Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rina Bachmann
Vom Netzwerk:
willst du hin?“
    „Das wollte ich dich fragen. Wo wärest du jetzt am liebsten?“
    „Auf dem Hohen Berg“, sagte Ian, ohne zu zögern.
    „Dann komm, lass uns hier verschwinden.“ Ernst legte den Arm um seine Schulter.
    Im nächsten Moment war das Kaminzimmer leer.
     
    Auf der kahlen Kuppe wallte frischer Nordwind. Der Himmel war dunkel und klar. Die Sterne blitzten zur Begrüßung auf und starrten die beiden neugierig an.
    Ian atmete tief die kühle Luft ein. „Ist das nicht toll?“, rief er. „So viel Raum! So viel Freiheit!“ Er warf die Arme hoch und drehte sich ein paar Mal um die eigene Achse. „Herrlich!“ So blieb er eine Weile stehen, dann ließ die Arme fallen, und sagte fast entschuldigend: „Ich bin einfach so gerne hier. Ich will immer wieder hierher zurück.“
    Ernst schmunzelte in seinen langen Bart. „Kein Wunder.“
    „Wieso?“
    „Nun, das ist wie eine Heimkehr.“ Er setzte sich auf einen großen flachen Stein, der die höchste Stelle kennzeichnete. „Eine Art Familienzusammenführung“, fügte er hinzu.
    Ian sah ihn irritiert an.
    „Dieser Berg, wie alle anliegenden Bergmassive und Hügel hier, das sind, wie soll ich es dir schonend beibringen …“, der alte Magier ließ den Blick in die Ferne schweifen, „das sind die versteinerten Drachen“, sagte er schließlich. „Bei dem Fluch der Grausamen waren sie zu Stein geworden und auf die Erde gefallen. Von dem Moment an waren sie nur noch Felsen. Mit der Zeit wurden sie vom Unterholz und Wald bewachsen, aber an einigen Stellen sind sie offengeblieben. Man kann noch die Drachenschuppen oder Klauen erkennen, wenn man genau hinsieht. Viele sind im Laufe der Zeit zerfallen oder von den Menschen für den Bau ihrer Häuser abgetragen worden. Aber der Hohe Berg hat es bis zu dem heutigen Tag geschafft, zum größten Teil unversehrt zu bleiben.“
    „Diese Gegend, vor allem eben dieser Berg hat mich immer fasziniert“, lächelte Ian. „Ich bin so oft da unten im Tal auf der Wiese gewesen und darauf geguckt. Ich konnte stundenlang so sitzen bleiben, ohne dass es mir langweilig wurde. Manchmal kam es mir vor, dass der Berg mich rief. Es war so eine leise Stimme, so hauchdünn. Sie kam aber immer wieder. Manchmal kam es mir vor, dass er eine Hand nach mir ausstreckte und mich raufziehen wollte.
    „Diese Stimme war aber auch leicht beiseite zu schieben“, bemerkte Ernst, sein Blick bohrte sich in Ians Augen.
    „Ja“, gab er seufzend zu.
    „Gut, das ist einmal gelaufen. Wir müssen uns mit dem heutigen Tag befassen.“ Er erhob sich und stellte sich vor ihm.
    „Was schlägst du vor?“
    „Der alten Legende nach wird der letzte Nachkomme der Drachen aus einer der ältesten Drachenfamilien kommen und einmal über das Schicksal der Anderen Welt entscheiden. Wenn er für seine Bestimmung und sein Volk eintritt, dann hat sie noch mal eine Chance. Wenn er es sich anders überlegt, dann versinkt die Oberwelt in der Unterwelt und es gibt …“
    „Nie wieder einen Ort, wo Träume wahr werden“, brachte Ian den Satz zu Ende.
    Der alte Magier sah ihn anerkennend an. „Ich sehe, du weißt Bescheid.“
    „Die Nervensäge von Anna hat es oft genug gesagt.“ Ein Hauch von Traurigkeit lag in seiner Stimme. „Sie wollte diese alte Prophezeiung auf gar keinen Fall in Erfüllung gehen lassen.“
    „Nun, dann bist du doch recht gut im Bilde.“ Ernst legte den Kopf leicht schief zur Seite und fragte: „Was glaubst du, was wäre das Richtige?“
    „Ich habe da so meine Zweifel.“
    „Welche?“
    „Ich kann es mir, ehrlich gesagt, immer noch nicht wirklich vorstellen, ein Drache zu sein.“
    „Es ist nicht so dramatisch oder kompliziert, wie du vielleicht denkst. Erstens, du musst nicht in einer Höhle schlafen, unschuldige Wesen verschlingen oder ganze Siedlungen in der Menschenwelt verwüsten. Das sind haarsträubende Geschichten, die mit uns nichts zu tun haben“, sagte Ernst. „Zweitens, du kannst deine Drachengestalt immer in die Menschliche umwandeln und umgekehrt.“
    „Wirklich?“
    „Wirklich. Deine Vorfahren sind nicht immer als Drachen herumgelaufen. Sie haben diese Erscheinung eher für besondere Anlässe angenommen. Für die Zeremonien etwa, wenn die Jungen ins Drachendasein eingeweiht wurden, für den Drachentanz oder wenn die Oberwelt Schutz und Abwehr brauchte. Ansonsten waren sie wie du und ich. Sie wohnten in ihren Häusern und gingen einer Vielzahl von bürgerlichen Berufen nach. Jeder beschäftigte sich damit,

Weitere Kostenlose Bücher