Anne Frasier
die Adresse am Delaware Park.«
Ivy erhob sich, sie wollte mit. Max hielt sie auf. »Bleiben Sie hier und gehen Sie ans Telefon. Und tun Sie nichts anderes. Sie haben schon genug getan.« »Was reden Sie da?«
Er packte sie am Arm. »Der Brief des toten Babys hat ihn endgültig durchdrehen lassen«, sagte er barsch. »Jetzt hat er
es auf alle abgesehen, die mit dem Fall zu tun haben. Er weiß, dass ich die Ermittlungen leite, und wie kann er mich am meisten treffen? Indem er sich meinen Sohn vornimmt.«
Max war fast schon zur Tür hinaus, als der atemlose Schriftsachverständige Herald Doyle ihn aufhielt. »Ich glaube, wir haben einen Treffer aus dem Sozialamt. Er hat dreiundneunzig Sozialhilfe beantragt. Sein Name ist Grant Ruby.«
Max kontaktierte sofort noch einmal den Leiter der SWAT-Teams. »Wir haben einen Namen«, sagte er. Im Polizeicode wies er sie an, zu der Adresse in Delaware Park zu fahren. Sie würden in drei Blocks Entfernung Position beziehen und auf weitere Anweisungen warten. Er funkte die Luft-Überwachung an und bestellte zwei Einheiten an das Einsatzziel.
Ivy setzte sich an einen Schreibtisch, nahm den Hörer des klingelnden Telefons neben ihrem Ellenbogen aber nicht ab. Grant Ruby.
Er hatte einen Namen. Endlich hatte er einen Namen. Grant Ruby.
Ethan war verschwunden, entführt vom Madonna-Mörder - einem Mörder, der jetzt einen Namen hatte. Max hasste sie, aber das war nicht wichtig, das war egal. Ethan.
Hatte er Ethan wegen des Briefs entführt? Oder wegen Max? Oder ging es noch um etwas anderes? Denk, denk.
Max. Er war jetzt unterwegs zum Haus des Mörders.
Ethan könnte schon tot sein.
Und Max wird ihn dort finden, seinen toten Sohn. O Gott.
Denk, denk.
War da noch mehr? Hatten sie etwas übersehen? Hatten sie alle etwas übersehen?
Das Einsatzziel befand sich in einem Teil der Stadt, den die meisten Polizisten noch nie gesehen hatten, am Ende einer Sackgasse, wo Maschendrahtzaun ein Grundstück umgab, das von Unkraut überwuchert war Das einstöckige Haus duckte sich unter eine Auffahrt zum Interstate, alle Jalousien waren heruntergelassen und verbargen düstere Geheimnisse.
Max und Ronny Ramirez stiegen aus dem Zivilwagen und näherten sich dem Haus. Das Tor quietschte, als sie hindurchgingen. Einen Block entfernt wartete das SWAT-Team auf ihre Anweisungen. Einen Block in die andere Richtung standen vier Streifenwagen bereit, die Gegend abzusperren und sich dem SWAT-Team anzuschließen, wenn es nötig war. Eine Meile weiter schwebten Polizeihubschrauber.
Max klopfte an der Tür, Ramirez stand seitlich von ihm, die Magnum schussbereit. Als niemand antwortete, gingen die Männer ums Haus herum, aber Max spürte bereits die Einsamkeit.
Die Garage war leer.
Da war ein großer, dunkler Fleck auf dem Boden, es sah aus, als hätte jemand eine Leiche dort längsgezerrt, die Spur stoppte abrupt in der Nähe der Garagentür. Reginas Blut? Oder Ethans?
»Sie sind nicht hier«, sagte Max und richtete sich wieder auf, nachdem er den Boden genauer betrachtet hatte.
Max meldete sich über Funk beim Leiter des SWAT-Einsatzkommandos, schickte eine Gruppe weg. Das verbliebene Team versammelte sich vor dem Haus, die Schilde erhoben, die Waffen gezogen. Mit einem Schuss krachten sie durch die Haustür und eilten durch die Räume, die Stiefel hallten auf den Böden. Nach fünf Minuten bestätigten sie, was Max befürchtet hatte: niemand da.
Der Gestank im Haus war so schlimm, dass einige der Männer würgten, andere hielten sich die Hände über Münder und Nasen. Der Tod.
Max kannte den Geruch.
Er schickte das SWAT-Team weg. Er schickte die Hubschrauber weg, rief bei der Spurensicherung an.
Ramirez und andere Polizisten übernahmen den Kellen, aus dem der Gestank zu kommen schien.
Das Zimmer wurde durch eine Reihe Leuchtstoffbirnen in der Mitte der Decke erhellt. Der Zementboden schimmerte fast schwarz, als wäre er endlos oft geschrubbt worden. An einer Wand standen ein Schreibtisch und ein Computer, das Microsoft-Logo wirbelte und hüpfte von einem Ende des Bildschirms zum anderen. Nicht weit vom Computer stand ein Einzelbett, ordentlich gemacht, ein weißes Kissen aufgeschüttelt und zurechtgezupft, als wartete es nur darauf, einen müden Kopf zu betten. An einer anderen Wand standen unter einem kleinen Kellerfenster, das mit milchigem Plastik bedeckt war, Holzregale voller ordentlich beschrifteter Einmachgläser. Die Gläser waren präzise aufgestellt, alle im gleichen Abstand
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