Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
von einhundert Untergebenen begleitete den neuen Polizeipräsidenten. Als Minister Lemke ihm das Ernennungsschreiben überreichte, schwoll der Beifall noch einmal an. Zwei Kollegen liefen zur Bühne und entfalteten ein Spruchband.
    ALLES GUTE, BUMM-BUMM-BOLLMANN!
     
    Thann erkannte die Oberkommissare Schneider und Dalla. Der neue Polizeipräsident lachte, zeigte ein Siegerwinken und gab seiner Frau, die an den Bühnenrand trat, einen Kuss auf die Wange. Das Blitzlichtgewitter riss nicht ab. Thann verließ fluchtartig die Halle. In seinem Magen turnten die Kieselsteine.
     
     
    41.
     
    Der weiße Wagen mit der Aufschrift BLITZ parkte im Innenhof des Präsidiums, obwohl dieser Platz den hier arbeitenden Beamten vorbehalten war. Korfmacher verließ das Gebäude in Begleitung eines schlaksigen Typen mit Trenchcoat und einer Mappe unterm Arm, wahrscheinlich sein Kollege von der schreibenden Zunft. Die Krönungszeremonie war zu Ende, die Oscars verteilt. Korfmacher steuerte den Wagen aus dem Hof, und Thann folgte mit einigem Abstand.
    Der Fotograf fuhr zum Verlagsgebäude am Stadtrand. Er verschwand in dem modernen Betonbau. Nach einer Viertelstunde kam er wieder, nahm seinen Privatwagen und fuhr auf die Autobahn. Es war ein schnittiges Coupé japanischer Bauart; gerade richtig, um den Schulmädchen zu imponieren, die er fotografierte, dachte Thann. Bei der nächsten Ausfahrt verließen sie die Autobahn.
    Sie waren jetzt am anderen Ende der Stadt und fuhren weiter, stadtauswärts. An einer Gaststätte am Waldrand hielt Korfmachers Coupé. Thann fuhr vorbei, wendete und rollte zurück. Im Schutz einiger Büsche blieb er stehen und behielt das Haus im Auge.
    Es war das Belle Nuit, ein Nachtklub und Bordell der Nobelklasse. Der Anruf, den Korfmacher auf Band bekommen hatte: Am Freitag steigt 'ne Party. Ort ist wieder das ›Belle‹. Der Boss will junges Blut. Ein Auftrag für Udo Korfmacher, den Vielseitigen: Zeitung, Pornos, Puff.
    Hier war Thann noch nie gewesen. Er konnte sich nicht erinnern, dass es hier jemals eine Razzia gegeben hätte. Das Belle Nuit gehörte zu dem Teil der Szene, der von der Polizei nichts zu fürchten hatte und als Gegenleistung niemals unangenehm von sich reden machte. Der geduldete Teil der Unterwelt, die kanalisierte und kontrollierte Sünde gemäß der Beruhigungsstrategie, die Bollmann in seiner Zeit als K2-Chef eingeführt hatte.
    Es begann wieder zu regnen. Von Zeit zu Zeit schaltete Thann den Scheibenwischer an. Damit die Scheiben nicht anliefen, ließ er das Seitenfenster offen. Er fror, und seine Schulter wurde allmählich nass.
    Nach zwanzig Minuten verließ der Fotograf den Schuppen, gefolgt von einer aufgedonnerten Blondine im Pelzjäckchen. Sie blieb unter dem Vordach des Eingangs stehen und spannte einen Schirm auf, um ihre dauergewellte Frisur auf den fünf Metern bis zum Auto nicht zu ruinieren. Korfmacher ließ den Motor an und öffnete von innen die Beifahrertür. Auf ihren Stöckeln stakste die Blondine vorsichtig durch den Matsch. Thann starrte auf ihre langen Beine. Als sie sich in das Coupé zwängte, konnte Thann für einen Sekundenbruchteil unter ihren Minirock sehen. Entweder trug sie einen fleischfarbenen Slip oder keinen.
    Die Fahrt ging zurück in die Stadt. Dresdner Straße. Korfmacher bog in die Toreinfahrt zum Hinterhof. Thann passierte das Haus und fuhr zur Festung zurück. Korfmacher hatte den Star des heutigen Drehs ins Studio gebracht. Thann hatte genug gesehen.
    Aber der Tag war noch nicht zu Ende.
     
     
    42.
     
    Fröhlich kam gerade von einem kleinen Umtrunk, den Bollmann gegeben hatte.
    »Haben Sie die Zeremonie gesehen heute Mittag? Großartig! Solche Feiern schweißen den Laden zusammen. Solche Reden tun gut. Gerade in diesen Zeiten, da wir so überbeschäftigt sind und so unterbezahlt, sind solche Signale einfach wichtig, stimmt's?«
    Fröhlich war aufgekratzt. Thann fragte sich, ob er ihm trauen konnte.
    »Es geht um unseren Pornofall.«
    »Genau, Thann. Ihre Frist läuft ab. Sie wollten den Täter besorgen. Haben Sie ihn?«
    »Unser Täter ist heute Abend mit einem neuen Filmprojekt beschäftigt. Und wir sollten ihn dabei stören, auch wenn es diesmal wahrscheinlich nicht um Tiere geht, sondern nur um Männlein und Weiblein.«
    Fröhlich wurde zusehends nüchtern. »Was haben wir in der Hand?«
    Er sagte wir, nicht Sie, registrierte Thann. Immerhin. Die Chance, dass er nicht ein Mann aus Bollmanns Clique war, betrug mindestens 50:50.
    »Wir brauchen

Weitere Kostenlose Bücher