalten, also blicke ich mich um. Die Fenster sind mit etwas bedeckt, das aussieht wie goldgelbe Frischhaltefolie. Die beiden Menschen, die in der Ecke Schach spielen, spiegeln sich nicht darin.
Wie hast du das mit den Fenstern gemacht?
Er lächelt. Sonnenschutzfolie. Nicht reflektierend. Ich habe meinem Cousin erzählt, die würde die Hitze und das grelle Licht abhalten. Tut sie schon, aber sie erlaubt mir auch, Tag und Nacht hier drin zu sein.
Ehe ich noch etwas sagen kann, tritt ein Pärchen an die Theke. Beide tragen Kurzhaarfrisur und seidene Jogginganzüge, die »schick und teuer« schreien.
Ich trete beiseite, damit sie bestellen können. Die Glastheke ist voll Gebäck und Kuchen, und sie lassen sich bei der Auswahl
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