Anne Frasier
schulde ich Ihnen?<« Er lachte wieder.
Ivy druckte den »Drucken«-Button auf dem Computer an dem sie saß und sich Notizen machte. Der Drucker spuckte eine Kopie der Beschreibung aus, die sie zu dem Gesicht legte, dann faxte und mailte sie beides an die Zeitungen.
Ivy und Max riefen danach noch bei den Zeitungen an, um sicherzugehen, dass sie die Morgenausgaben mitnahmen. Und als sie schon die stellvertretende Chefredakteurin des Herald am Telefon hatte, ließ sie sich die Privatnummern von Kollegen geben, die vielleicht Informationen über Alex Martin hatten.
»Maude Cunningham ist ihre größte Chance«, sagte der Redakteur ihr. »Sie war seine direkte Vorgesetzte.«
Als Nächstes rief Ivy also bei Maude an. »Kann ich vorbeikommen und mit Ihnen reden?«, fragte Ivy. »Ich weiß, es ist spät, aber ...«
»Kommen Sie vorbei«, unterbrach sie Maude. »Ich kann sowieso nicht schlafen.«
Wahrend Max in der Einsatzzentrale versuchte, lose Enden zu verknoten, fuhr Ivy mit einem Taxi zu Maude in Lincoln Park.
Maude erinnerte Ivy an Bette Davis zum Ende ihrer Karriere hin. Hart, würdevoll und ein bisschen angsteinflössend. Sie roch nach Whisky und Zigarettenrauch.
»Kommen Sie rein«, sagte Maude. Sie stand in der Tür ihrer Wohnung, die Deckenleuchte verbreitete gelben Schein
über ihrem Kopf. Hinter ihr miaute eine Katze. »Ich möchte nicht, dass Miss Kitty abhaut.«
Ivy trat ein, und die Frau schloss die Tür hinter ihr. An den Wänden im Flur hingen gerahmte Zeitungsfotos und Artikel. »Sind Sie das?«, fragte Ivy und zeigte auf eine hübsche junge Frau, die neben der englischen Queen stand.
»Ja, ob Sie es glauben oder nicht, ich habe gut ausgesehen. Sie hat auch gut ausgesehen.« Sie keckerte.
Ivy versuchte gar nicht erst, zu antworten. »Was können Sie mir über Alex Martin erzählen? Wissen Sie, warum er auf den Friedhof gefahren ist? Wollte er sich mit jemand treffen?«
»Er hat mir nichts vom Friedhof erzählt.« Maude klopfte eine filterlose Zigarette heraus und zündete sie an, dann stieß sie eine Rauchwolke aus. »Ich glaube, er dachte, das würde ein Scoop werden, und wollte nicht, dass ich mich einmische. Wenn er mir gesagt hätte, dass es um den Madonna-Mörder geht, hätte ich ihn nicht fahren lassen.« Sie zupfte sich ein Stückchen Tabak von der Zunge, dann untersuchte sie das brennende Ende ihrer Zigarette. »Ich habe ihm immer gesagt, die Geschichte geht über alles. Ich fand es ganz schön aufregend, dass jemand so Junges mich bewunderte und sich meinen Mist anhören wollte. Alex war ein netter Junge, aber ich musste ihn zu Tode redigieren. Er schrieb über Nebenschauplätze, die nichts mit der Sache zu tun hatten. Aber er war gut. Man musste ihn bloß an der kurzen Leine halten, das war alles. Er war auf einen Pulitzer aus, verstehen Sie?« Sic lachte traurig und schüttelte den Kopf. »Der arme Junge.«
39
Der Chicago Herald und die Chicago Sun Times brachten die Skizze zusammen mit den Beschreibungen des Madonna-Mörders auf der Titelseite, direkt unter einem Artikel über internationale Terroristen. Die Tatsache, dass das erste Opfer des Madonna-Mörders auf dem Friedhof begraben worden war, auf dem man Alex Martins Leiche gefunden hatte, hatte sich schnell herumgesprochen und wurde jetzt in den Medien breitgetreten.
Als die Zeitungen herauskamen, warteten die Mitglieder der Einsatzgruppe schon darauf, lasen sie und reichten sie weiter. Manche waren früher gekommen. Andere, wie Max und Ivy, hatten gleich die ganze Nacht in ihrem Heim fern der Heimat im zweiten Stock verbracht.
Kurz nach Sonnenaufgang marschierten die Polizisten paarweise los und besuchten noch einmal all die ehemaligen Patienten, bei denen Regina Hastings gewesen war. Sie begannen mit den Leuten, über die jemand anders die Fragebögen ausgefüllt hatte.
Eine kurze Pause verschaffte Max die Gelegenheit, bei Ryan Harrison anzurufen, um sich nach Ethan zu erkundigen.
»Der ist nicht hier«, sagte Judy Harrison. »Moment, ich sehe mal nach. Vielleicht ist er gekommen, nachdem ich schlafen gegangen bin.«
Der Hörer schepperte auf einen Tisch. Max hörte sie davongehen, dann zurückkommen und nach dem Telefon greifen.
»Er ist nicht hier«, sagte sie entschieden. »Ryan und er sind gestern zu der Musikbörse in die Stadt gefahren. Ryan
ist am Nachmittag zurückgekommen, aber Ethan ist dort geblieben. Er hat sich entschieden, doch nicht hier zu schlafen, und sagte, er würde mit Ihnen nach Hause fahren.«
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