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Anne auf Green Gables

Anne auf Green Gables

Titel: Anne auf Green Gables Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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was es war. Erst als Mrs Lynde am Heiligen Abend das neue Kleid vorbeibrachte, wurde sie in das Vorhaben eingeweiht.
    »Das ist also der Grund, warum Matthew in den letzten zwei Wochen so geheimnisvoll tat«, sagte sie etwas steif, aber nicht unfreundlich. »Ich wusste, dass er irgendetwas Närrisches vorhatte. Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass Anne ein neues Kleid braucht und so eins schon gar nicht. Allein in den Ärmeln steckt ja schon so viel Stoff, dass man daraus ein zweites machen könnte. Ihr werdet Annes Eitelkeit schmeicheln und sie ist jetzt schon eitel wie ein Pfau. Aber ich hoffe trotzdem, dass sie sich freut. Sie träumt schon seit langer Zeit von Puffärmeln, obgleich sie seit einer ganzen Weile nichts mehr darüber gesagt hat. - Wenn das mit der Mode so weitergeht, werden die Frauen bald nur noch seitwärts durch die Tür gehen können!«
    Mit glänzenden Augen schaute Anne am Weihnachtsmorgen aus ihrem Fenster im Ostgiebel über die wie mit Puderzucker überzogenen Bäume und Felder: in der Nacht war der erste Schnee gefallen. Aufgeregt lief sie die Treppe hinunter und rief mit lauter Stimme: »Frohe Weihnachten, Marilla! Frohe Weihnachten, Matthew! Ist es nicht herrlich, dass wir weiße Weihnachten haben? Grüne Weihnachten mag ich nämlich überhaupt nicht. Meistens ist es dann gar nicht richtig grün, sondern nur grau und braun. Aber... Matthew! Ist das für mich? Oh, Matthew!«
    Matthew hatte mit ungeschickten Fingern das neue Kleid aus dem Papier gewickelt und hielt es nun verlegen in die Höhe. Marilla machte sich an der Teekanne zu schaffen, beobachtete jedoch alles aus den Augenwinkeln.
    Anne nahm das Kleid und betrachtete es mit ehrfürchtigem Schweigen. Was für ein wunderhübsches Kleid das war! Aus glänzender, weicher Gloriaseide gemacht, hatte es einen Rock mit üppigen Rüschen und ein Oberteil mit feinen Biesen, das nach der neuesten Mode mit einem kleinen Kragen aus kleiner Spitze abschloss. Aber die Krönung des Ganzen waren die Ärmel - die schönsten Puffärmel, die Anne je in ihrem Leben gesehen hatte!
    »Das ist mein Weihnachtsgeschenk für dich«, sagte Matthew schüchtern. »Aber . . . aber Anne, gefällt es dir nicht? Was ist denn, Kind?« Annes Augen hatten sich plötzlich mit Tränen gefüllt.
    »Ob es mir gefällt? Oh, Matthew!« Anne legte das Kleid über einen Stuhl und klatschte in die Hände. »Matthew, es ist wunder-, wunderschön. Ich weiß gar nicht, wie ich dir jemals danken soll. Schaut euch nur diese Ärmel an! Das muss alles ein schöner Traum sein.«
    Nach dem Frühstück kam Diana nach Green Gables hinüber. Aufgeregt lief ihr Anne entgegen.
    »Frohe Weihnachten, Diana! Ach, es ist ein überwältigendes Weihnachtsfest. Ich muss dir etwas Herrliches zeigen. Matthew hat mir das schönste Kleid der Welt geschenkt - mit solchen Puffärmeln. Ich könnte mir gar kein schöneres Kleid vorstellen.«
    »Und ich habe auch etwas für dich«, sagte Diana. »Hier, schau mal -diese Schachtel. Tante Josephine hat uns ein riesengroßes Paket mit Geschenken geschickt und dies hier ist für dich.«
    Anne öffnete die Schachtel und sah hinein. Neben einer Karte mit den Worten »Für die kleine Anne, frohe Weihnachten« lag ein Paar zierlicher weißer Sandaletten. Sie waren aus dem feinsten Satin gemacht und auf jeder Sandalette prangte eine glänzende Schnalle. »Oh, Diana!«, sagte Anne. »Sind die schön! Ich komme mir vor wie im Traum.«
    »Die Schuhe kommen wie gerufen«, freute sich Diana. »Jetzt brauchst du nicht mehr Rubys Sandalen zu tragen. Sie wären dir sowieso zwei Nummern zu groß gewesen und es wäre nur peinlich geworden, wenn du als Fee durch den Saal geschlurft wärst. Josie Pye hätte ihre reinste Freude daran gehabt!«
    Der Vortragsabend stand vor der Tür und die Schulkinder von Avonlea befanden sich vor Aufregung in einem wahren Taumel. Der Saal musste noch vor der Generalprobe am Nachmittag geschmückt werden.
    Die Veranstaltung wurde ein voller Erfolg. Alle Vorführenden gaben ihr Bestes, doch Anne war der besondere Star des Abends, wie selbst Neider wie Josie Pye ehrlich eingestehen mussten.
    »War das nicht ein wunderbarer Abend?«, fragte Anne, als alles vorbei war und sie mit Diana Hand in Hand unter dem sternenklaren Nachthimmel nach Hause ging.
    »Alles hat prima geklappt«, stimmte Diana ihr zu. »Ich wette, wir haben mindestens zehn Dollar eingenommen. Stell dir vor: Mr Allan will einen Bericht an die Zeitung in Charlottetown

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