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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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Unannehmlichkeiten bereiten. Ich versuche, es bis Morgen einzurichten.“
    Ich verabschiedete mich von Mr. Stewart, ignorierte Pauls schadenfrohes Lächeln und nahm den Aufzug zu meiner Etage.
    Ein Tag! Das würde schwierig werden. Wo sollte ich mit den Möbeln hin? Ich würde sie irgendwo einlagern müssen. In South Port war kein Platz für sie.
    In der Wohnung hatte sich ein dicker Stapel Post angesammelt, den ich nach und nach durchforstete. Haufenweise Werbung. Spendenaufrufe. Kurz: Müll. Ein Umschlag mit dem Porsche-Logo erweckte meine Aufmerksamkeit. Ich riss ihn auf uns las:
    „Sehr geehrter … wir bedauern … mit der Zahlung im Rückstand … kündigen wir im Namen der … Sonderkündigungsrecht gemäß § 13 Abs. 3 des Vertrages vom …“
    Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Die wollten, dass ich meinen Wagen zu ihnen zurückbrachte. Bis gestern. Aber die August-Rate hätte doch von meinem Konto abgebucht werden müssen.
    Ich loggte mich auf der Website meiner Bank ein, um mir die Kontobewegungen anzusehen. Tatsächlich. Die August-Rate für den Porsche war nicht eingelöst worden. Ebenso die Raten für die Möbel und die Unterhaltungselektronik.
    Hawthorne. Sie hatten das August-Gehalt vollständig einbehalten.
    Ich öffnete die übrigen Umschläge. Ein Umschlag enthielt einen Aufhebungsvertrag mit der Kanzlei. Man gab mir zu verstehen, dass man nur unter der Voraussetzung bereit sei, von einer Klage wegen vorsätzlicher bzw. grob fahrlässiger Schädigung in Ausübung meines Berufs und „der Verfolgung anderer unerfreuliche Vorgänge“ abzusehen, dass ich mich ruhig verhielte und den Vertrag kurzfristig unterzeichnet zurücksandte.
    Die anderen Umschläge enthielten weitere Mahnungen. Zahlungen waren rückständig. Die Bank stellte meine Kredite fällig. Sie habe davon Kenntnis erlangt, dass ich derzeit keiner Beschäftigung nachging, und sehe ihren Rückzahlungsanspruch gefährdet. Hawthorne. Er steckte dahinter. Wie sonst hätte die Bank davon erfahren sollen, dass ich nicht mehr für die Kanzlei arbeitete. Auch die plötzliche Kündigung meines Wagens war sicherlich kein Zufall.
    Die Beziehungen der Kanzlei hatten mir seinerzeit günstige Kredite verschafft. Alles, was ich haben wollte, hatte nur einen Anruf von Hawthornes Sekretariat gekostet. Nun wirkten die guten Beziehungen meines Dienstherrn in die entgegengesetzte Richtung. Hawthorne wollte mich erledigen und er war auf dem besten Wege das zu erreichen. Ich war zahlungsunfähig. Pleite. Ich hatte keinen Arbeitsplatz und keine Sicherheiten. Keine Bank in den Vereinigten Staaten würde mir Geld leihen.
    Außer vielleicht …
    Ich ließ die Post liegen, eilte hinüber zu Samuel’s und bestellte mir einen Cheeseburger. Erstens musste ich auf diesen Schock etwas essen. Zweitens konnte ich dort ausprobieren, ob meine Kreditkarten noch funktionierten. Doch jede der Karten war gesperrt. Man hatte mir den Geldhahn komplett zugedreht. Ich bezahlte das Essen in bar und überlegte, wie es weitergehen konnte. Ich sah auf die Uhr. Es war kurz nach eins und ich …
    Moment: die Uhr. Die Uhr war ein wunderschönes Stück. Ein Kunstwerk der Chronometrie. Sie zeigte mir neben der Zeit auch Datum, Wochentag, Monat, Mondphase und die Gangreserve an. Schon Prinz Albert und Queen Victoria hatten eine Patek Philippe getragen. Es würde mir schwerfallen, mich davon zu trennen, doch ich brauchte die Uhr nicht so dringend wie meinen Wagen. Wenn ich sie verkaufte, konnte ich die August-Rate bezahlen und den Händler möglicherweise überreden, mir den Wagen auch weiterhin zu überlassen. Wenn ich dann einen neuen Job fand …
    Ich schlang den Burger hinunter und machte mich auf den Weg zu Van der Beeck, dem Juwelier, bei dem ich die Uhr gekauft hatte.

69.      Kapitel

 
 
    Die Hauptniederlassung von Van der Beeck & Co. Jewellers, lag auf der Washington Street, nicht weit vom Highstone entfernt. Also ging ich die paar Schritte zu Fuß. Ein kühler Wind wehte mir entgegen und wirbelte die Schöße meines leichten Sakkos durcheinander. Ich fröstelte, als ich vor dem Geschäft ankam.
    Van der Beeck hatte seine Räume in einem schmalen, vierstöckigen Gebäude, das neben den anderen Häusern verhältnismäßig klein und unscheinbar wirkte. Ein Messingschriftzug über den Schaufenstern wies auf den Namen und die Gründung im Jahre 1808 hin. Einem vorbeischlendernden Passanten konnte das Geschäft durchaus ebenso entgehen wie der von außen erkennbare Teil der

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