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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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viele Bücher, bekannte und unbekannte Schriftsteller aus aller Welt sowie Fachliteratur und Fachzeitschriften aus drei Jahrzehnten. Kein Fotoalbum, keine Tagebücher. Ein Karton hatte Briefe enthalten. Auch ihn hatte der Einbrecher ausgekippt, die Briefe lagen über den Boden verstreut. Thann überflog Schreiben seines Anwalts und zwei Briefe seiner Mutter, die mit fünf Jahren Abstand den Tod naher Verwandter aufzählte und Eich Vorwürfe machte, er lasse sie im Stich. Daneben fand Thann Briefe Beckmanns, der mit Eich politische Wissenschaft und das jeweils aktuelle politische Geschehen diskutierte. In den letzten ging es vor allem um Eichs bevorstehendes Leben in Freiheit. Kein Wort von Feinden oder Gefahr, kein Wort von Anna Korfmacher und ihren Kindern. Dann gab es noch Briefe von anderen Wissenschaftlern und von Fachverlagen, mit denen Eich in Verbindung gestanden hatte. Einige Veröffentlichungen hatten etwas Geld gebracht.
    Ein letzter Brief lag zerknüllt etwas abseits, als habe der Einbrecher ihn gelesen und mit besonderer Verachtung weggeworfen. Er trug die Unterschrift von Eva Kurz.
     
    Herr Eich,
     
    mein Name ist Eva Kurz. Mit diesem Namen können Sie sicherlich wenig anfangen. Umso mehr aber mit dem Namen meiner Mutter. Wie ich vor einigen Jahren von meinen Pflegeeltern erfuhr, bin ich Anna Korfmachers Tochter. Also der Frau, die Sie ermordet haben. Ich arbeite als Anwaltsgehilfin in der Kanzlei Meier, also bei dem Anwalt, der Sie vertritt. Als ich auf Ihren Fall stieß, wurde ich neugierig. Ich habe mir alle zugänglichen Akten besorgt, um mir ein Bild zu machen, was für eine Person meine Mutter war.
    Ich weiß nicht, ob Sie das nachvollziehen können, aber seit ich weiß, dass die Frau, die ich seit meiner frühen Kindheit für meine Mutter gehalten habe, gar nicht mit mir verwandt ist, bin ich auf der Suche nach den Wurzeln meiner eigenen Identität.
    In den nächsten Tagen werden Sie aus der Haft entlassen. Ich würde mich gerne mit Ihnen treffen, um etwas über meine wirkliche Mutter zu erfahren.
    Ich hoffe, Sie verstehen das. Haben Sie keine Angst. Ich hege keinen Hass gegen Sie. Ich weiß, dass Sie immer Ihre Schuld am Tod meiner Mutter abgestritten haben. Ob das die Wahrheit ist, weiß ich nicht. Tatsache ist, dass Sie vom Gericht für schuldig befunden wurden und inzwischen Ihre Strafe länger als üblich verbüßt haben. Lassen Sie uns deshalb nicht über den Tod meiner Mutter sprechen, sondern über ihr Leben.
    Sie können mich in der Anwaltskanzlei erreichen. Ich würde verstehen, wenn Sie mir aus dem Weg gehen wollten. Wenn nicht, dann rufen Sie bitte an.
     
    Mit freundlichen Grüßen
    Eva Kurz
     
    Die Suche einer Waisen nach ihren Wurzeln. Oder die Falle einer rächenden Tochter? Nein, das glaubte Thann nicht. Vielleicht hatten Eva und Eich sich getroffen. Was er an Beweismitteln in der Hand habe, wollte Herr Eich jedoch nicht verraten. Vielleicht wusste Eva mehr.
    Die Spurensicherung hatte an mehreren Stellen Fingerabdrücke genommen. Soviel Thann wusste, ohne Ergebnis. Ratlos verließ er die Wohnung.
     
    Vor der Tür stellte ihn eine misstrauische Nachbarin, die wissen wollte, wer er sei. Thann wies sich aus. Die Dame war beruhigt.
    »Wissen Sie, in diese Wohnung ist eingebrochen worden. Und ein paar Stunden später hat man den Mann ermordet. Und ich wohne gleich nebenan, Wand an Wand. Ist es nicht natürlich, dass man dann Angst bekommt?«
    Einen ängstlichen Eindruck machte sie allerdings nicht. Eher den einer alleinstehenden Frau, die allzeit hungrig nach Neuigkeiten und Unterhaltung war. Zusammen mit dem Hausmeister musste sie ein fabelhaftes Gespann abgeben.
    »Woher wissen Sie, dass der Mord nach dem Einbruch geschah?«
    »Na, weil der Eich noch einmal da war an dem Mittwochnachmittag.«
    Thann wurde hellhörig. Die neugierige Alte, dein Zeuge und Helfer. »Und der Einbruch? Wann war der?«
    »Das war so am frühen Nachmittag gegen halb zwei. Zuerst hab ich gedacht, mein Nachbar hat einen Tobsuchtsanfall, so ein Krach war das, mindestens eine halbe Stunde lang. Man denkt sich dann ja allerlei als alleinstehende ältere Frau. Wenn was passiert, wie soll man sich dann wehren? Dann sah ich so ein Polizeiauto von Ihnen auf der Straße stehen und wollte schon rauslaufen und Ihre Kollegen holen, doch dann war der Krach wieder zu Ende. Zwei Stunden später kommt mir der Eich auf der Treppe entgegen, wie ich den Müll runterbringe. Da war der ganz normal und grüßte. Das kam mir

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