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Anne auf Green Gables

Anne auf Green Gables

Titel: Anne auf Green Gables Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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wie erleichtert ich bin, Herr Doktor. Es gibt Dinge, die lassen sich nicht in Worten ausdrücken.«
    »Das weiß ich nur zu gut«, sagte der Doktor ernst und er sah so aus, als würde er einige Dinge über Anne denken, die er ebenfalls schlecht ausdrücken konnte. Später fand er Mr und Mrs Barry gegenüber jedoch folgende Worte: »Die kleine Rothaarige, die die Cuthberts auf Green Gables aufgenommen haben, hat es in sich. Sie hat der Kleinen das Leben gerettet. Ich wäre zu spät gekommen, aber sie hat genau das Richtige getan. Für ihr Alter scheint sie sehr verständig zu sein. Und ich habe in meinem ganzen Leben noch nie solche Augen gesehen wie die ihren, als sie mir den Fall erklärt hat.«
    Seite an Seite stapften Anne und Matthew in der gleißenden Morgensonne über den weißen Schnee zurück nach Green Gables. Annes Augenlider waren schwer von dem fehlenden Schlaf, doch sie schwatzte fröhlich auf Matthew ein, während sie durch die weiß glitzernden Märchenbogen schritten, den die Zweige der großen Ahornbäume über die >Liebeslaube< gespannt hatten.
    Zu Hause ging Anne sofort ins Bett. Obgleich es ihr Leid tat, gewissen anderen Mitschülern an jenem Tag die Arena kampflos überlassen zu müssen, fiel sie sofort in einen tiefen Schlaf, aus dem sie erst am Nachmittag wieder erwachte. Als sie in die Küche hinunterkam, saß Marilla strickend am Fenster.
    »Hast du den Premierminister gesehen?«, war Annes erste Frage. »Wie sieht er aus?«
    »Naja, wenn es nach seinem Aussehen ginge, wäre er bestimmt nicht Premierminister«, antwortete Marilla lachend. »Aber er ist ein sehr guter Redner. Ich war stolz darauf, zu den Konservativen zu gehören. Rachel Lynde hat natürlich kein gutes Haar an ihm gelassen. - Dein Essen steht im Ofen, Anne. Du kannst dir auch noch Pflaumenkompott aus der Speisekammer holen, bestimmt bist du furchtbar hungrig. Matthew hat mir alles erzählt. Ein Glück, dass du wusstest, was zu tun ist! Ich selbst hätte nicht die geringste Ahnung gehabt, ich habe noch nie ein Kind mit Krupp gesehen. So, und jetzt setz dich erst einmal hin und iss, Kind. Ich sehe dir zwar an der Nasenspitze an, dass du fürchterlich viel zu erzählen hast, aber das hat Zeit.«
    Marilla hatte Anne auch noch etwas zu erzählen, wollte damit aber noch eine Weile warten. Diese Nachricht hätte Anne in einen solchen Sturm der Begeisterung versetzt, dass sie für so irdische Dinge wie Hunger oder Essen keinen Sinn mehr gehabt hätte. Erst als Anne ihren letzten Bissen heruntergeschluckt hatte, sagte Marilla: »Mrs Barry hat vorhin vorbeigeschaut, Anne. Sie wollte zu dir, aber du hast noch geschlafen. Sie sagt, du hättest Minnie May das Leben gerettet und es täte ihr sehr Leid, dass sie wegen der Geschichte mit dem Johannisbeerwein so böse war. Sie wüsste jetzt, dass du Diana nicht absichtlich betrunken gemacht hast. Du möchtest ihr verzeihen und wieder Dianas Freundin sein. Sie hat dich für heute zum Tee eingeladen.«
    Anne machte einen Luftsprung. Ihre Augen glänzten. »Oh, Marilla, kann ich bitte gleich gehen . . . noch vor dem Geschirrspülen? Ich spüle, wenn ich zurückkomme, ja? Ich kann mich in einem so erhebenden Moment einfach nicht mit so etwas Unromantischem wie dreckigem Geschirr abgeben.«
    »Ja, ja, geh nur«, antwortete Marilla lachend. Im Handumdrehen war Anne aus der Tür. »Anne!«, rief Marilla ihr entsetzt hinterher. »Komm sofort zurück und zieh dir etwas über, du holst dir ja sonst den Tod! Du kannst doch nicht ohne Hut und Mantel in den Schnee hinaus! Dass das nur keine Lungenentzündung gibt!«
    Doch es war eine gesunde und fröhliche Anne, die wenige Stunden später durch die Abenddämmerung zurück nach Green Gables kam. »Vor dir steht ein vollkommen glücklicher Mensch, Marilla«, verkündete sie. »Ja, ich bin vollkommen glücklich - trotz meiner roten Haare. Mrs Barry hat mir einen Kuss gegeben. Sie hat geweint und gesagt, es täte ihr so Leid und sie wüsste nicht, wie sie das je wieder gutmachen könnte. Es war mir schrecklich peinlich, Marilla, aber ich antwortete, so höflich ich nur konnte: >Ich hege keinen Groll gegen Sie, Mrs Barry. Aber ich hoffe, dass Sie mir nun ein für allemal glauben, dass ich Diana nicht vergiften wollte. Und nun wollen wir den Schleier des Vergessens über diese Sache breiten.< Wie findest du das, Marilla? Ganz schön feierlich, oder? Und dann haben Diana und ich den ganzen Nachmittag miteinander gespielt. Diana hat mir ein neues Häkelmuster

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