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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Waschbecken aus. Während Thann lüftete, begann die Kollegin zu reden.
     
    Der zweite Klient.
    Sein Name war neu im Spiel: Moor. Sigrid Kraftschik hatte ihn angesprochen, wie vorher Schneider sie angesprochen hatte. Michael Moor war nicht unter denen gewesen, die sie am Mittwochabend bei Korfmacher überrascht hatten. Er hatte laut der kleinen Kraftschik in einem früheren Film eine hervorragende Rolle übernommen. »Michi« Moor war Führer einer Hundestaffel der Polizei.
    Am Telefon hatte Thann etwas von einer Routinebefragung im Rahmen einer internen Untersuchung erzählt.
    Als Moor den Raum betrat, überraschte ihn Thann mit einer ungewöhnlichen Aufforderung. »Hose runter!«
    »Was?«
    »Soll ich's zweimal sagen? Hörst du schlecht?«
    Michi Moor nestelte an dem Gürtel, der seinen Bierbauch festhielt. Bevor er seine Hose fallen ließ, blickte er Thann noch einmal fragend an.
    »Na, mach schon. Ich beiße dir schon nichts ab.«
    Der Hundetrainer trug weite, gelbe Boxershorts. Seine weißen Beine waren stark behaart. Quer unter seinem linken Knie verlief eine Narbe. Wie nach einer Meniskusoperation.
     
     
    59.
     
    In der Dresdner Straße, wo Bernhard und Bönte lauerten, war Korfmacher noch immer nicht aufgetaucht. Thann fuhr hinaus zum Verlagsgebäude des BLITZ. Auch dort war er nicht. Thann bemerkte, wie wenig er von Udo Korfmacher wusste. Nichts über eine Freundin, bei der er sich vielleicht gerade aufhielt, nichts über Freunde, bei denen er untertauchen konnte. Vielleicht kaufte er auch nur Weihnachtsgeschenke ein oder ging irgendwelchen Geschäften nach.
    Geschäfte!
    Es war Freitagvormittag. Am Freitag steigt 'ne Party. Auftrag vom Boss. Im ›Belle‹. Mädels besorgen, junges Blut, Provision. Thann ließ den Motor seines Autos höher drehen und nahm die Auffahrt zur Autobahn. Diesmal hatte er von der Verwaltung ein Zivilfahrzeug zugeteilt bekommen. Einen Audi mit Startproblemen.
    Nach dreißig Minuten war er am anderen Ende der Stadt.
    Wieder passierte er den Nobelpuff, wendete im Wald und fuhr langsam zurück. Er parkte auf einem Waldweg in der Deckung von Bäumen und Gestrüpp. Zu Fuß näherte er sich dem Belle Nuit, das tagsüber recht glanzlos neben der Landstraße lag. Der Parkplatz war leer. Hinter dem Haus standen drei Autos, Korfmachers Japaner war nicht dabei.
    Aus einem Fenster, das im ersten Stock des Hauses offen stand, hörte Thann Stimmen, die ihm bekannt vorkamen. Als er näher kam, wurde das Fenster geschlossen. Er lehnte sich gegen die Mauer. Er glaubte nicht, dass sie ihn gesehen hatten. Er versuchte, die Hintertür zu öffnen. Sie gab nach. Thann betrat das Belle Nuit.
    Er stand im Gang, der vom Gastraum zu den Toiletten führte, so seine Vermutung. Es war dunkel, nur am Ende des Gangs fiel etwas Licht durch einen Vorhang aus bunten Plastikstreifen. Von den Stimmen war hier nichts zu hören.
    Der Gastraum war leer. Abgestandener Rauch hing in der Luft. Alle Lampen waren eingeschaltet. Die knisternde Atmosphäre, die nachts vergnügungswillige Männerherzen höher schlagen ließ, war einer kalten Nüchternheit gewichen. Auf dem Bartresen standen leere Cognacflaschen und eine Kiste billigen Weinbrands. Daneben lag ein Trichter aus Kunststoff.
    Die Tür hinter der Bar war angelehnt. Durch das Büro kam Thann in einen Gang, der zu einem Raum hinter der Bühne führte. Er kehrte um und suchte den Weg nach oben. Vor dem Gastraum wurde er schließlich fündig. Zwischen Garderobe und Vordereingang hing ein Vorhang aus rotem Stoff. Dahinter lag die Treppe.
    Er stieg leise nach oben. Immer deutlicher konnte er die Stimmen hören.
    Oben waren die Zimmer, in die die Mädchen nachts ihre Freier schleppten. Jetzt standen die Türen offen, durch die Fenster fiel Tageslicht. Zu dieser Stunde fehlte auch diesem Teil des Hauses das Flair des Verrufenen völlig. Am Ende des Flurs sah Thann eine zweite Treppe hinter einer Tür, die ebenfalls offen stand. Die Stimmen kamen aus dem letzten Zimmer.
    »Ihr könnt hier nicht länger bleiben. Das sagt auch der Boss. Ab Montag wieder, okay. Aber nicht am Wochenende. Bald macht euch der Boss zu Teilhabern, dann wisst ihr, warum ihr am Wochenende nicht ein einziges der Zimmer blockieren könnt.« Ein französisch klingender Akzent. Der kleine Geschäftsführer.
    Thann schlich in das vorletzte Zimmer und drückte sich hinter die Tür.
    »Ihr habt genügend andere Schlupfwinkel. Und heute Abend könnt ihr hier durchmachen, wenn ihr wollt. Nur ein Zimmer gibt

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