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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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wissen Sie genau. Oder funktioniert diese Kamera hier ebenfalls nicht?“
    „Es tut mir sehr leid“, antwortete Paul wenig überzeugend, „ich kann Ihnen im Augenblick nicht helfen.“
    Die Verbindung brach ab.
    Ich parkte den Wagen im Halteverbot in der Seitenstraße und machte mich zu Fuß auf den Weg zum Empfang. Paul, diese kleine Wanze, konnte etwas erleben. Wenn er sich weiterhin Frechheiten herausnahm, würde ich mich bei der Hausverwaltung beschweren. Das konnte ihn seine Stelle kosten und das sollte er eigentlich wissen. Es war doch nicht zu fassen, dass … Nein – Stopp – auch das sollte mich heute nicht ärgern. Wusste der Himmel, was mit Paul los war. Vielleicht hatte er einen schlechten Tag. Ich nahm mir vor, darüber hinweg zu sehen.
    Als ich in das Foyer trat, stand Paul hinter dem Tresen des Empfangs – ein klein gewachsener unansehnlicher Mann in meinem Alter, dessen dunkles Haar bereits einer Halbglatze Platz gemacht hatte. Vermutlich verdiente er mein Mitgefühl mehr als meinen Zorn. So wie er aussah, hatte er sicher nicht einmal ein Mädchen wie Sandy, von Annabell ganz zu schweigen, und sein Job war vermutlich ziemlich öde: Den ganzen Tag hier herumzustehen und den Lakaien zu geben – ich selbst hatte ihn zumindest das eine oder andere Mal so behandelt.
    Paul blätterte in irgendwelchen Papieren. Selbst als ich vor ihm stand, sah er nicht auf. Das war doch nicht zu fassen!!! Was bildete diese Kröte sich eigentlich ein???
    „Paul, würden Sie mir bitte auf der Stelle verraten, was mit dem Tor los ist!“, fuhr ich ihn an.
    Er sah gelangweilt hoch, musterte mich hochnäsig und antwortete lediglich: „Mr. Stewart würde Sie gern sprechen. Ich werde ihm ausrichten, dass sie da sind.“
    Das kam mir gerade Recht. Jerome Stewart war der General Manager des Highstone und somit genau der Mann, der Paul in Kürze die Leviten lesen würde. Als ich in sein winziges Büro trat, erhob er sich. Er war ein Farbiger, dessen ergrautes Haar erkennen ließ, dass er nicht mehr der Jüngste war.
    „Mr. Meyers, nehmen sie bitte Platz.“
    „Vielen Dank, Mr. Stewart, aber ich habe nicht viel Zeit. Ich würde gern mit Ihnen über Paul sprechen …“
    „Mr. Meyers, verzeihen Sie mir, wenn ich Ihnen ins Wort falle“, sagte er ernst und er schien das, was er zu sagen hatte, aufrichtig zu bedauern. „Ich habe Sie nicht ohne Grund hergebeten. Es ist mir überaus unangenehm, aber ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Ihr Mietvertrag beendet wurde. Sie müssen das Apartment leider so bald wie möglich räumen.“
    Daher wehte also der Wind. Das war offensichtlich der Anlass für Pauls schlechtes Benehmen. Aber da befand sich wohl jemand im Irrland.
    „Mr. Stewart, bei allem Respekt. Das muss ein schlechter Scherz sein. Wir beide wissen, dass Sie den Mietvertrag unmöglich von heute auf morgen kündigen können. Er ist mir im Augenblick nicht im Detail präsent, aber ich gehe davon aus, dass die Kündigungsfrist ein halbes Jahr beträgt.“
    „Das ist schon richtig, Mr. Meyers. Doch die Lage ist eine andere, wenn die Parteien sich auf eine vorzeitige Beendigung einigen.“
    „Wir haben uns aber nicht geeinigt.“
    „Das mag sein, aber darf ich Sie daran erinnern, wer die Stellung des Mieters innehatte.“
    Natürlich. Wie hatte ich das vergessen können. Ich hatte den Vertrag zwar bestätigt und zahlte jeden Monat die Miete aus eigener Tasche, doch Vertragspartner des Highstone war ausschließlich Westbury Hawthorne & Clarke LLP. Als ich meinen Anstellungsvertrag in der Kanzlei unterzeichnet hatte, hatte der fertige Mietvertrag direkt daneben gelegen. Hawthorne hatte mir damals die Wohnung verschafft und Hawthorne und die Immobiliengesellschaft hatten den Vertrag nun einvernehmlich beendet. Kein Wunder. Die Gesellschaft gehörte zu den Mandanten der Kanzlei.
    Dieser alte Bastard! Ich konnte mich dagegen zur Wehr setzen, doch Hawthorne ging davon aus, dass es gute Gründe für mich gab, die Kanzlei nicht zu verklagen. Im Ergebnis lag er richtig damit. Ich konnte keinen Skandal gebrauchen, der die Aufmerksamkeit auf meine Beziehung zu Annabell lenken würde.
    „Bis wann muss die Wohnung geräumt sein?“
    „Ich bin angewiesen, Ihnen bis Morgen Zeit zu geben.“
    „Einen Tag? Das kann nicht Ihr Ernst sein.“
    „Es tut mir wirklich leid, Mr. Meyers. Ich bin bereit, Ihnen Zeit bis zum Ende der Woche zu geben, aber das muss unter uns bleiben.“
    „Danke, Mr. Stewart, aber ich möchte Ihnen keine

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