Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)
aufnehmen.“
„Alles zu seiner Zeit. Erzähl mir lieber von dem Gegenstand, den du so fest in deiner linken Hand hältst.“
Anna blickte auf ihre Faust, dann sagte leise: „Es ist ein Stein, den Alphira mal meinem Vater gab. Und er schickte ihn zu ihr zurück in der Hoffnung, dass es ihr dann besser geht.“ Sie hob die Hand hoch und öffnete ihre Faust. Ein tiefroter Stein, der an einen edlen Rubin erinnerte, funkelte ihr entgegen. „Er ist so schön! Er strahlt eine wunderbare Wärme aus“, schwärmte sie. „Man kann da rein blicken, aber nicht ganz bis zu dem Kern.“
„Denkst du nicht, es wäre besser, den Stein Alphira zu geben, wie dein Vater es wollte?“
„Ich möchte sicher sein, dass die Grausame ihn nicht einheimst. Sie ist ja wie eine Elster, sie will alles haben, was glänzt“, erwiderte Anna mürrisch.
„Er strahlt Wärme aus, wie du es richtig sagtest. Und diese Wärme wird Alphira guttun.“
„Das mache ich, sobald ich zurück bin“, versprach sie und sah auf die Wand, auf der das letzte Bild noch leicht durchschimmerte. „Warum kommt sie dorthin wie zu sich nach Hause? Was hat sie mit Alphira zu tun?“
„Mehr als du glaubst, fürchte ich“, erwiderte Scharta, ihr Blick schweifte zu den Fackeln.
„Willst du etwas deutlicher werden?“, fragte die Jungmagierin, ihren forschenden Blick auf die Schlange gerichtet.
Diese sah in das bläuliche Feuer und schwieg. Letztlich sagte sie: „Es ist nicht mein Geheimnis. Es wäre besser, dass du dich jetzt um Ian kümmerst.“
„Ich muss wissen, wo er ist. Ich habe versucht, ihn aufzuspüren, aber außer Kopfschmerzen habe ich nichts mitbekommen.“
„Er ist tief unter der Erde. In der ewigen Schwärze. Die Kopfschmerzen sind dort an der Tagesordnung. Besonders am Anfang.“
Anna schnappte nach Luft. „Wo ist er? Doch nicht etwa wieder bei der Grausamen?“
Die Hüterin des Wissens blickte sie mitleidig an. „Diesmal aber viel tiefer, als das Labyrinth der Drachenseelen.“
„Wie?? Geht es noch tiefer?“
„Das Labyrinth der Drachenseelen ist gleich unter ihrem Schloss. Es gibt mindestens noch sechs weitere Ebenen.“
„Ich kann mich noch sehr gut an diese scheußlichen, endlosen Gänge erinnern: Keine Luft, kein Licht, das Gefühl der Ausweglosigkeit scheint einen restlos zu erdrücken“, seufzte Anna. „Ich konnte förmlich spüren, wie ein unsichtbares Monstrum mir die Kräfte aus dem Leib zog.“
Die Schlange schwieg.
„Und wie komme ich dorthin?“, fragte die junge Frau blickte in Richtung Ausgang.
„Willst du unbedingt hin?“
„Ich muss Ian dort wegholen. Ich kann mir vorstellen, dass er dort nicht länger als nötig bleiben will“, sagte sie und lief zu dem hohen runden Durchlass.
„Hauptsache, du kannst es ab.“ Die Schlange sah sie eindringlich an. „Der Druck ist viel höher dort unten, deshalb die Kopfschmerzen“, fügte sie hinzu. „Und es gibt kaum frische Luft, geschweige denn von Licht.“
„Ich muss hin“, warf Anna über die Schulter. Vor dem Ausgang drehte sie sich um. „Ich habe Ian hierher geholt und ich kann ihn dort unten nicht allein lassen. Er ist immer noch ein Fremdling in der Anderen Welt. Und wie es sich anhört, steckt er wieder mal in Schwierigkeiten.“
„Mag sein, dass er sich besser angepasst hat, als du es für möglich hältst. Vielleicht schafft er es auch allein.“
Anna winkte ab. „Bevor ich mit meinen eigenen Augen nicht gesehen habe, dass es ihm gut geht, kann ich nicht ruhig schlafen. Abgesehen davon, dass ich seit Ewigkeit nicht mehr geschlafen habe.“
„Du kannst eine gründliche Behandlung mit dem Drachenfeuer gebrauchen“, bemerkte Scharta.
„Das bekomme ich, wenn die Drachen in der Oberwelt zurück sind“, schmunzelte die Jungmagierin. „Dann haben wir genug davon für alle. Mach‘s gut, Scharta. Danke für alles. Ich muss jetzt wirklich los“, sagte sie und verschwand im Tunnel.
Sie lief zurück und dachte über die Bilder nach, die die Schlange ihr gezeigt hatte. Ihre Fäuste ballten sich. Dass diese Frau einfach so in unser Haus rein spazierte! Und das, um Alphira schneller ins Jenseits zu schaffen! Unglaublich. Sie lief eine Zeit lang recht schnell, um sich abzuregen. Ich muss sofort zu Ian. Zusammen sind wir mehr als jeder einzeln. Vielleicht hat er das gefunden, wonach ich schon lange trachte . Eine schwache Stelle muss die Grausame haben. Und womöglich nicht nur eine.
Als sie oben ankam, eilte sie sofort zu Alphira, legte den Stein
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