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Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rina Bachmann
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dunklen Marmor. Einer von den Wächtern sammelte den Kopf auf, der andere den Rumpf und sie verschwanden rasch hinter der Tür. Sie ging wieder auf und ein weiteres Wesen wurde hereingeschleppt und vor den Thron geworfen. Er sah es kaum an und ließ gelangweilt, dennoch pflichtbewusst die gleichen Worte verlauten: „Kopf ab!“ Wieder rollte der Kopf wie ein Ball vor seine Füße. Er verzog die Miene und blickte mit einer Prise Hoffnung zur Tür. Die Stierköpfe räumten ab.
    Ein drittes Opfer wurde hereingeschleppt. Diesmal war es eine ältere Frau. Ihr langes Kleid, das früher mal weiß gewesen sein musste, war mit Flecken des alten, getrockneten Blutes überdeckt. Ihre langen Haare waren offen und verteilten sich wie graue Schlangen auf dem spiegelglatten Boden. Die Wächter verzogen sich zur Tür und stellten sich stramm zu beiden Seiten. Die Frau stützte sich mit den Händen ab, hob den Oberkörper und richtete ihren Blick auf den Thron. Erschöpfung zeichnete ihre klassisch geschnittenen Züge, die Haut schimmerte grau. Sie setzte sich auf die Knie und sah ihn mit einem durchdringenden Blick voller Würde und Gelassenheit an. Jetzt erkannte er sie. Alphira. Er ließ es sich nicht anmerken, setzte eine ausdruckslose Miene auf und schaute schweigend auf sie herab. Seine gut geübte Phrase kam ihm nicht über die Lippen. Die Wächter schauten etwas irritiert, warteten aber geduldig. Dann hob er die rechte Hand. Ein dünner, leuchtender Strahl schoss aus seinem Zeigefinger und bohrte sich in den Kopf der Großmagierin. Das Letzte, was er wahrnahm, war ihr Aufschrei voller Schmerz.
     
    Auf einmal verschwanden die Bilder, alles wurde schwarz. Feuchte Kälte und Stille umgaben ihn. Sein Kopf drehte sich wieder. Nach einer Weile machte er die Augen auf und sah die niedrige Decke mit unzähligen Tropfen Wasser darauf, die jede Sekunde auf ihn herunterzufallen drohten. Er setzte sich auf und atmete erleichtert aus. Es war nur ein Spuk . Alphira lebt. Sie ist in Sicherheit, in ihrem Haus. Ich habe nur schlecht geträumt.
    Er stand langsam auf. Die eingeschlagene Hand brannte. Die Übelkeit kam hoch. Er schleppte sich in die hinterste Ecke der Kammer und beugte sich vor. Bittere Galle schoss aus seinem Magen und sammelte sich zu einer gelblichen, streng riechenden Lache auf den dreckigen Steinen. Obwohl im Magen längst nichts mehr da war, konnte er nicht aufhören zu würgen. Diesmal komme ich nicht so leicht davon, da kommt gleich alles raus.
    Nach einer Weile ließ es ihn dennoch los. Pulsierende Kopfschmerzen drohten seinen Kopf von innen aufzubrechen. Ian kroch von der Stelle weg, legte sich vor die eiserne Tür, an die Stelle, an der Durchzug am deutlichsten zu spüren war und schloss die Augen. Etwas Luft. Und Ruhe, einfach Ruhe.
     
    Anna eilte durch den Tunnel. Sie kannte den Weg mittlerweile so gut, dass sie auch mit geschlossenen Augen die Kammer mit dem bläulichen Licht finden würde. Bald war es so weit. Sie schaute durch den runden Durchlass und sah die Schlange, die, den Kopf zwischen die Ringe gesteckt, zusammengerollt vor der Wand mit den Fackeln lag. Das bläuliche Feuer flackerte leicht und warf blasse, kaum sichtbare Schatten. Als die Jungmagierin in der Kammer stand, hob die Schlange den Kopf und blickte sie aufmerksam an. „Probleme?“
    Sie nickte, schritt zu ihr und umarmte ihren dicken Hals. Heiße Tränen kullerten ihr plötzlich die Wangen hinunter.
    Scharta streichelte ihr leicht über die Haare mit der Spitze ihres langen Körpers: „Sch-sch. Alles wird gut, alles wird bestens, noch besser als du es dir vorstellen kannst.“
    Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Ich wäre mir da nicht so sicher. Momentan läuft alles schief.“
    „Was ist passiert?“
    „Ian ist weg“, schluchzte sie wieder. „Einfach so. Ich habe ihn eingeschlossen, in meinem Schlafzimmer. Sicherheitshalber. Er ist aber trotzdem in der Nacht weg.“
    „Kein Grund zu Panik“, flüsterte Scharta sanft und legte einige ihrer dicken Ringe um sie.
    Anna wurde langsam warm. Sie fühlte sich beschützt. Ihre Tränen versiegten.
    „Du bist einfach müde“, stellte die Schlange fest.
    „Ich konnte heute wieder nicht schlafen“, gab Anna zu. „Aber ich habe nichts Verdächtiges gehört. Es war ruhig im Haus. Wie soll er da weggekommen sein?“
    „Du warst abends wieder bei Alphira, nicht wahr?“
    „Ja“, nickte die Jungmagierin und wischte ihre Wangen mit dem Handrücken trocken. „Sie sieht

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