Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)
„Das können wir später klären.“ Er wandte sich zum alten Mann. „Da ist noch eine Sache. Kannst du mir eventuell einen Tipp geben, was ich tun soll, um meinen Gögling zu behalten, wenn ich zum Drachen werde? Er ist eine Drachenseele und soll seinen Körper verlieren, wenn es so weit ist, ließ ich mir sagen. Und ich will, dass er seine Gestalt behält.“
Der Gögling bewegte sich plötzlich. Er schälte sich aus seinen Ohren, flog einmal herum, dann stieß seine Krallen Ian in die Schulter und guckte aufgeregt den alten Magier an.
„Das ist zu viel für eine Seele“, schüttelte er den Kopf. „Es kann höchstens so eingerichtet werden: Wenn du die Drachengestalt annimmst, ist er ein Teil von dir. Wenn du aber als Mensch herumläufst, dann kann er in seinen Körper wieder zurück.“
„Das ist doch eine Lösung!“, rief Ian begeistert. „Ich glaube, damit kann ich leben.“
Der Gögling klatschte ein paar Mal mit den Füßen und grinste breit. Seine schmalen Lippen verzogen sich zu einem zufriedenen Grinsen.
„Also ich glaube, er ist einverstanden“, lachte der junge Mann auf. „Du musst mir noch verraten, wie es geht“, bat er.
„Das mache ich“, nickte der alte Herr der Unterwelt. „Aber erst gibt es etwas anderes zu erledigen. Kümmere dich um die Sachen, die jetzt dringlicher sind.“ Er blickte zu Anna.
„Ja, wir müssen“, nickte Ian. Er zog sie hoch. „Bevor du hier bleibst.“
„Das muss ich gar nicht“, erwiderte sie. „Mir geht es interessanterweise schon viel besser. Wie es aussieht, kannst du sehr wohl deine Kraft übertragen.“ Sie drehte sich um und lächelte ihm zu. „Leg schon mal los. Der schwarze Prinz muss erst da sein, bevor ein Diamant auf seine Jacke drauf kommt.“
Ian hielt inne, sah das Bild des Schwarzen Prinzen vor sich, das die Herrscherin der Unterwelt ihm eingeimpft hatte, stellte sich vor, er würde genauso aussehen und verharrte in dieser Haltung. Anschließend errichtete er gedanklich eine dicke Mauer um sich, die nichts von seiner Kraft, der Wärme und den Gedanken nach außen ließ. Als er aufblickte, sah er den alten Herren, der ihn verwundert musterte.
„Du siehst in der Tat eins zu eins wie ein Schwarzer Prinz aus“, sagte er. Anflug von Anerkennung und Ehrfurcht schwang in seiner krächzenden Stimme.
„Hast du schon mal einen gesehen?“ Anna sah ihn neugierig an.
„Ja“, nickte er. „Es gab schon mal so einen. Es ist aber schon länger her.“
„Das musst du mir mal erzählen.“
Der alte Herr der Unterwelt zuckte die Achseln. „Die Zeit ist ein seltsames Ding. Mal dehnt sie sich und alles ist langsam, mal läuft sie zu schnell. Man munkelt, die Zeit sei keine Gerade, sie wäre spiralförmig und die Geschichte wiederholt sich. Jedes Mal auf einer neuen Ebene, mit anderen Akteuren, die ähnliche Rollen im gleichen Stück spielen und dieselben Problemen immer wieder aufs Neue zu lösen versuchen. In dem Fall stimmt es, wie es aussieht. Es gab schon mal so einen Prinzen in der Unterwelt. Und jemanden, der die Andere Welt fast vernichtet hätte.“
„Was sagst du da?“
„Das ist wohl so“, lächelte er. „Ich bin schon ein paar Tage auf dieser Welt. Ich habe einiges gesehen und erlebt.“
„Wir könnten dieses Gespräch mal später weiterführen. Wir müssen jetzt aber los“, sagte Ian.
Anna beäugte ihn kritisch, ihr Mund verzog sich. „Du siehst unmöglich aus. Grauenhaft.“
„Danke fürs Kompliment“, grinste er. „So soll es sein. So wie die Herrscherin sich einen Schwarzen Prinzen vorstellt.“
„Hauptsache, dass nichts von deinem wahren Wesen und von deiner Kraft nach außen zu erkennen ist“, warnte der Magier. „Vergiss es nicht.“
„Ich gebe mir Mühe“, seufzte er und blickte überrascht um sich. „Wo ist Anna?“
Ein mittelgroßer, schwarzer Diamant lag auf dem Stapel, wo sie gerade noch saß.
Ian nahm den Stein in die Hand und lächelte zufrieden: „So bist du sicher.“
„Halte sie fest“, sagte der alte Mann. „So viel Glück muss man erst mal finden.“
„Mache ich“, nickte er. „Und wie komme ich jetzt hier raus?“
„Ich führe dich zum Aufgang auf die nächste höhere Ebene. Da ist eine Art Wache, sie ist oft nicht besetzt. Hier läuft ja normalerweise keiner weg. Da kannst du einfach die Treppe hoch, immer weiter, bis du ganz oben bist.“
„Oben heißt es immer noch, in der Unterwelt, nicht wahr?“
„Nun, von dort aus gibt es mehrere Tunnel. Der eine davon ist der,
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