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Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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sich herum.
    Ich lasse sie gewähren. Solange sie Dampf ablässt, kann ich mir überlegen, wie ich mich jetzt aus der Schlinge ziehen soll. Judith Williams’ Name sagt ihr offenbar nichts, was schon mal gut ist. Aber Tracey war Polizistin und hat unter Polizeichef Williams gearbeitet. Es wird nicht lange dauern, bis der Groschen fällt und sie zwei und zwei zusammenzählt. Scheiße. Mir fällt nichts anderes ein, als Tracey zu fesseln und in den Wandschrank zu sperren. Aber drei Tage lang?
    Nicht praktikabel. Traceys Hand liegt immer noch auf meinem Arm. Sie starrt mich an. »Deine Haut ist kalt.« Ihre Augen werden schmal. »In der Mail steht etwas über deine wahre Natur. Was bist du?« Die Frage überrumpelt mich ebenso wie Traceys Reaktion.
    Sie macht einen Satz rückwärts. Ihr Zorn verpufft, in ihren Augen steht keine Wut mehr, sondern nackte Angst. Ich rieche sie an ihr, vermischt mit dem Gestank dieses Parfüms, in dem sie anscheinend badet. Ekelhaft süß. »Was bist du?«, wiederholt sie.
    Ich versuche es mit bedrohlichem Auftreten. »Was glaubst du denn, was ich bin?«
    Ihr Gesichtsausdruck wandelt sich von Grauen zu Verwirrung. »Aber ist David... ?« Ihre Stimme erstirbt, ehe sie die Frage ganz ausgesprochen hat.
    Das könnte genau der Ansatzpunkt sein, den ich brauche. »Ob David so ist wie ich? Nein. Ich bin ein Vampir. Er ist schlimmer.« Dann lache ich. »Ist das dein Ernst? Du hältst das wirklich für echt? Das ist ein Spiel. Wir spielen so etwas Ähnliches wie Dungeons and Dragons. Du solltest nichts davon mitbekommen. Die meisten Leute finden es ziemlich seltsam, wenn Erwachsene Rollenspiele spielen. Aber es ist völlig harmlos. Unsere Art, mal Dampf abzulassen.«
    Sie reibt sich die Hände. »Aber du bist kalt. «
    »Schlechte Durchblutung. Das Problem habe ich schon immer. Ist nicht gerade toll fürs Sexleben. Männer kuscheln nicht so gern mit einem Eiswürfel.«
    Tracey holt tief Luft. »Dann ist diese ganze Sache... «
    »Nur ein Spiel. Es tut mir leid, dass du das missverstanden hast. Wir spielen nur noch ein- oder zweimal im Jahr, aber wenn alles so echt wie möglich ist, macht es erst richtig Spaß. Wir täuschen Entführungen vor, arrangieren ›Unfälle‹. David wird es furchtbar peinlich sein, wenn er erfährt, dass du das herausgefunden hast.«
    Ich beobachte, wie sie verarbeitet, was ich ihr erzählt habe. Die Tatsache, dass sie so spontan und heftig auf die Vorstellung reagiert hat, ich könnte irgendetwas anderes sein als ein Mensch, macht mir Sorgen. Aber wenn ich da jetzt nachhake, könnte ich die Illusion zerstören, dass diese E-Mail nur eine Requisite für unser Spielchen ist.
    Endlich entspannt sie sich. Sie wirkt verlegen und läuft rot an. »Es tut mir leid, dass ich hier hereingeplatzt bin wie eine Irre«, sagt sie. »Aber erst dieser Anruf von Davids Freundin, und dann noch diese E-Mail. Ihr hättet mir wirklich Bescheid sagen sollen, was ihr da macht. Vielleicht kann ich irgendwann auch mal mitspielen?«
    Ich lege ihr eine Hand in den Rücken und steuere sie sanft zur Tür. »Ja, warum nicht? Aber vorerst bleibt das unser Geheimnis, okay?«
    Sie nickt. »Ich halte im Büro die Stellung, bis ihr am Mittwoch zurück seid. Dann will ich alles über euer Abenteuer hören.« Ich lächle, winke ihr nach und lehne mich dann an die geschlossene Tür. Ist das ihr Ernst? Und ich dachte, ich sei leichtgläubig. Tracey hat mir die Geschichte nicht nur abgekauft, sie will nächstes Mal sogar mitspielen. Genau deshalb wollte ich keine neue Partnerin haben.
    Ich spähe durch das vordere Fenster hinaus, um mich zu vergewissern, dass sie weg ist. Dann widme ich meine Aufmerksamkeit der E-Mail. Die Bestätigung, dass ich recht hatte und Judith Williams David tatsächlich festhält, bringt mir keine große Befriedigung. Sie hat bereits zwei Menschen getötet. Sie hat getrunken, aber was, wenn der Hunger sie wieder überkommt?
    Der Brief vermittelt den Eindruck, dass sie und David sich unterhalten. Was glaubt er, warum er entführt wurde? Hat sie ihm wirklich gesagt, dass ich ein Vampir bin? Wie hat er wohl auf diese Neuigkeit reagiert? Sie hat nichts darüber geschrieben, wo sie ihn festhält. Ich glaube immer noch, dass ich auch in diesem Punkt recht habe. Frey und ich werden uns heute wie geplant bei Avery umsehen.
    Frey. Er hat das Buch gefunden? Wie? Das ist ein Detail, das er heute Nachmittag nicht erwähnt hat. Natürlich habe ich auch nicht danach gefragt. Er besitzt eine riesige

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