Annas Erbe
Beamten nicht gefunden. Die Mehrzahl der Vergehen bestand in fehlenden oder abgelaufenen Touristenvisa der Mädchen.
Von organisierter Kriminalität konnte kaum die Rede sein. Gegen zwei der Klubs hatte man so wenig in der Hand, dass nicht einmal die Konzession entzogen werden konnte. Lediglich in der Rufschädigung, die mit der Razzia und dem Medienecho verbunden war, bestand in diesen Fällen der Schlag gegen die Betreiber. Fröhlich rechnete damit, dass sie ihre Geschäfte in eine andere Stadt verlegen würden.
Nicht unerheblich war allerdings der Fall von Menschenraub, den sie entdeckt hatten. Die Lettin war minderjährig. Man hatte ihr in Riga einen Job als Küchenhilfe versprochen, bei der Ankunft im Klub aber die Papiere abgenommen, sie eingesperrt und mit Prügel und Nahrungsentzug zur Prostitution genötigt. Noch war nicht klar, auf welchem Weg sie nach Deutschland geschleppt worden war und wer von den Angestellten des Bordells mitgewirkt oder sich zumindest durch unterlassene Hilfeleistung strafbar gemacht hatte.
Daneben werde wegen Förderung der Prostitution und wegen Steuerhinterziehung ermittelt, erklärte der K2-Chef.
Die meisten der festgenommenen Frauen stammten aus Osteuropa. Doch das war längst nichts Ungewöhnliches mehr. Auch in den anderen Klubs der Stadt arbeiteten Frauen aus Russland, dem Baltikum oder der Ukraine. Für Fröhlich war die aufgebauschte BLITZ -Geschichte dennoch eine gute Presse, ein Imagegewinn für das Präsidium und seine Abteilung. Und er hoffte auf weitere solche Schlagzeilen in den nächsten Tagen.
»Die Befragung der Angestellten der vier Schuppen wird die nächsten ein, zwei Tage Ihre Hauptbeschäftigung sein. Lassen Sie sich nicht von den heißen Russinnen anmachen.« Keiner lachte über Fröhlichs Scherz.
»Was ist mit den Tierpornos aus der ›Oase‹?«, fragte ein Kollege.
»Gute Frage. Sodomie an sich ist nicht strafbar. Wir leben in einem liberalen Land, und der eine oder andere von Ihnen mag das auch ab und zu genießen.« Der Dicke sah grinsend in die Runde. »Wie Sie wissen, ist Pornografie auch nicht strafbar. Aber Herstellung und Vertrieb sodomitischer Pornografie ist und bleibt ein Straftatbestand. Und dem gehen wir natürlich nach. Noch Fragen? Bönte, Bernhard und Thann, ich möchte Sie bitten hierzubleiben. Die anderen kümmern sich um die Festgenommenen. Vielen Dank.«
Allgemeines Stühlerücken. Die Beamten schlurften lustlos hinaus. Aus der Richtung des Zellentrakts war dumpf das Dröhnen eines Presslufthammers zu hören.
Fröhlich stellte Thann die Sittenkollegen vor, die im Raum geblieben waren. Neben den Kommissaren Bönte und Bernhard war das Oberkommissar Tommaso, den Fröhlich als »unseren Pornografen« bezeichnete. Tommaso war klein und dunkelhaarig. Thann hatte ihn schon öfter in der Kantine gesehen.
Tommaso schob eine Kassette in den Rekorder, den Thann erst jetzt bemerkte, und schaltete den Monitor ein.
»Im Altertum war Sodomie übrigens keineswegs verpönt, denken Sie an Leda und ihren Schwan«, belehrte Fröhlich die Anwesenden. »Es gab Theaterstücke, in denen die Schauspielerinnen Nymphen darstellten und ein Ziegenbock den Gott Pan, und dann ging's zur Sache im Amphitheater. Aber wir sind in der Neuzeit, nicht bei den alten Griechen. Machen Sie es sich gemütlich, meine Herren. Versuchen Sie, sich nicht nur auf das zu konzentrieren, was Sie jetzt zu sehen bekommen, sondern auch auf das, was Ihnen Tommaso erläutert.«
Thann kannte das Video. Die Beute aus der Oase. Wahrscheinlich kannte das halbe Präsidium den Film, jedoch keiner so gut wie Tommaso.
Das Band lief: Hausfrau und Klempner. Tommaso kommentierte: »Das Video besteht aus drei Teilen. Die ersten beiden stammen aus einer älteren Produktion und wurden verwendet, um das brisantere Material quasi zu strecken. Nicht sodomitische Szenen, um einen sodomitischen Film auf eine Stunde zu trimmen. Eine übliche Praxis, um das Material teurer verkaufen zu können.«
Fröhlich ergänzte für Thann: »Der Anfang des Videos wurde in der Bar vorgeführt, um die Kundschaft anzuheizen. Das letzte Drittel wurde nur in den Separees gezeigt. Dort wurde das Video an interessierte Kunden auch verkauft. Ein anonymer Hinweis brachte uns auf die ›Oase‹.«
Tommaso fuhr fort: »Sehen Sie nun den Raum, der das Wohnzimmer darstellen soll. Der Film wurde nicht in einem wirklichen Wohnzimmer gedreht, sondern in einem Studio. Die Möbel, der Teppich, der Fernsehapparat, den Sie in
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