Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See
werden.
Wir genossen die ersten drei Gläser Champagner – einen hervorragenden Rosé -, sprachen über dieses und jenes, beobachteten die Leute auf der Tanzfläche und suchten nach geeigneten Opfern, über die wir im Verborgenen unseren Spott ergießen konnten.
Craig tuschelte gerade mit Zach über eine dunkelhäutige Schönheit auf der Tanzfläche, deren üppiger Busen jeden Moment aus ihrem weißen Oberteil zu fallen drohte. Ich hatte meinen sexuellen Appetit wieder gefunden, lauschte mit einem Ohr den Mädchen bei einem kritischen Vergleich zwischen Gucci- und Prada-Taschen und sah mich nach einer passenden Beute für den angenehmen Teil des Abends um, als ich plötzlich Jessicas linkes Schienbein spürte, das wie zufällig meine rechte Wade streifte. Mein Blick wechselte von der Tanzfläche zu Jessica, die rechts neben mir saß, und ich murmelte reflexartig „Verzeihung“, was sie lediglich mit einem kurzen Lächeln erwiderte, bevor sie sich wieder in das Gespräch mit Caitlin vertiefte.
Ich hatte mich wieder den Tanzenden zugewandt und schwankte zwischen einer süßen Asiatin um die Zwanzig und einer feurigen Rothaarigen, die ungefähr in meinem Alter sein mochte, als ich wiederum Jessicas Bein spürte.
Diesmal schien jeder Zufall ausgeschlossen. Jessica strich langsam und planvoll mit ihrem Unterschenkel an meiner Wade entlang nach unten, bis sich ihr Fuß an den Meinen schmiegte.
Ich war wie elektrisiert. Was war in sie gefahren?
Sie wandte sich wieder kurz zu mir um und dieses Mal warf sie mir ein aufforderndes Lächeln zu, das ich mit einem überraschten und wahrscheinlich nicht sehr geistreichen Gesichtsausdruck erwiderte.
Ich hätte geschworen, dass Craig, der rechts neben Jessica saß, und die anderen ihren Blick und meine Reaktion mitbekommen haben mussten, aber offenbar irrte ich mich, denn die Gespräche gingen unverändert weiter. Jessica war inzwischen aus ihrem Schuh geschlüpft und ließ ihren Fuß über den Meinen und weiter nach oben unter mein Hosenbein wandern. Die Raumtemperatur stieg mit einem Mal merklich an, oder kam es mir nur so vor?
Für den Augenblick blieb ich passiv. Wie sollte ich reagieren? War das Ganze ein Scherz, den Jessica sich mit mir erlaubte? Oder Craig? Wollte Jessica tatsächlich etwas von mir? Gut sie war bisher immer freundlich zu mir gewesen und hatte mich ab und an ins Auge gefasst, aber in Anbetracht dieser „Craig, mein süßer Schatz“-Pest und des ganzen anderen verliebten Getues hatte ich dem keine größere Beachtung geschenkt.
Die nächste Frage war: Wollte ich Jessica?
Die Antwort lautete: unbedingt.
Jessica war schon für sich genommen ein Leckerbissen, aber dass sie Craigs Freundin war, gab dem ganzen eine besondere Würze. Eine Würze, die mir überaus gelegen kam. Eine Würze, die ich in letzter Zeit immer häufiger vergeblich suchte.
Meine amourösen Unternehmungen waren mein bevorzugtes Mittel, um mir die Langeweile zu vertreiben, die sich einstellte, wann immer ich nicht arbeitete – was glücklicherweise ja nun nicht allzu oft vorkam. Doch wie bei jeder Droge, selbst bei solchen von hervorragender Qualität, schien es mit der Zeit notwendig zu werden, entweder die Dosis zu erhöhen oder auf ein stärkeres und wirksameres Mittel umzusteigen. Jessica war definitiv ein stärkeres Mittel. Ich musste sie haben, koste es, was es wolle. Die Asiatin und die Rothaarige waren vergessen.
Nun, da ich mich entschlossen hatte, erwiderte ich ihre Berührung und strich meinerseits mit dem Schienbein ihren Unterschenkel entlang. Diesmal sah sie mich nicht an, sondern lachte in ihrem Gespräch mit Caitlin kurz auf.
Ich suchte nach Worten. Ich musste mich in die Unterhaltung von Craig und Zach einbringen, um auf die Dauer kein Aufsehen zu erregen. Und ich fand sie - irgendwelche. Was es war, über das gesprochen wurde, kann ich nicht mehr sagen, denn meine volle Aufmerksamkeit lag bei Jessica.
Mir stockte der Atem, als sie ihre Sitzposition ein wenig verlagerte und unter der blutroten Brokattischdecke ihre Hand auf meinen Oberschenkel legte, während sie munter weiter mit Caitlin sprach. Was für eine Meisterin der Täuschung!
Langsam und für den äußeren Betrachter unmerklich ließ sie ihre Hand weiter nach oben gleiten. Ich konnte von Glück sagen, dass ich mich nicht mitten in einem Satz befand, sondern Zach zuhörte, als ihre Hand meinen Schritt erreichte, wo sich das Blut schlagartig sammelte.
Wenn das Ganze ein Scherz war, war er ihr oder
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