Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See
erinnerte.
Meine Jahre an der Phillips Academy hatten mich geprägt und waren ungeachtet dieser kleinen Streiche für mich von unschätzbarem Wert. Ich hatte gelernt, worauf es im Leben ankommt, und ich hatte es geschafft, dazu zu gehören, war einer von denen geworden, die von Geburt an dazu gehören - zumindest taten wir alle so und ließen außer Acht, dass ich mir den arrivierten Lebensstil nur mit Mühe und dem einen oder anderen Darlehen leisten konnte. Doch mit der Partnerschaft bei Westbury Hawthorne & Clarke würde sich dieses Problem bald erledigen.
8. Kapitel
Als wir vor dem Toxic vorfuhren, drängte sich dort, in ihrem von polierten Messingpfosten und dicken roten Tauen gebildeten Gatter, bereits eine Vielzahl von Wartenden in der überwiegend vergeblichen Hoffnung auf Einlass. Der Club war einer der angesagtesten der Stadt und die Türsteher waren anspruchsvoll bei der Auswahl der glücklichen Gäste, die nicht auf der Liste standen. Generell war es von Vorteil jung, gutaussehend, spendierfreudig und weiß zu sein. Das eine oder andere Merkmal konnte natürlich von anderen kompensiert werden.
Wir fünf mussten uns diesem herabwürdigenden Selektionsprozess nicht aussetzen, sondern schritten unter den teils bewundernden, teils neidischen Blicken der weniger Bevorteilten durch die goldglänzenden Türen, ohne jene näher zur Kenntnis zu nehmen.
Dass wir auf der Gästeliste standen, war kein Zufall. Es ergab sich schon allein aus dem Umstand, dass der Betreiber des Toxic die Räumlichkeiten von Craigs Familie gepachtet hatte, aber ich habe keinen Zweifel daran, dass wir es auch so auf die Liste geschafft hätten. Gäste wie uns schätzte man in jedem Laden der Stadt, weil wir den Typus verkörperten, der gefragt war, und an jedem Abend einen großzügigen Geldbetrag in die Kassen der Besitzer wandern ließen.
Das Toxic befand sich im Ballsaal und einer angrenzenden Suite von Räumen eines der Hotels des Gordon Konzerns. Wenn man das Gebäude betrachtete, hatte man den Eindruck, es handle sich um ein Bauwerk des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts. Der riesige Ballsaal, in dem wir unseren Stammplatz hatten, hatte eine über acht Meter hohe, reich ornamentierte Stuckdecke und war mit cremeweiß lackiertem Eichenholz vertäfelt, das in den Kassetten der Wände, den Kannelierungen und korinthischen Kapitellen der Blendpfeiler und Teilen des Deckenfrieses vergoldet worden war. Man konnte sich gut vorstellen, dass hier bereits die Räuberbarone des Gilded Age, des vergoldeten Zeitalters der USA, die Astors, Carnegies, Vanderbilts und wie sie alle hießen, mit ihren Ehefrauen oder Mätressen getanzt hatten, wenn sie in Boston weilten. Und das war auch so beabsichtigt. Tatsächlich war das Hotel in den späten neunzehnhundertsechziger Jahren erbaut und lediglich auf alt getrimmt worden.
Der Ballsaal wurde neben den üblichen Scheinwerfern einer Diskothek von drei riesigen goldenen Lüstern und entsprechenden Wandleuchtern erhellt, die mit italienischem Muranokristall überreich behangen waren und in denen elektrische Birnen den Schein echter Kerzen imitierten. Unser Tisch stand mit einigen anderen auf einem Podest im hinteren Teil des Raumes, von dem aus man einen ausgezeichneten Blick über die Tanzfläche und hinüber zum Pult des DJs und der Bühne hatte, auf der von Zeit zu Zeit bekannte Bands auftraten.
„Einiges los hier“, stellte Zach fest und ließ den Blick über die Menge schweifen.
„Ja, dafür, dass es noch so früh ist“, stimmte Caitlin zu.
„Wenn ihr mich fragt, verliert der Laden langsam an Niveau. Sie lassen inzwischen fast jeden rein“, erwiderte Craig verächtlich. „Ich werde darüber mal mit Sonny sprechen. Schließlich soll er sich die Pacht noch ein paar Jahre leisten können.“
Sonny war der Betreiber des Clubs.
„Was wollt Ihr trinken?“, fragte ich. „Der Abend geht auf mich. Schließlich hab ich was zu feiern.“
Von meinem erfolgreichen Tag hatte ich schon im Wagen berichtet.
„Hört! Hört!“ entgegnete Zach.
„Übernimm Dich mal nicht“, frotzelte Craig. „Wir haben einen guten Geschmack.“
„Ich nehme ein Glas Champagner, wenn ich darf“, sagte Jessica und warf mir einen koketten Blick zu.
„Für mich auch“, schloss sich Caitlin an.
„Dann bestell doch einfach eine Magnum-Flasche für uns alle“, sagte Craig. „Aber vom besten!“
„Natürlich vom besten. Was sonst?“ entgegnete ich.
Es würde in der Tat ein teurer Abend
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