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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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passiert sein?
    Vieles war denkbar. Sie konnte bei Freunden sein, die ich nicht kannte oder in der Stadt unterwegs. Aber Cathy und die anderen hatten keine Idee gehabt, wo sie stecken könnte und für einen Stadtbummel war es ein denkbar ungeeigneter Tag.
    Wenn ihr nun etwas zugestoßen war?
    Wenn der Glatzkopf zurück war?
    Aber das konnte nicht sein. Die Beweislage war eindeutig und der Richter hatte ein Auge auf den Fall.
    So oder so, ich hielt es nicht mehr aus, im Büro zu sitzen und nichts zu tun. Ich musste nach South Port und selbst nach ihr sehen. Wenn ich sie sicher und wohlbehalten beim Reverend abgeliefert hatte, würde ich zurück ins Büro fahren.
    Wie leicht es uns manchmal fällt, eine Ausrede für ein Verhalten zu finden, von dem wir wissen, dass es falsch ist. Die Wahrheit war schlicht und einfach die: Ich hielt es nicht mehr aus, Annabell nicht zu sehen, von ihr getrennt zu sein. Ich war bereit, eine Stunde lang in das schlimmste Unwetter hinein zu fahren, um sie für nur fünf Minuten zu sehen.
    Ich verabschiedete mich von Harriet und Margery, die sich zwischenzeitlich wieder beruhigt hatte, und machte mich mit quietschenden Reifen auf den Weg.
    Meine Fahrt den Pilgrim’s Highway entlang führte mich in Bonnies Arme, die diese weit vor sich her ausgestreckt hatte. Drohende Wolken, deren Düsternis sich mit jeder Meile des Weges, die ich zurücklegte, um eine Nuance zu verdunkeln schien, wölbten sich über mir. Der Regen prasselte aggressiv auf mein Stoffverdeck hernieder und der Wind zerrte daran, als wolle er es abreißen. Ab und an stieß er mit einer Böe nach mir und ich musste das Lenkrad fest greifen, um nicht von der regenglatten Spur abzukommen und auf eine andere Fahrbahn zu geraten.
    Unablässig taten die Scheibenwischer ihren Dienst. Die eingeschränkte Sicht veranlasste mich nicht, das Tempo zu drosseln. Wozu hatte ich einen Sportwagen, wenn ich nicht gedachte, ihn zu benutzen? Ich achtete weder auf die Geschwindigkeitsbeschränkung noch auf die Befindlichkeiten anderer Verkehrsteilnehmer, wenn ich sie je nach Notwendigkeit links oder rechts überholte. Die Zeit, mir mit Lichthupe oder Blinker den Weg zu bahnen, nahm ich mir nicht. Meine Gedanken waren in South Port und selbst mein Porsche war nicht schnell genug, sie einzuholen.
    Kurz vor meiner Abfahrt in Kingston griff der Tod nach mir.
    Ein silberner Pickup wurde auf seiner linken Seite von einer Böe erfasst, lenkte dagegen und geriet dabei ins Schleudern. Ein roter Asiate hinter ihm wich auf die linke Spur aus, auf der ich soeben einen weißen Kombi überholte. Ich zog auf den linken Seitenstreifen hinüber, die Reifen verloren die Bodenhaftung und ich rutschte auf den Grünstreifen, der die Fahrbahn der beiden Richtungen des Highways voneinander trennte. Die Reifen gruben sich in feuchte Erde, glitten dann darüber hinweg und fanden schließlich doch einen Halt. Ich lenkte den Wagen wieder auf den Seitenstreifen, dann auf die linke Fahrbahn und rauschte Millimeter an dem Asiaten vorbei. Bevor dieser seinen Bremsvorgang abschließen konnte, kollidierte er mit dem Pickup und die beiden Fahrzeuge schleuderten hinter mir über den Grünstreifen in die Leitplanke der Gegenrichtung.
    Das alles geschah in Sekunden. Ich sah das Ergebnis des Unfalls nur im Rückspiegel. Als ich den ersten Schrecken dieses Vorfalls überwunden hatte, war ich bereits eine halbe Meile entfernt und nahm die Abfahrt auf die Landstraße. Über das Mobiltelefon verständigte ich die Notrufzentrale, während ich meinen Weg unbeirrbar fortsetzte. Um diese Opfer des Hurrikans sollten sich andere kümmern.

49.      Kapitel

 
 
    Es goss weiterhin in Strömen, als ich von der Bay Road in der Bonham Lane abbog. Die Scheibenwischer kämpften gegen die Wassermassen an und waren doch machtlos. Das war kein üblicher Regen mehr. Wahre Sturzbäche rauschten zur Erde. Der Wind peitschte das Wasser vor sich her. Er schien aus keiner bestimmten Richtung zu kommen, sondern klatschte nun von hier, nun von dort gegen die Fahrgastzelle. Durch meine Frontscheibe sah ich kaum mehr als ein verschwommenes Bild der Straße. Im Schritttempo steuerte ich ungeduldig durch die Fluten, bis ich auf die Auffahrt bog und den Wagen vor dem Haus zum Stehen brachte.
    Mit Gewalt musste ich die Tür aufstoßen, denn der Sturm presste sie in den Rahmen. Ich sprang aus dem Wagen, mein Anzug saugte sich mit Wasser voll und ich spürte, wie sich die kalte Nässe durch Hemd und Unterwäsche

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