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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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hundert Jahre alte – freilich in äußerlicher Jugend erstarrte – Vampir und das junge Mädchen. Auch jede Faser in meinem Körper sehnte sich danach, das Mädchen vor mir zu besitzen. Dabei schien es doch weit mehr noch als seine blonde Freundin an Jahren zu gering, um meinem üblichen Geschmack zu gefallen.
    Verwandelte ich mich in eine Art jugendlichen Humbert Humbert, der sich nach seiner Lolita verzehrte? War ich immer schon einer gewesen und hatte es nicht bemerkt? Ich hatte doch nie nach Nymphen Ausschau gehalten.
    Ich war zutiefst verunsichert über diese Anziehung, die mich mit der Gewalt des großen Fischs traf, der den Reisenden in stürmischer See bei lebendigem Leibe verschlingt. Würde ich diese Begegnung überstehen, ohne Schaden zu nehmen?
    „Verzeihung“, fragte das Mädchen schüchtern, „dürfte ich … kurz mal Ihre Speisekarte ausborgen? Die Bedienung hat unsere gerade wieder mitgenommen.“
    Ihre Stimme klang so weich und melodisch wie flüssige Sonnenstrahlen und ebenfalls überaus jung.
    Es verschlug mir kurzzeitig die Sprache und ich hatte Mühe, meine Antwort zu formulieren, mich darauf zu konzentrieren, Worte in logischer Abfolge zu denken und auszusprechen.
    „Ja … natürlich …“, sagte ich nur. „Hier, bitte sehr ...“
    Ich stand auf und reichte ihr die Karte.
    „Danke schön.“
    Sie lächelte mich an und ihre Schönheit wurde noch gegenwärtiger.
    „Gern.“
    Sie ging zurück an ihren Tisch. Ich sah ihr nach.
    Warum ging sie weg? Sie musste doch bei mir bleiben. Ich hatte doch kaum ein paar Worte mit ihr gewechselt und es gab so viel, was ich hätte sagen, was ich sie hätte fragen müssen.
    Nach einem Moment erst wurde mir klar, dass ich immer noch stand. Ich beeilte mich, mich wieder zu setzen und kam mir vor, wie ein unterbelichteter Schuljunge, der das erste Mal mit einem hübschen Mädchen spricht.
    Was um mich herum passierte, nahm ich fortan kaum mehr wahr. Meine Gedanken kreisten nur noch um die kleine Schönheit.
    Was sollte ich tun? Wie sollte ich am besten vorgehen? Meinen Plan zur Eroberung von Sandy mochte ich bei ihr nicht anwenden.   Er erschien mir mit einem Mal plump und aufdringlich. Mein Vertrauen in meine gewohnte Beredsamkeit war erschüttert.
    Die Minuten vergingen. Die Mädchen steckten wieder die Köpfe zusammen.
    Sprachen sie über mich? Was sagten sie? Warum hatten sie meine kleine Schönheit überhaupt an meinen Tisch geschickt?
    Meine Teller waren inzwischen geleert, die der Drei ebenfalls. Ich würde in den nächsten Minuten eine Entscheidung treffen müssen. Wenn ich nicht bald handelte, waren sie weg.
    Ich zögerte. Sandy kam an meinen Tisch und erkundigte sich, ob ich noch einen Wunsch hätte. Ich verneinte und bat um die Rechnung. Sie kassierte und deutete wenig subtil an, dass sie gegen 16.00 Uhr Feierabend habe.
    Wen interessierte das?
    Ich machte Sandy deutlich, dass ich an diesem Nachmittag leider verhindert sei, in den kommenden Tagen jedoch möglicherweise wieder vorbei schauen würde. Sie schrieb mir ihre Nummer auf. "Für alle Fälle", flüsterte sie. Sie wollte es wohl wissen. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass die Blonde uns beobachtete und unser Gespräch kommentierte.
    Kaum war Sandy in das Gebäude verschwunden, wurde mein Zögern bestraft. Meine junge Schönheit erhob sich und verabschiedete sich von ihren Freundinnen. Der Mausblonden steckte sie einen Schein für ihren Teil der Rechnung zu. Sie verließ die Veranda, ging die Treppe hinunter.
    Verdammt!
    Als sie unter mir vorbei ging, sah sie zu mir hoch, lächelte mir zu und die Sonne ging auf in finsterer Nacht. Oh dieses herrliche Lächeln. Sein Strahlen versetzte jede Faser in meinem Körper in Schwingung. Alles in mir jubilierte.
    Aber was hatte das Lächeln zu bedeuten? War es Zufall? War es bloße Freundlichkeit? War es eine Aufforderung? Eine freudige Erregung breitete sich in mir aus. Jetzt hieß es, schnell zu sein.
    Ich hatte mich schon erhoben und war im Begriff meinem kleinen Engel nachzulaufen, als Blondie auf mich zukam, die geborgte Speisekarte wie eine Trophäe in der Hand.
    „Hiii!“, begrüßte sie mich. „Ich wollte noch Danke sagen - für die Karte.“
    „Hallo! Kein Problem“, gab ich zurück.
    Meine Kleine war schon um die Hausecke verschwunden.
    „Ich bin Cathy.“
    „Freut mich. Ethan.“
    War ihr nicht bewusst, dass sie mir die Zeit stahl? Wenn ich meine Nymphe noch erwischen wollte, musste ich mich beeilen.
    „Cooler Name. Echt selten.

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