Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin
tritt wieder zu mir.
»Wo wohnt Tamara denn?«, frage ich.
Er sieht mich überrascht an. »Das weißt du nicht? Sie ist bei einer Freundin untergekommen, das Haus gehört wohl irgendeinem Arzt in La Jolla. Muss wirklich der Hammer sein, wenn man sie so reden hört.«
O ja. Der Hammer. David ist nur nicht klar, dass er schon einmal dort war. In Averys Haus. Dorthin hat Avery ihn nämlich gebracht, als er David entführt und beinahe umgebracht hat.
Und ich werde auch bald dorthin gehen. Wenn ich endlich getan habe, was ich schon heute Morgen hätte tun sollen.
Dieses verdammte siebzehnte Kapitel in Freys Buch lesen.
Kapitel 51
Ich bin nicht der Typ für Smalltalk, David zum Glück auch nicht. Wir stehen zusammen neben dem Hummer und warten schweigend auf seinen Freund. Ich weiß nicht, woran David denkt. Ich überlege mir verschiedene kreative Methoden, Sandra umzubringen, sobald sich die Gelegenheit ergibt.
Davids Freund ist pünktlich. Er entpuppt sich als weiterer Vertreter dieser seltenen und bemerkenswerten amerikanischen Spezies: der gigantische Profi-Footballspieler. Er ist gut zehn Zentimeter größer als David und etwa vierzig Kilo schwerer.
Er trägt eine Jeans, die so gut sitzt, dass sie nur maßgeschneidert sein kann, und ein T-Shirt unter einer Jeansjacke. Seine Hände stecken in ledernen Autohandschuhen, die Füße in Schlangenleder-Stiefeln. Er bewegt sich wie der Hulk. Muss Defensive End gespielt haben.
David stellt ihn mir als »Charmer Moss« vor. »Charmer?«, wiederhole ich und erwidere einen kräftigen Händedruck. Seine Hand ist so groß wie ein Speiseteller. »Im Ernst?«
Er lächelt. Seine Haut hat einen satten, dunklen Mahagoniton, und der Kontrast der makellosen weißen Zähne in dem gutgeschnittenen Gesicht ist umwerfend. »Meine Frau behauptet, das sei wohl eher eine redaktionelle Anmerkung meiner Mutter über meinen Vater statt einer direkten Aussage über mich.«
»Und was meinen Sie?«
Er zuckt mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Mein Vater ist vor meiner Geburt gestorben.«
Er schaut an mir vorbei auf mein Auto, und sein Lächeln erstirbt. »Scheiße. Was zum Teufel ist mit Ihrem Wagen passiert?«
David und ich sehen zu, wie er den Schaden begutachtet. Er geht einmal ganz um das Auto herum. »So etwas habe ich ja noch nie gesehen. Sind Sie in einen Sandsturm geraten? Manchmal können starker Wind und Sand den Lack geradezu von einem Wagen schleifen.«
Ich wünschte, es wäre etwas so Simples gewesen. »Nein. Kein Sandsturm. Können Sie das in Ordnung bringen?«
Das Lächeln kehrt zurück. »Hat David Ihnen das nicht gesagt? Ich kann alles in Ordnung bringen. Der Schaden scheint zum größten Teil kosmetisch zu sein, da kann ich neu lackieren und die Fenster ersetzen. Wird ungefähr eine Woche dauern. Brauchen Sie einen Leihwagen? Ich habe ein feines neunundsechziger Mustang Cabriolet, das können Sie derweil haben.«
»Verdammt«, sagt David. »Ich nehme den Mustang. Anna kann meinen Hummer fahren.«
»Träum weiter. Ich habe deinen Koloss den ganzen Nachmittag lang gefahren.« Ich wende mich Charmer zu. »Ich nehme den Mustang.«
Er geht zur Fahrerkabine seines Abschleppwagens zurück und kommt mit einem Klemmbrett wieder. Ich nenne ihm die benötigten Angaben zu meiner Versicherung, meine Adresse und so weiter, und wir vereinbaren, dass ich morgen früh in seine Werkstatt kommen und den Mustang abholen kann. David erbietet sich, mich hinzufahren, ehe er ins Krankenhaus muss, um Gloria abzuholen.
»Du bist also noch mit ihr zusammen, ja?«, bemerkt Charmer und wirft David einen Seitenblick zu. »Hab gehört, sie hätte sich ein bisschen Ärger eingehandelt.«
David senkt ausweichend den Blick. »Ja. Das kann man so sagen.« Er geht nicht weiter darauf ein, und der charmante Riese macht seinem Namen alle Ehre und bohrt nicht nach. Seine Mama wäre sicher stolz auf ihn.
Ich hole meine Handtasche und Glorias Sachen aus dem Kofferraum. Dann löse ich den Autoschlüssel von meinem Schlüsselbund, und David und ich treten zurück, damit Charmer den Abschleppwagen in Position bringen kann. Er startet den Jaguar. Ich merke erst, dass ich den Atem angehalten habe, als er den Wagen die Rampe hochfährt. Der Motor klingt gut, immerhin etwas. Charmer sichert den Wagen, und zehn Minuten später macht er sich auf den Weg.
»Netter Kerl.«
David nickt. »Der Beste. Es ist noch früh. Wollen wir etwas essen gehen?«
Meine automatische Reaktion auf menschliche Essenangebote
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