Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen
muss. Obendrein trinkt sie nicht und ist Vegetarierin. Könnte es noch schlimmer kommen?
Ich kann meine Wut kaum mehr beherrschen. »Aber wie ist das möglich? Ist diese… Vermischung dauerhaft? Weiß Belinda, was Sie getan haben?«
Ich sehe Sophie fest ins Gesicht. »Nein. Das kann sie nicht wissen. Denn sonst hätte sie Vampire verbrannt, statt sie auszubluten, oder?«
Sophie nickt, doch Deveraux antwortet mir. Wir hielten es für das Klügste, niemandem davon zu erzählen, was Sophie und mir passiert ist. Sophie wusste, dass ihre Schwester eine dunkle Seite hat.
»Eine dunkle Seite? So bezeichnen Sie also die Tatsache, dass sie junge Mädchen verwandelt und gequält hat, um an ihr Blut zu kommen? Wessen Idee war das?«
»Jonathans«, sagt Sophie. Dann fügt sie hastig hinzu: »Natürlich nicht, dass die Mädchen gequält werden. Aber Jonathan war klar, dass man mit der Asche die gesamte Essenz eines Vampirs aufnimmt. Er dachte, wenn wir nur Blut benutzen, könnten wir rein körperliche Wirkungen erzielen. Es ist ja das Blut, das Vampire unsterblich macht, den Alterungsprozess aufhält und körperliche Perfektion erzeugt.«
Und es hat funktioniert.
Ich schlage mit der Faust gegen die Rückenlehne von Sophies Sitz. Halt die Klappe, verdammt noch mal. Weil es so schön »funktioniert«, hat Belinda ein wahres Schlachthaus aufgebaut.
So war das doch nicht gedacht, jammert Deveraux. Unsere Vorstellung war eine Blutbank, die Vampire für ihre Blutspenden bezahlt. Aber es gab ein Problem, weil die Wirkung nicht dauerhaft war und die Nebenwirkungen…
Ich weiß über die Nebenwirkungen Bescheid. In San Diego haben wir deswegen drei Tote. Ich glaube, Belinda ermordet ihre Versuchspersonen, um ihre Spuren zu verwischen. Ich halte inne und schlucke meine Wut hinunter.
»Also, machen wir weiter – warum haben Sie den Namen Deveraux angenommen? Wie haben Sie Belinda das erklärt, wenn sie nicht wusste, dass Sie…« Ich suche nach dem passenden Wort. »…dass Sie dieses Ding beherbergen? «
Ding?, fährt Deveraux in schriller Empörung auf.
Halt den Mund. Lass Sophie sprechen.
Sophie scheint nicht alle meine Unterhaltungen mit Deveraux zu verstehen. Ich vermute, dass sie untereinander kommunizieren, doch da sie nicht die Fähigkeit der Vampire zur übernatürlichen, geistigen Kommunikation besitzt, kann Deveraux verhindern, dass sie seine Gespräche mit mir mithört. Ein Stummschalter, den er drücken kann, wann immer es ihm passt. Hat auch sein Gutes. So kann ich Deveraux sagen, dass ich ihn für ein gewaltiges Arschloch halte, ohne fürchten zu müssen, dass ich Sophie beleidigen könnte.
Deveraux schnaubt, doch er drängt Sophie, mir zu antworten. »Deveraux’ Frau war weg.«
»Weg?«
Sophie wendet den Blick ab, Deveraux sagt nichts dazu. Ich nehme an, »weg« bedeutet in diesem Fall nicht, dass sie abgehauen ist oder sich hat scheiden lassen. Ich schüttele den Kopf und bedeute ihr mit einer Geste, weiter zu erzählen.
»Es gab keinen anderen Erben für sein großes Vermögen. Mit Hilfe eines Vampirs, der seit hundert Jahren für ihn arbeitet, haben wir meinen Namen geändert, und ich wurde als Jonathans Nichte eingeführt, die letzte lebende Verwandte. So konnte Jonathan weiterhin den Lebensstil pflegen, an den er gewöhnt war.«
Letzteres sagt sie mit einem Anflug von Sarkasmus. Sie entlockt mir damit ein Lächeln und Jonathan ein Brummen. »Belinda hat sich nicht über Ihren neu erworbenen Reichtum gewundert?«
»Belinda war es egal, woher er kam. Sie hat nur eifrig überlegt, wie sie etwas davon abbekommen konnte.«
»Ist sie auf diese Weise in die Sache mit der Creme eingestiegen?«
Als Sophie mich ansieht, stehen Traurigkeit und Reue in ihrem Blick. »Jonathan und ich sind auf die Idee für die Creme gekommen. Ich habe Belinda davon erzählt. Ich dachte, das sei etwas, was wir zusammen machen könnten. Sie fand die Idee natürlich aufregend. Vor allem, weil sie ja sehen konnte, wie sie bei mir ›gewirkt‹ hatte. Sie wollte sie unbedingt ausprobieren. Wir haben sie hier in Denver getestet. Nur ein kleines bisschen Vampirblut erbrachte bemerkenswerte Ergebnisse. Die Testpersonen wollten mehr. Belinda hat die Dosis erhöht, und die Resultate waren noch verblüffender.«
»Und wie sind Sie an das Blut gekommen?«
»Spender«, antwortet sie. »Wir haben Vampire für ihr Blut bezahlt. Wir haben eine kleine Blutbank eingerichtet. Und es hat funktioniert. Die Creme machte Frauen mittleren Alters
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