Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
Vom Netzwerk:
Vampirs verheilen. Es hinterlässt Narben.« Die Erkenntnis trifft mich wie ein greller Blitz. Underwood wollte Lance eine Strafe zufügen, die ihn für immer zeichnen sollte. Solche Narben würden seine ModelKarriere beenden, den Teil von ihm zerstören, der noch mit der menschlichen Gemeinschaft verbunden ist.
    »Warum?«
    Er wendet das Gesicht ab, aber er braucht mir nicht zu antworten. Es ist meinetwegen. Underwood hat das meinetwegen getan. Ich könnte heulen vor Zorn. All das nur, weil ich mich geweigert habe, heute Abend bei Lance zu bleiben? Da muss noch mehr dran sein. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Ich schlucke meine Wut herunter und spare sie mir für später auf, wenn ich meine Rache planen kann. Jetzt muss ich erst einmal Lance unter die Dusche stellen. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, den Schaden abzumildern.
    »Das geht nicht«, erklärt Lance schlicht.
    Ich richte meine Wut nach außen. »Was meinst du damit, das geht nicht? Ich lasse nicht zu, dass er dir das antut. Du darfst das nicht zulassen. Was ist nur los mit dir?«
    Lances Gesichtsausdruck ist resigniert. Er ist bereit, Underwoods Strafe hinzunehmen. Ich nicht. »Du kannst mich nicht daran hindern. Entweder lässt du dir von mir helfen, oder ich tue es ohne deine Unterstützung. Ich bin stärker als du. Das weißt du genau.«
    Trotz der quälenden Schmerzen lächelt Lance. »Es tut mir leid, dass ich dich da mit hineingezogen habe.« Er hat sich schwer auf mich gestützt. Jetzt richtet er sich auf, soweit sein verletzter Rücken es erlaubt. »In Wahrheit müsste ich wohl zugeben, dass ich mehr Angst vor dir habe als vor Julian.«
    Humor. Ein gutes Zeichen. »Freut mich, dass du zur Vernunft gekommen bist.« Meine Stimme ist rauh vor Empörung. Ich lege einen Arm um seine Taille, und wir schleppen uns die Treppe zum Schlafzimmer hinauf.
    Ich schirme meine Gedanken ab. Lance hat schon genug durchgemacht. Ich werde mich um ihn kümmern heute Nacht. Ich mache mir nicht die Mühe, mich auszuziehen. Ich stelle mich mit ihm unter die Dusche und lasse das Wasser über seinen Rücken laufen. Er verzieht das Gesicht und schreit auf.
    Vampire haben bemerkenswerte Selbstheilungskräfte, aber wir sind nicht gegen Schmerzen gefeit. Das Salz macht es noch schlimmer. Ich zittere, weil auch ich sein Leid spüre, aber wenn wir nicht alles Salz aus den Wunden waschen, können sie nicht verheilen. Sanft drücke ich mit den Fingern die Schnittwunden auf, damit das Wasser das Salz auflösen und fortspülen kann. Das Wasser färbt sich blutig rot. Es durchweicht meine Klamotten und spritzt mir ins Gesicht. Ich schmecke Blut, Lances Blut und das von jemand anderem.
    Lance hat heute Abend getrunken. Die Frauen in Underwoods Gefolge stehen mir vor Augen. Sie waren nur zu einem einzigen Zweck da. Es sollte mich nicht wundern, dass Lance sich auch bedient hat. Wir sind Vampire. Es gefällt mir nicht, dass ich einen ungewohnten Stich der Eifersucht spüre, die mir ins Herz fährt. Das ist unsinnig. Wir sind Vampire.
    Ich konzentriere mich auf Lance. Die nun sauberen Wunden beginnen zu heilen. Ich glaube, wir haben die schlimmsten Narben verhindert. Wenn jetzt noch Spuren zurückbleiben, werden sie kaum sichtbar sein. Die frische Infusion menschlichen Blutes hat den entscheidenden Unterschied gemacht. Wir gehören zu den Wiedergängern, zu den wandelnden Toten, die Nahrung und Unsterblichkeit aus dem beziehen, was wir den Lebenden nehmen.
    Ich sollte den Frauen dankbar sein, deren Gabe es Lance ermöglicht, sich so schnell zu heilen. Ja, das sollte ich. Sacht streiche ich mit der Hand über seinen Rücken. Die Schnittwunden haben sich schon geschlossen. Mein eigenes Blut hätte seinen Schmerz gelindert, aber diese Wunderheilung konnte nur menschliches Blut bewirken. Ich sollte dankbar sein, aber die Eifersucht kehrt mit Macht zurück. Er schuldet ihr etwas, dieser menschlichen Frau. Ich schulde ihr etwas. Der Gedanke bohrt sich wie ein Stachel in mein Herz.
    Lance lehnt an der Wand der Duschkabine. Er hat sich mit einer Hand abgestützt und mir mit gesenktem Kopf den Rücken zugewandt. Ich schlinge die Arme um ihn, lausche seinem Herzschlag und spüre, wie die Wolke körperlicher Schmerzen sich von seinem Geist hebt. Doch an ihrer Stelle zieht ein noch dunklerer Schatten herauf. Verzweiflung. Diese Qual ist ebenso real wie die Schmerzen. »Ist schon gut, Lance«, flüstere ich. »Jetzt bist du in Sicherheit.«
    Erst als er zu zittern beginnt, merke ich, dass er

Weitere Kostenlose Bücher