Anne Frasier
schüttelte den Kopf. »Wollen Sie mir sagen, dieser Wahnsinnige hat sich ein Stück aus seinem eigenen Arm gesäbelt?«
»Ein kleines Geschenk für mich«, sagte Ivy.
Er starrte sie einen Augenblick lang an. Sie wirkte, wenn man die Lage bedachte, nicht sonderlich erschüttert. Als sich ihre Blicke trafen, trafen sich irgendwo in der Mitte des Zimmers auch ihre Gedanken, und da war die Frage, die sie nicht laut aussprechen konnten.
Warum hat er mich ausgewählt?
Warum hat er Sie ausgewählt?
Max zwang sich, wegzuschauen. » Fingerabdrucke?«, fragte er.
»Nichts auf der Schneekugel. Wir prüfen noch die Tür und den Flur, aber da so viele Leute in dem Haus leben, wird es schwierig sein, etwas zu finden. Aber wenn das Tattoo echt ist, besteht eine kleine Chance, dass das Labor DNA sichern kann.«
»Ich schätze, wir haben seine Aufmerksamkeit«,sagte Ivy.
Ihr Kater miaute und wand sich, dann sprang er aus ihren Armen, seine Pfoten trafen auf den Boden, und er rannte und versteckte sich unter dem Bett. »Jetzt wissen wir wenigstens, dass er Zeitung liest oder Fernsehen schaut.«
Was sollten sie mit Ivy Dunlap machen, fragte er sich. Was hatte das alles zu bedeuten? Hatte der Mörder herausbekommen, wer sie war? Oder hatte er sie nur ausgewählt, weil sie mit den Ermittlungen zu tun hatte? Er hatte die alte Angewohnheit, den Leuten, die an dem Fall arbeiteten, kleine Geschenke zu hinterlassen.
Fünf Minuten später steckten die Leute von der Spurensicherung die Schneekugel in eine Papiertüte und verließen die Wohnung. Ivy schloss die Tür hinter ihnen.
Max fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Das ist eine Entwicklung, die ich nicht erwartet hatte.«
»Ich weiß schon, was Sie denken«, sagte sie, verschränkte die Arme und lehnte sich mit der Hüfte gegen den Küchentresen. Sie trug ein langes T-Shirt - wahrscheinlich schlief sie darin - und hatte sich eine Jeans darunter angezogen. Ihre Füße waren nackt. Die Klimaanlage im Fenster pustete lauwarme, abgestandene Luft in seine Richtung. »Sie überlegen, wie schnell Sie mich mit dem Flieger hier rausschaffen können. Nein, wir wissen nicht, warum er mich ausgewählt hat. Vielleicht hat er mein Bild in der Zeitung gesehen. Mit ein wenig Geschick kann er herausbekommen haben, wo ich wohne.«
Max war am Ende. Ausgebrannt. Vollkommen erschöpft. Er ließ sich auf einen der Küchenhocker fallen. Stützte die Ellenbogen auf den Tisch und vergrub sein Gesicht in den Händen. »Scheiße. Ich kann nicht mehr denken.« Er begann zu verstehen, warum Abraham so schnell gealtert war, als er den Madonna-Mörder-Fall hatte. Max stand im Treibsand, und der Himmel fiel ihm auf den Kopf, alles gleichzeitig.
Er spürte ihre Hand auf seiner Schulter.
Schaute auf, überrascht durch die Berührung.
»Wollen Sie einen Kaffee?«, fragte sie und löste langsam ihre Hand von ihm; er begriff jetzt, dass es bloß Mitgefühl gewesen war. Waffenbrüder.
»Wie spät ist es?«
»Kurz nach vier.«
Er sollte Ethan anrufen.
Würde er gleich tun.
»Haben Sie eine Waffe?«
»Ich habe gefragt, ob Sie einen Kaffee wollen.«
Er schaute zu ihr auf. »Haben Sie eine Pistole?«
»Nein.«
»Wissen Sie, wie man mit einer umgeht?«
»Ich habe es vor ein paar Jahren gelernt.«
»Wir werden Ihnen eine besorgen. Was ist mit einem Handy? Haben Sie ein Handy?«
»Nein.«
»Dann besorge ich Ihnen auch ein Handy.«
Sie schenkte ihm eine Tasse Kaffee ein und stellte sie vor ihm auf den Tresen.
Er nahm einen Schluck. »Wir werden das Gebäude vierundzwanzig Stunden am Tag überwachen. Vielleicht jemanden in Ihre Wohnung setzen.«
»Es sollte nicht darum gehen, mich zu beschützen. Es muss darum gehen, ihn zu fassen.«
»Wir können beides gleichzeitig.«
»Danke.«
»Wofür?«
»Dass Sie nicht sofort gesagt haben, dass Sie mich nach Hause schicken wollen.«
»Darüber können Sie mit Abraham streiten. Und außerdem, was auch immer der Madonna-Mörder über Sie weiß - ob Sie für ihn Ivy Dunlap oder Claudia Reynolds sind - Sie sind immer noch unsere beste Chance, diesen Typen zu schnappen. Heute Nacht beweist das.« Er schwieg einen Moment. »Wie ist er ins Haus gelangt?«
»Jeder kann ins Haus kommen, wenn er nur lange genug an der Tür wartet. Mich lassen dauernd Leute rein.«
»Um drei Uhr morgens?«
»Könnte er hier Mieter sein? Das wäre ein eigenartiger Zufall.«
»Wir werden uns von Mr Hoffman unten die Mieterliste geben lassen.«
»Vielleicht ist er früher ins Haus
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