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Anne auf Green Gables

Anne auf Green Gables

Titel: Anne auf Green Gables Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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sammeln.
    Als Miss Harris mit der Harke zurückkam und freundlich nachfragte: »Darf es sonst noch etwas sein, Mr Cuthbert?«, nahm Matthew seinen ganzen Mut zusammen und antwortete: »Hm, tja ... wenn Sie schon fragen, dann könnte ich auch gleich ... äh ... etwas Grassamen kaufen.«
    Miss Harris hatte die Leute schon sagen hören, dass Matthew Cuthbert ein bisschen merkwürdig sei. Jetzt kam sie zu der Überzeugung, dass er völlig übergeschnappt war.
    »Grassamen führen wir nur im Frühling«, erklärte sie kühl. »Im Moment haben wir leider keinen vorrätig.«
    »Ja, natürlich . . . selbstverständlich . . . ganz wie Sie meinen«, stammelte der unglückliche Matthew, griff nach der Harke und ging auf die rettende Tür zu. Erst auf der Schwelle fiel ihm siedend heiß ein, dass er ja noch gar nicht bezahlt hatte. Er musste wohl oder übel noch einmal zum Tresen zurück. Während Miss Harris sein Wechselgeld zählte, setzte er zu einem letzten verzweifelten Versuch an. »Hm, also ... falls es nicht zu viel Umstände macht... hätte ich gerne noch ... das heißt... ich würde gerne ... äh ... haben Sie Zucker?«
    »Weißen oder braunen?«, erkundigte sich Miss Harris geduldig. »Was? Oh, äh .. . braunen, bitte!«
    »Da drüben steht ein ganzes Fass voll. Mehr Sorten führen wir nicht.«
    »Ich ... ich nehme zwanzig Pfund«, sagte Matthew. Dicke Schweißperlen standen auf seiner Stirn.
    Erst als er die Hälfte des Heimwegs hinter sich gebracht hatte, kam Matthew halbwegs wieder zur Ruhe. Das kommt davon, dachte er, wenn man abtrünnig wird und in ein fremdes Geschäft einkaufen geht.
    Zu Hause angekommen, verstaute er die Harke im Geräteschuppen und schleppte den Zucker zu Marilla in die Küche.
    »Brauner Zucker?«, fragte Marilla erstaunt. »Was um alles in der Welt ist bloß in dich gefahren, so viel braunen Zucker zu kaufen? Ich benutze ihn doch so gut wie nie - außer für Jeriys Haferbrei vielleicht oder dunkle Obsttorte. Und es ist noch nicht einmal besonders guter Zucker. Er ist grob und dunkel. William Blair führt solchen Zucker doch gar nicht.«
    »Ich ... ich dachte, wir könnten ihn irgendwann einmal gebrauchen«, sagte Matthew und flüchtete zur Tür hinaus.
    Als er später noch einmal über die ganze Sache nachdachte, kam er zu der Überzeugung, dass eine Frau diese Angelegenheit in die Hand nehmen müsste. Marilla kam dafür allerdings nicht in Frage. Matthew war sich sicher, dass sie sein Vorhaben nach Kräften durchkreuzen würde. Blieb ihm also nur noch Mrs Lynde; Matthew hätte es nie gewagt, eine andere Frau in Avonlea um Rat zu fragen. Also ging er zu Mrs Lynde hinüber. Die gute alte Dame nahm dem geplagten Mann die Sache sofort aus der Hand.
    »Ein Kleid als Weihnachtsgeschenk für Anne aussuchen? Aber natürlich kann ich das. Ich wollte morgen sowieso nach Carmody fahren, da kann ich es gleich erledigen. Haben Sie an etwas Bestimmtes gedacht? Nein? Nun gut, dann werde ich meinem eigenen Urteil vertrauen. Ein sattes Dunkelbraun würde Anne sicherlich gut stehen, denke ich. Neulich habe ich bei William Blair eine ganz wunderschöne Gloriaseide gesehen. Soll ich das Kleid gleich fertig machen? Wenn Marilla das tut, würde Anne bestimmt davon Wind bekommen und es sollte doch eine Überraschung werden, nicht wahr? Gut, dann übernehme ich das auch. Nein, es macht mir überhaupt keine Umstände, ich nähe gerne. Ich werde es meiner Nichte Jenny Gillis, anpassen. Sie hat genau die gleiche Figur wie Anne.«
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar«, sagte Matthew, »und ... ich weiß nicht... aber ich hätte gern ... also, ich glaube, man trägt die Ärmel heute anders als früher. Wenn es Ihnen nicht zu viel Arbeit macht, hätte ich sie gerne in der heutigen Weise.«
    »Puffärmel, meinen Sie? Aber natürlich. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, ich werde es nach der neuesten Mode zuschneiden«, beruhigte ihn Mrs Lynde.
    Als Matthew gegangen war, dachte sie: Es wird mir eine Freude sein, das arme Kind einmal in einem hübschen Kleid zu sehen. Manila mag ihre Gründe haben, sie immer nur in diese schrecklichen Dinger zu stecken, aber ich halte das für einen großen Fehler - jawohl! Das Kind muss doch den Unterschied zu den anderen Mädchen in seinem Alter spüren und das kann nicht gut sein. Dass Matthew das bemerkt hat...! Der Mann scheint ja langsam aufzuwachen!
    In den letzten zwei Wochen vor Weihnachten ahnte Marilla natürlich, dass Matthew etwas im Schilde führte. Sie wusste aber nicht,

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