Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)
„Sie hätte mit uns im Labyrinth alles tun können. Wir waren ihr völlig ausgeliefert. Und überhaupt, schon allein, dass sie uns dorthin geschickt hatte und ich nichts dagegen richten konnte, das ist unverzeihlich! Das hätte gar nicht passieren dürfen.“
„Es war gut, dass wir dort waren“, sagte er bestimmt, seine Augen blitzten auf. „Erstens, hat uns die Schar der Seelen gar nicht bemerkt. Und zweitens. haben wir den Freund dort gefunden.“ Er blickte fröhlich auf die Wolke auf seiner Schulter. „Er hat uns schnell zum richtigen Ausgang geführt. So sind wir unversehrt zurückgekehrt. Alles ist wunderbar. Also hör auf zu grübeln. Iss lieber etwas.“
Anna zog eine traurige Miene. „Ich werde mir nie verzeihen, dass ich zusammengebrochen bin.“
„Es ist doch absolut normal“, erwiderte er lächelnd. „Du hast einfach viel Kraft aufgebraucht. Und irgendwann wurde sie alle. Es ist doch logisch“, fügte er hinzu, beugte sich zu ihr vor und nahm sich einen achtzackigen Stern mit einer Füllung aus Himbeerkonfitüre.
„So etwas darf einfach nicht passieren“, seufzte sie und starrte auf ihren Tee, der nicht mehr dampfte. Sie fühlte mit dem Handrücken an der Tasse. Lauwarm.
„Das war eine Verkettung unvorhersehbarer Umstände. Klar, dass einem nach so einem Programm mal die Puste ausgeht. Du hast sonst bestimmt nicht so oft all diese Dinge an einem einzigen Tag durchgemacht.“
„Nein. Noch nie“, gab Anna zu. „Ich habe die Grausame noch nie getroffen.“
„Na siehst du, dann ist es klar, dass man nicht so perfekt die Kräfte aufteilen kann. Allein ihre Anwesenheit zieht einem die Lebensenergie aus dem Leib.“
„Hast du es auch so empfunden?“ Sie atmete erleichtert aus. „Nach ihrem Auftritt, als sie uns in das Labyrinth gesteckt hatte, wurde ich so schwach, dass ich mich kaum noch durch all den Schlamm schleppen konnte. Ich war plötzlich alle.“ Sie nahm einen Schluck aus ihrer Tasse und fuhr fort: „Sie nutzt bestimmt Schwarze Magie. Sonst kann ich es mir nicht erklären, warum ich so, dir nichts mir nichts einfach weggetreten bin.“ Sie nahm einen weiteren Schluck. „Ja, das war bestimmt das. Oma hat mich so etwas nie gelehrt. Wir haben auch nie unser Wissen dazu verwendet, jemanden auszunutzen oder ihm die Lebenskraft zu rauben. Und wie man sich dagegen wehrt, davon hat sie mir auch nie erzählt.“ Anna stellte ihre Tasse auf das Tablett. „Ich bin fix und alle“, seufzte sie und ließ sich auf die Lehne zurückfallen.
„So. Und damit das nicht länger der Fall ist, musst du schön was essen. Dann geht es dir sofort besser. Ich mache uns frischen Tee.“ Ian kam nach einigen Minuten aus der Küche mit einer vollen Kanne und einer sauberen Tasse für Anna zurück, goss ihr die dämpfende, würzig riechende Flüssigkeit in die flache Tasse, stellte sie auf ihrem Tablett ab und sagte: „Jetzt zu dem angenehmeren Teil. Essen. Das tut dir gut.“
Die junge Frau nahm einen Schluck und nickte zufrieden: „Schön ist dein Tee. Einfach herrlich.“ Dann schaute sie auf den großen Teller. „Und die Kekse? Wo hast du sie her? Wir hatten keine im Haus.“ Sie musterte ihn eine Weile, dann fragte überrascht: „Hast du sie etwa selbst gebacken?“
Er senkte den Blick zu Boden und nickte.
Anna wählte einen zur Hälfte in Schokolade getauchten Tannenbaum. „Du musst dich für deine Kekse nicht schämen“, verkündete sie schließlich. „Sie schmecken ganz ausgezeichnet.“
Er lächelte verlegen. „Naja, es geht ja nicht um den Geschmack.“
„Bei den Keksen?“ Sie sah ihn an, als ob er verrückt geworden wäre. „Worum geht es denn dann?“ Und sie biss in eine Mondsichel mit einem weißen, nach Zitrone schmeckenden Zuckerguss.
„Männer backen normalerweise keine Kekse“, sagte er leise.
„Gar nicht wahr!“, protestierte sie. „Das tun sie sehr wohl! Männer backen offensichtlich ganz tolle Kekse! Solche Dinger wecken die Lebensgeister! Und das hier“, sie nahm noch einen vom Teller, „ist ein unwiderlegbarer Beweis dafür.“ Sie schloss die Augen, kaute genüsslich, seufzte zufrieden und schluckte den letzten Bissen herunter. Dann sah sie ihn verdutzt an und fragte: „Wer hat dir denn so einen Unsinn erzählt?“
Er schaute zu den dunklen Fenstern, die Stimme klang hart. „Die gute Barbara.“
„Vergiss es. Deine Kekse sind die besten, die ich jemals gegessen habe. Du hast eindeutig Talent dafür. Sie sind absolut himmlisch, ohne wenn und
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