Anne Frasier
sich festzuklammern, Ethan versuchte, sich loszureißen.
Als Ethan klein gewesen war, war eines seiner Lieblingsbücher The Runaway Bunny gewesen. Vor allem gefiel ihm der Teil, wo die Hasenmama ihr Baby findet, wo auch immer es sich versteckt, egal wie verloren es ist, wie weit weg es gelaufen ist.
Barfuß, in einem weißen T-Shirt und einer grauen Jogginghose, zog Max sich einen Stuhl heran und setzte sich.
»Warum hast du mich adoptiert?«, fragte Ethan und starrte ihn mutig mit zitternden Lippen an.
»Ich habe dich adoptiert, weil ich dich wollte.«
»Das glaube ich dir nicht. Du hast mich adoptiert, weil Cecilia dich darum gebeten hat, oder?«
Max' Herz schien aufzuhören zu schlagen. Mit wem hatte Ethan gesprochen? Wer hatte ihm eine so grausame Wahrheit eingeredet?
War es das, was Ethan umtrieb? Der Glaube, dass Max ihn nicht wollte? Nicht liebte?
»Ich wusste immer, dass du meine Mutter nicht lange kanntest. Und als ich älter wurde, habe ich mich gefragt, warum du mich überhaupt adoptiert hast. Dann hat Simon, die Straße runter, mir erzählt, seine Mutter hätte ihm erzählt, Cecilia hatte dich darum gebeten, sie wollte einen Vater für mich finden, bevor sie starb. Stimmt das? ich kann dir ansehen, dass das stimmt.«
Simons Mutter, Isabelle, hatte auf Ethan aufgepasst, nachdem sie hierher gezogen waren. Es war ein perfektes Arrangement gewesen, denn sie wohnte so nahe und kümmerte sich auch noch um ein paar andere Kinder am der Nachbarschaft. Isabelle lebte kein besonders aufregendes Leben und
sorgte für Ärger, wo immer sie konnte. Sie hatte den Keim vieler Streitigkeiten zwischen Erwachsenen und Jugendlichen gesät.
»Als ich deine Mutter kennenlernte, war sie todkrank und wusste nicht, wohin«, sagte Max leise. »Ich kannte sie nur kurz, aber sie war eine der tapfersten Frauen, die ich je getroffen habe, und ich habe mich auf eine eigenartige Weise in sie verliebt. Sie war ehrlich zu mir und sagte mir gleich, dass sie nach jemand suchte, der sich um dich kümmern könnte. Sie war auf der Suche nach einem Vater für dich, und ich habe nie wirklich verstanden, warum, aber sie hat mich ausgesucht. Als sie mir von diesem Plan erzählte, bin ich davongelaufen, aber ich kam zurück. Sie hatte fast kein Geld mehr, und sie starb, sie wusste nicht wohin, also habe ich euch beide mit nach Hause genommen.«
»Wer ist meine wirkliche Mutter? Wo ist meine wirkliche Mutter?«
»Cecilia hatte eine Freundin, die schwanger wurde. Cecilia konnte selbst keine Kinder haben, deswegen adoptierte sie dich.«
»Weißt du irgendetwas über meine richtigen Eltern?«
Richtig, richtig, richtig . Max wünschte, er würde aufhören, das zu sagen.
»Cecilia sagte, deine Mutter wäre Uni-Studentin gewesen, als sie dich bekam - das ist alles, was ich weiß. Sie hat deinen Vater nie erwähnt.«
Max konnte an Ethans Blick sehen, dass er dabei war, ihn zu verlieren. Ethan stellte sich eine talentierte Mutter vor, einen fantastischen Vater. Wie konnte er zu ihm durchdringen? Wie konnte er ihn erkennen lassen, wie viel er ihm bedeutete? Wie konnte er es ihm glauben machen?
»Mein ganzes Leben ist eine Lüge.«
»Das stimmt nicht. Nichts daran ist gelogen. Ich bin dein Vater. Du bist mein Sohn.«
»Cecilia war nicht meine richtige Mutter. Was glaubst du,
wie ich mich fühle, seitdem ich das herausbekommen habe. Und was glaubst du, wie ich mich fühle, seitdem ich her bekommen habe, dass ich bloß ein weiteres deiner guten Werke bin? Ein Waisenkind, das auf deiner Schwelle lag und um das du dich gekümmert hast? Ich habe keine Brüder Schwestern, ich habe keine Mutten und jetzt erfahre ich, dass ich auch keinen Vater habe. Als ich klein war und du mich auf den Schultern getragen hast - wen hast du da getragen? Deinen Sohn? Oder den Jungen, den dir eine sterbende Frau aufs Auge gedrückt hat? Als ich klein war und du mir das Polizistenkostüm gekauft hast und mit mir zu Halloween losgezogen bist - mit wem warst du da unterwegs? Mit deinem Sohn? Oder mit einem armen, vaterlosen Schwein? Und als du mir Rollschuhlaufen beigebracht hast - mit wem hast du da geübt? Mit deinem Sohn? Oder mit einem Jungen, dem du dich verpflichtet fühltest? Kannst du nicht verstehen, was ich meine? Mein ganzes gottverdammtes Leben ist eine Lüge!«
Er rannte aus dem Zimmer, in sein Schlafzimmer, knallte die Tür zu.
Max folgte ihm und fand ihn mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett. Er weinte in sein Kissen. Ein Mann, ein Kind
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