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Anne Gracie

Anne Gracie

Titel: Anne Gracie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zarte Küsse der Sehnsucht
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und dies hier ist mein
klei­nes Püpp­chen.“ Sie zeig­te ihm das Ba­by.
    Es lag ganz
still in Lum­pen gehüllt in ei­nem Kar­ton. In dem düs­te­ren Licht konn­te Har­ry nur
er­ken­nen, dass die Klei­ne ihn an­sah. Wel­che Far­be ih­re Au­gen hat­ten, konn­te er
nicht sa­gen, aber plötz­lich war sich Har­ry ganz si­cher – sie wür­den
bern­stein­far­ben sein, wie die ih­rer Mut­ter.
    To­rie.
End­lich.
    „Sie ist
mein klei­nes Püpp­chen“, schwärm­te die jun­ge Frau. „Hast du Hun­ger,
Lieb­chen?“ Sie hob das Ba­by be­hut­sam aus sei­nem Nest aus stin­ken­dem Stroh,
öff­ne­te ihr Mie­der und bot ihm ei­ne pral­le Brust. Sie war nicht sehr sau­ber,
und Har­ry woll­te sie schon dar­an hin­dern, das Kind zu füt­tern, doch dann
be­griff er plötz­lich, dass die­ses ein­fa­che Mäd­chen viel­leicht der Grund war,
warum To­rie un­ter solch schreck­li­chen Be­din­gun­gen über­lebt hat­te.
    Til­da
wieg­te das Ba­by beim Stil­len sanft hin und her. „Mein ei­ge­nes klei­nes Mäd­chen
ist ge­stor­ben, aber dann kam das hier zu uns, so sau­ber und hübsch. Nicht wahr,
mein Lieb­chen?“
    Har­ry
blick­te zu den bei­den an­de­ren Kar­tons hin­über. Wo­her moch­ten die­se bei­den
un­er­wünsch­ten Ge­schöp­fe wohl stam­men? Wenn Bar­row da­mals einen an­de­ren klei­nen
ver­wahr­los­ten Jun­gen nicht bei sich auf­ge­nom­men hät­te ... Gott al­lein wuss­te,
was dann aus Har­ry ge­wor­den wä­re.
    Er war­te­te,
bis To­rie sich satt ge­trun­ken hat­te. „Ich neh­me sie jetzt mit“, sag­te er
zu Til­da, als sie die Klei­ne an ih­re Schul­ter leg­te. Sie mach­te ein
un­glück­li­ches Ge­sicht. „Es wird ihr gut ge­hen, ich brin­ge sie zu­rück zu ih­rer
Mut­ter. Aber ich dan­ke Ih­nen, dass Sie sich so gut um sie ge­küm­mert
ha­ben.“ Er sah zu den bei­den an­de­ren Ba­bys hin­über. „Ich ge­be Ih­nen jetzt
fünf Schil­lin­ge, wenn Sie die bei­den von nun an ge­nau­so füt­tern wie Ihr klei­nes
Püpp­chen. In ein paar Wo­chen kommt je­mand und gibt Ih­nen ei­ne Gui­nee, wenn sie
dann noch am Le­ben sind. Wür­den Sie das für mich tun, Til­da?“
    Sie nick­te
und griff has­tig nach den Mün­zen, da­bei warf sie einen ver­stoh­le­nen Blick über
ih­re Schul­ter in das an­de­re Zim­mer.
    „Jetzt
zie­hen Sie sie warm an, ich brin­ge sie nach Hau­se.“ Til­da wi­ckel­te To­rie
in ein paar schmut­zi­ge Tü­cher. „Sie braucht noch ih­re Pup­pe.“
    Har­ry
run­zel­te die Stirn. „Wel­che Pup­pe?“
    Til­da nahm
ei­ne klei­ne Lum­pen­pup­pe aus dem Kar­ton, in dem To­rie ge­le­gen hat­te. „Die ge­hört
ihr.“
    „Sehr
schön.“ Har­ry steck­te die Pup­pe in sei­ne Ta­sche. „So, und nun ge­ben Sie
sie mir.“ Vor­sich­tig trug er sie in das an­de­re Zim­mer; er hat­te noch nie
ein Ba­by auf dem Arm ge­habt.
    „Sie ha­ben
sie al­so ge­fun­den“, stell­te die Frau fest, die sich „Mut­ter“ nann­te.
Sie streck­te ei­ne schmut­zi­ge Hand aus. „Das macht dann zwan­zig Pfund.“
    „Wie
bit­te?“
    Sie zuck­te
die Ach­seln und hör­te sich an wie ein Pfer­de­händ­ler. „Sie ist ge­sund und ein
bra­ves klei­nes Ding. Sie weint fast nie, und ich muss­te ihr so gut wie nie ei­ne
Do­sis ver­pas­sen.“
    Er run­zel­te
die Stirn. „Ei­ne Do­sis?“
    An­statt zu
ant­wor­ten, bück­te sich die Frau und hob ei­ne grü­ne Fla­sche hoch, die ne­ben
ih­rem Stuhl stand. „Ab­sinth“, grins­te sie und zeig­te da­bei ih­re fau­li­gen
Zahn­stümp­fe. „Bes­ser als Mut­ter­milch, wenn man ein Ba­by be­ru­hi­gen will.“
Sie ent­kork­te die Fla­sche. „Gut für das Ba­by und gut für mich.“ Sie nahm
einen kräf­ti­gen Schluck, schmatz­te zu­frie­den und hielt Har­ry die Fla­sche hin.
    Er lehn­te
ab und schüt­tel­te sich bei dem Ge­dan­ken an all den Ab­sinth, den er ein­mal im
Hin­ter­zim­mer von Jack­sons Box­ver­ein ge­trun­ken hat­te. Er sah die Frau an und
schüt­tel­te sich er­neut. So et­was Ba­bys zu ge­ben – großer Gott!
    Er wuss­te,
dass das durch­aus vor­kam. Im Krieg hat­ten ei­ni­ge der Frau­en, die der Trup­pe
nach­zo­gen, ih­ren Ba­bys ein we­nig Gin oder Rum ein­ge­flö­ßt, da­mit sie still
blie­ben. Aber was Men­schen im Krieg ta­ten, war ei­ne Sa­che. Das hier war

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