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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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Dich getroffen habe, habe ich nie über all das nachgedacht. Ich habe mein Leben gelebt und ich war gut darin. Ich hatte feste Ziele und habe sie konsequent verfolgt. Doch dann kamst Du und mit Dir ein anderes Leben, ein gutes Leben und ein Gefühl, ein Gefühl, das altvertraut scheint und doch einzigartig neu ist, ein Gefühl, das so überirdisch schön ist. Und dieses Gefühl fehlt mir, wenn Du nicht bei mir bist, Annabell. Es fehlt mir so unendlich. Ich bin heute hierher gekommen, weil ich mir Sorgen um Dich gemacht habe, weil ich Dich vor dem Sturm beschützen wollte. Doch gleichzeitig wollte ich es wieder spüren. Ich will es immer spüren und das, obwohl ich nicht weiß, wo es mich hinführt. Ich habe die Orientierung verloren. Vielleicht kannst nur Du mir helfen, sie wieder zu finden.“
    Annabell hatte mich mit großen Augen angesehen und jedes meiner Worte aufmerksam verfolgt. Nun nahm sie meine Hand.
    „Als Du mich am Strand zurückgelassen hast“, begann sie, „habe ich da gelegen und geweint. Ich konnte nicht anders. Die Tränen stiegen hoch und wollten nicht aufhören. Wie konntest Du gehen? Ich konnte es nicht fassen. Nach allem, was wir uns gesagt hatten. Ich war mir sicher, dass Du es ehrlich mit mir meinst. Als es dämmerte, bin ich zum Haus zurückgegangen. Gegen jede Vernunft habe ich gehofft, Du wärest noch da. Aber so war es nicht. Das Haus war leer. Ich war allein. Ich habe gebetet, Gott möge Dich zurückschicken. Jeden Tag habe ich gewartet, habe gehofft, Du würdest Dich melden oder zurückkommen, es Dir noch einmal anders überlegen. Jeden Tag habe ich auf unserer Bank gesessen und einfach nur auf das Meer hinaus gestarrt und gewartet. Doch Du kamst nicht. Statt Deiner kamen der Regen und der Sturm. Ich weiß nicht, warum ich nicht zurück zum Haus gegangen bin. Ich konnte mich einfach nicht aufraffen, irgendetwas zu tun. Also habe ich nur da gesessen. Irgendwie habe ich gewusst, dass Du kommen würdest, wenn ich Dich brauche. Doch als Du gekommen bist, habe ich Dich für eine Einbildung gehalten, ein Produkt meiner Fantasie.“
    „Annabell“, ich sah ihr tief in die Augen, „ich bin da. Ich bin real und ich liebe Dich. Ich liebe Dich mehr, als ich jemals einen Menschen geliebt habe. Und ich bleibe bei Dir, was immer auch kommt.“
    „Ich liebe Dich , Ethan, und was immer auch kommt, ich möchte, dass wir beide zusammen sind.“
    Langsam, fast andächtig, näherten sich unsere Gesichter. Wir schlossen die Augen. Unsere Lippen fanden einander und wurden eins. Meine Wangen wurden feucht, doch es waren nicht Annabells Tränen, die sie benetzten, es waren meine eigenen. So überwältigend war die Erfahrung dieser Wahrheit.
    Lange ließen wir so unseren Lippen freie Bahn, das zu tun, worauf sie schon so lange gewartet hatten. Schließlich nahm Annabell meine Hand und führte sie unter ihren Bademantel. Ich spürte ihre nackte, samtweiche Haut, die Rundung ihrer …
    „Annabell, Stop!“
    Abrupt zog ich die Hand zurück und löste mich aus ihrer Umarmung und der Ekstase, die die Berührung ihres Körpers in mir auslöste.
    „Das dürfen wir nicht. Es geht nicht. Wir müssen aufhören. Wenn wir hier nicht aufhören, gibt es kein Zurück mehr. Ich würde es nicht schaffen, mich weiter zu beherrschen.“
    Und so war es auch, da war ich mir sicher.
    „Ich könnte mich auch nicht beherrschen“, gestand Annabell und sah mich auffordernd an. „Ich liebe Dich und ich möchte, dass wir zusammen sind. In jeder Hinsicht zusammen.“.
    Sie wollte mich erneut an sich ziehen.
    „Annabell, es geht nicht. Gerade weil ich Dich liebe, geht es nicht.“
    Ich schob sie zurück. Sie sah mich mit ihren großen unschuldigen Augen an. Unverständnis stand darin, Angst vor Zurückweisung.
    Ich konnte einem Zugeständnis nicht widerstehen.
    „Zumindest nicht heute. Wir brauchen Zeit, die Sache zu durchdenken. Du brauchst Zeit.“
    „Aber die hatte ich.“
    „Hattest Du sie wirklich? Hast Du alle Gründe abgewogen, die dafür und dagegen sprechen? Wir sind und bleiben Bruder und Schwester. Wenn wir diese Grenze überschreiten wollen, darf das nicht allein aus Leidenschaft geschehen. Wir dürfen uns nicht von unserem Verlangen überwältigen lassen. Wenn es dazu kommt, … falls es jemals dazu kommt, müssen wir diese Entscheidung ganz bewusst treffen. Herz und Verstand müssen ja sagen.“
    „Aber …“
    „Kein aber. Nicht heute Abend. Falls wir heute miteinander schlafen, so nur unter einer

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