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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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verliebt.“
    „Mann, Alter. Bist Du auf Koks?“
    „Craig, ich mein es ernst.“
    „Ach Du Schande. Das Leben ist zu kurz, mein Freund, als dass man es ernst nehmen sollte. Aber erzähl schon.“
    „Sie ist siebzehn und …“
    „Verdammte Scheiße.“ Craig amüsierte sich. "Du alter Kinderschänder!“
    „… und sie ist meine Schwester.“
    „Wow. Na, das ist ja jetzt mal echt pervers. Du hast es mit Deiner siebzehnjährigen Schwester gemacht? Ist ja abartig. Und obendrein doch wohl strafbar? Los erzähl schon: Wie sieht sie aus und wie kommst Du zu einer Schwester?“
    „Wir haben es nicht ‚gemacht’. Ich habe mich in Sie verliebt. Und sie hat sich in mich verliebt. Deswegen bin ich zurück nach Boston. Eine Beziehung mit ihrem Bruder. Das kann ich ihr nicht antun. Sie hat was Besseres verdient. Das Beste. Aber sie fehlt mir so. Ich habe sie seit fast einer Woche nicht gesehen und ich weiß nicht mehr weiter.“
    „Mann, die muss ich mir echt mal ankucken. Aber nun mal Spaß beiseite, Ethan: Komm mal wieder auf den Boden. Sie ist nur irgendein Mädchen. Gut, sie mag einen tollen Arsch und straffe Riesentitten haben, aber das haben viele. Ist es Dir das wert, Deine gesamte Zukunft aufs Spiel zu setzen? Deine Hormone haben Dir wohl den Verstand vernebelt. Ich sage das nur ungern. Du weißt, ich bin der Letzte, der was dagegen hat, wenn Mann mit dem denkt, was er in der Hose hat. Aber warum sich auf eine festlegen und sich verrückt machen? Noch dazu, wenn sie auch noch Deine Schwester ist. Nach einer Zeit bist Du sie sowieso leid. Ist doch immer so. Erst hast Du die rosa Brille auf, nach ‘ner Zeit siehst Du klarer, irgendwann fängt sie an, Ansprüche an Dich zu stellen, und Dich zu nerven. Ist jedenfalls meine Erfahrung. Warum also ein Fass aufmachen?
    Genieße das Leben, mein Freund! Genieße die Freuden, die es bietet! Genieße sie in vollen Zügen. Wenn Du Dich nicht zu dämlich anstellst, hängen die Weiber Dein ganzes Leben wie Kletten an Dir. Sieh Dir meinen Onkel an. Sein gegenwärtiges Spielzeug stammt aus Brasilien. Ein richtig feuriges Luder. Sie ist neunzehn. Er an die siebzig. Hält ihn jung, sagt er. Seiner Frau spendiert er einen von diesen langhaarigen Kunststudenten. So läuft das mit der Liebe.
    Daher mein Rat: Genieß die Liebe! Aber nimm sie nicht zu ernst. Diejenigen, die das tun, verzweifeln nur.“
    Nach unserem Telefonat schenkte ich mir einen weiteren Whiskey ein.
    Als die Flasche zu einem Drittel leer war, rutschte ich vom LeCorbusier-Sofa und sackte auf dem antiken chinesischen Teppich zusammen.

45.      Kapitel

 
 
    Am Freitagmorgen war ich überzeugt, es gehe mich nicht mehr und ich müsse mir den Tag freinehmen. Mein Schädel fühlte sich an wie eine überreife Melone, die darauf wartet, aufzuplatzen, meine Augen waren blutunterlaufen und die Pille gegen Übelkeit schlug nur ganz allmählich an. Nie wieder Whiskey. Und doch wusste ich, ich würde wieder zu einer Droge greifen, wenn es mir nicht gelang, meinen Kummer zu überwinden.
    Als ich aus dem Highstone trat und die paar Schritte zu der wartenden Limousine ging, die Hawthorne geschickt hatte, fegte mir der Wind die Titelseite einer Tageszeitung ins Gesicht, sodass ich kurzfristig innehalten musste, um nicht zu straucheln.
    Ach ja: Bonnie.
    Ein Sturm zog auf. Ein Menschenfresser. Der Hurrikan Bonnie, der vor einer Woche auf den karibischen Inseln gewütet und mindestens sechsundzwanzig Todesopfer gefordert hatte, reiste in einem Bogen nach Norden und sorgte rund um die Cape Cod Bay für Beunruhigung. Entfernte Ausläufer des Unwetters wehten mir feinen Sprühregen um die Nase, als ich in den Wagen stieg.
    Unwetter. Wen interessierte das Wetter? Ich hatte andere Sorgen. Die Zeitungen hatten einfach nichts Vernünftiges zu berichten. Panikmache. Auflagensteigerung. Ich studierte den Artikel und fand mein Vorurteil bestätigt. Die typischen Unheilspropheten sagten eine Schneise der Zerstörung mit zahlreichen Todesopfern und Millionenschäden voraus, doch namhafte Meteorologen teilten diese Ansicht nicht. Sie gingen davon aus, dass sich das Zentrum des Sturmsystems heute am späten Nachmittag über Nantucket hinweg in Richtung Maine bewegen würde. Bonnie hatte einen Gesamtdurchmesser von vierhundert Meilen. Ihre Eyewall, der Bereich um das Auge des Sturms, in dem die höchsten Windgeschwindigkeiten und stärksten Gewitter auftraten, maß etwa fünfzig Meilen im Durchmesser und würde die Küste von

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