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Anne auf Green Gables

Anne auf Green Gables

Titel: Anne auf Green Gables Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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schicken.«
    »Oh, Diana, wir werden unsere Namen gedruckt sehen! Wenn ich nur daran denke, rieselt mir schon ein freudiger Schauer über den Rücken. Dein Solo war einfach hinreißend, Diana. Ich war mächtig stolz auf dich, als die Zuschauer eine Zugabe verlangten. Ich dachte: Das ist meine liebe Busenfreundin, der diese Ehre zuteil wird.«
    »Deine Gedichte haben auch begeisterten Applaus geerntet, Anne. Dieses traurige Gedicht war einfach himmlisch.«
    »Ach, ich war ja so nervös, Diana. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich überhaupt auf die Bühne kam. Ich hatte das Gefühl, als wären eine Million Augen auf mich gerichtet und würden mich mit ihren Blicken förmlich aufspießen. Einen Moment lang dachte ich, ich könnte überhaupt nicht anfangen. Doch dann fielen mir meine herrlichen Puffärmel ein, das hat mir Mut gemacht. Am Anfang schien mir meine eigene Stimme von ganz weit her zu kommen. Ein Glück, dass ich die Gedichte so oft auf dem Dachboden geübt habe, dass ich sie wie im Schlaf konnte, sonst wäre ich stecken geblieben. War der Seufzer gut?«
    »Ja, du hast wunderbar geseufzt«, versicherte Diana.
    »Auf dem Weg zurück zu meinem Platz habe ich gesehen, dass die alte Mrs Sloane sich ein paar Tränen abwischte. Was für ein schöner Gedanke, dass ich das Herz eines Menschen gerührt habe! Es ist so romantisch, bei einem Vortragsabend aufzutreten, nicht wahr? Es war ein denkwürdiges Ereignis.«
    »Die Jungen haben auch sehr gut gespielt«, fuhr Diana fort. »Gilbert Blythe war wunderbar, Anne. Ich finde es ziemlich gemein, wie du ihn behandelst. Warte, lass mich ausreden. Als du nach der Szene mit den Feen von der Bühne gelaufen bist, fiel eine Rose aus deinem Haar. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Gilbert sie aufgehoben und in seine Brusttasche gesteckt hat. Du bist doch sonst so begeistert von romantischen Dingen. Ich finde, du könntest auch davon begeistert sein.«
    »Was dieser Mensch tut, ist mir völlig gleichgültig«, sagte Anne, »und wenn es noch so romantisch ist. Ich verschwende keinen einzigen Gedanken an ihn, Diana.«
    Nachdem Anne schon längst ins Bett gegangen war, saßen Marilla und Matthew, die zum ersten Mal seit zwanzig Jahren wieder auf einer Veranstaltung wie dieser gewesen waren, noch eine ganze Weile zusammen in der Küche.
    »Nun, ich glaube, unsere Anne konnte es mit allen anderen bestens aufnehmen«, sagte Matthew stolz.
    »Ja, da hast du wohl Recht«, stimmte Marilla zu. »Sie ist ein kluges Kind und sie sah hübsch aus. Ich war zwar am Anfang gegen diese Sache, aber inzwischen habe ich meine Meinung geändert. Jedenfalls war ich heute Abend stolz auf Anne. Ich werde mich allerdings hüten, ihr das zu sagen.«
    »Ich war stolz auf sie und ich habe es ihr gesagt, bevor sie nach oben ging«, sagte Matthew. »Ich glaube, wir müssen uns bald noch etwas überlegen, Marilla: Die Dorfschule von Avonlea wird auf Dauer für sie nicht ausreichen.«
    »Wir haben zum Glück noch viel Zeit, um darüber nachzudenken«, erwiderte Marilla. »Sie wird im März ja erst dreizehn, obgleich ich heute Abend überrascht war, was für ein großes Mädchen sie schon geworden ist. Mrs Lynde hat das Kleid ein wenig zu lang gelassen, Anne wirkt darin schon richtig erwachsen. Und ich glaube auch, dass sie das Zeug zu einer höheren Ausbildung hat - vielleicht am Queen’s College in Charlottetown. Aber darüber brauchen wir ihr in den nächsten ein oder zwei Jahren noch nichts zu sagen.«
    »Nun ja, es kann ja wohl nicht schaden, ab und zu etwas darüber nachzudenken«, sagte Matthew.

23 - Eitelkeit hat ihren Preis
    An einem Nachmittag im April kam Marilla von einer Versammlung des Frauenhilfswerks zurück und verspürte das freudige Gefühl, das jung und alt erfasst, wenn der Winter endgültig vorbei ist und der Frühling merklich Einzug hält. Marilla unterzog ihre Gedanken und Gefühle keiner bewussten Prüfung; hätte man sie hinterher gefragt, hätte sie sicherlich geantwortet, sie habe nur an das Frauenhilfswerk, den neuen Hilfsfond und ähnliche Dinge gedacht. Doch ihre Gedanken waren mit der unbewussten Wahrnehmung süßer Frühlingsdüfte verwoben. Die Natur war zu neuem Leben erwacht und steckte dabei auch Marilla an, deren Schritte leichter und fröhlicher wirkten als gewöhnlich.
    Voller Wärme fiel ihr Blick auf Green Gables, in dessen Fenstern sich das Rot der untergehenden Sonne spiegelte. Während sie durch den feuchten Hohlweg ging, freute sich Marilla darauf, zu Hause ein

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