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Anne - 02 - Anne - 02 - Anne und Jess, der Weg ins Glück

Anne - 02 - Anne - 02 - Anne und Jess, der Weg ins Glück

Titel: Anne - 02 - Anne - 02 - Anne und Jess, der Weg ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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jetzt waren es noch sechzig Tage, bis sie fahren würde; noch fünfzig. dreißig.
    Als es aber nur noch zwanzig waren, da machte Anne keine Striche mehr.
    Sie hatte ihre Barschaft überschlagen, und es war ihr peinvoll klar geworden: Sie konnte sich die Reise nicht leisten. Damit würde sie sich völlig aller Mittel berauben. Im Gegenteil, sie mußte alles tun, um Weihnachten irgendeine Arbeit zu finden, um Geld zurückzulegen. Denn nach Weihnachten würde die Schule sicher noch schwerer werden, und sie würde noch weniger Zeit finden, etwas nebenher zu verdienen.
    Es war nicht leicht, Jess diese Nachricht zu schreiben. Aber man bekommt in dieser Welt nichts umsonst, dachte Anne. Und dies -dies Jahr, das war ja der Preis, den sie zahlte, damit Jess seinen Wünschen und seinen Fähigkeiten nachgehen konnte. Vielleicht fühlten Jess und seine Eltern das nicht so. Aber für Anne war es klar wie die Sonne.
    Und deshalb zahlte sie den Preis, ohne zu murren.
    Anfang Dezember war ihre Kassette fast leer. Sie mußte eine Zahnarztrechnung bezahlen; sie mußte sich ein Heft mit Essenkupons in der Studentenkantine kaufen, und ob sie wollte oder nicht, sie mußte ein Paar neue Schuhe haben.
    Sie hob ein Honorar in der Modellstrickerei ab. Dann schlenderte sie durch die Straßen und schaute sich die Schuhe in den Fenstern an. An der Ecke der Großen Straße war ein neues Geschäft eröffnet worden. Ihre Augen blieben an einem Paar anständigen, festen Schnürhalbschuhen haften. Uff, daß Schuhe auch so teuer sein mußten. Nun - jedenfalls konnte man ja mal fragen. „Damenabteilung? Bitte, eine Treppe tiefer.“
    Anne ging die Treppe hinunter, ein dicker roter Läufer verschluckte jedes Geräusch.
    Unten kam sie in elegant ausgestattete Kellerräume, die durch viele Lampen und grüne Pflanzen an den Wänden hell und hübsch wirkten. Hier standen Glasvitrinen mit Schuhen; hier gab es Stühle und Hocker aus Stahl und mit rotem Leder bezogen; hier bedienten adrette junge Verkäuferinnen, die alle die gleiche rote Schürze trugen. In einer Ecke des Ladens stand eine Tür zu einem Käfig aus Mattglas halb offen, in dem sie an einem Schreibtisch eine Dame sitzen sehen konnte.
    Anne sank der Mut. Das Geschäft war viel zu fein; sicher waren die Preise auch entsprechend hoch. Nein, sie mußte doch wohl lieber anderswo versuchen.
    Aber da stand auch schon eine freundliche Verkäuferin vor ihr und fragte nach ihren Wünschen. „Ich wollte mir gern ein Paar braune Halbschuhe ansehen - ich habe ganz links im Fenster welche gesehen - dunkelbraun mit niedrigem Absatz.“ da wurde Anne plötzlich auf höchst unvorhergesehene Weise unterbrochen.
    Aus dem Glaskäfig drüben in der Ecke kam etwas Kleines und Weißes und Strubbliges herbeigeschossen. Das Knäuel war auf Anne losgestürzt. Es richtete sich auf zwei kleine, rundliche Hinterläufe auf, und zwei kleine, eifrige Vorderpfoten kratzten und rissen an Annes Strümpfen und Mantelsaum. „Aber - aber - Pettie!“ Sie hockte sich hin; der Hund leckte ihr das ganze Gesicht ab. Zwischendurch stieß er ein freudiges Gebell aus. „Pettie!“ ertönte eine zurechtweisende Stimme aus dem Glaskasten. „Du weißt doch, du darfst nicht.“ Da trafen sich die Blicke von Anne und Petties Frauchen. „Aber lieber Himmel - das ist doch - das ist doch -Fräulein Viken!“
    „Können Sie sich meiner wirklich noch entsinnen, Fräulein Tvilde?“
    „Und ob ich mich entsinne! Ich habe Sie in diesem Sommer auf Aurestua nicht schlecht vermißt. Aber wie finden Sie denn das, daß Pettie nach so langer Zeit Ihre Stimme wiedererkennt! Nach anderthalb Jahren! Ist er nicht intelligent? Aber nun sagen Sie mir doch, wie geht es Ihnen, Fräulein Viken? Sie gingen doch damals in die Schule? Und jetzt? Haben Sie eine Anstellung?“
    Anne erzählte, daß sie in die Höhere Handelsschule ginge. Fräulein Tvilde zog sie mit sich in den Glaskäfig. Pettie wollte auf den Schoß genommen werden. Hier rollte er sich glücklich zusammen, mit der Schnauze unter Annes Arm.
    „Es ist wirklich zu nett, Sie wiederzusehen, Fräulein Viken. Ich werde nie vergessen, wie reizend Sie im vorigen Jahr mit Pettie gewesen sind!“ Anne lächelte.
    „Und ich werde nie vergessen, wie reizend Sie gegen mich waren! Sehen Sie, ich trage noch immer die Schuhe, die Sie mir schenkten. Aber jetzt sind sie ziemlich vertragen!“ Fräulein Tvilde sah sie sich an.
    „Keineswegs. Sie müssen nur neue Sohlen haben und ein wenig zurechtgemacht werden,

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