Anne Gracie
alten Wiege, die er vom Dachboden geholt hatte. Marcus
war ganz in Tories Anblick versunken.
Harry
straffte die Schultern. Er war gekommen, um seinen Stolz zu überwinden und sich
bei seinem Bruder zu bedanken. Innerhalb von zwei Stunden nach Tories Ankunft
in Alverleigh hatte Marcus eine Amme für sie gefunden, eine gesunde, gutmütige
junge Frau, die auf dem Besitz lebte und selbst gerade ein Baby geboren hatte.
Als Harry
ins Zimmer kam, sah Marcus etwas verlegen auf. Harry verstand sofort, warum.
Torie sah den Earl mit ihren großen Augen an und umklammerte seinen Finger auf
eine Art, die Harry nur zu gut kannte.
Mit der
anderen kleinen Hand fuchtelte sie herum. Harry hielt sie fest und wollte sie
unter die Decke stecken, doch Torie griff nach seinem Finger und ließ nicht
mehr los. Jetzt hatte sie sie alle beide fest im Griff.
„Sie packt
zu wie ein kleiner Ringkämpfer“, sagte Marcus weich.
„Ich
weiß.“
„Jedes Mal,
wenn ich meinen Finger wegziehen will, verzieht sie ihr kleines Gesicht und
fängt an zu weinen.“
„Ich
weiß.“
Die Männer
standen rechts und links von der Wiege, beide gehalten von zwei winzigen
Händen. Eine ganze Weile sprach keiner von ihnen. „Ich möchte mich dafür
entschuldigen, wie wir euch in der Schule behandelt haben.“
Harry
schwieg.
„Und dafür,
was damals auf den Stufen vor Alverleigh House geschehen ist“, fuhr Marcus
fort. „Es war falsch von Vater, dich so zu behandeln. Im Haus haben Nash und
ich mit ihm deswegen gestritten, aber er war unnachgiebig.“
Harry
schluckte.
„Er war ein
harter Mann, unser Vater“, sagte Marcus. „Es tut mir leid.“
Und mit
diesen wenigen, schlichten und unmissverständlichen Worten löste sich der Groll
aus all den Jahren der Feindschaft langsam in Harrys Herzen auf.
„Danke,
dass du die Amme besorgt hast“, erwiderte er und Marcus verstand, was er
meinte. Sie waren beide wortkarge Männer. Letzten Endes waren sie ja doch
Brüder.
18. Kapitel
ie
Hochzeit fand am
Weihnachtsabend statt, und sie war wunderschön.
Die alte
Familienkapelle der Alverleighs war über und über geschmückt mit Blumen aus den
Gewächshäusern des Besitzes: Amaryllis, weiße Narzissen, Christrosen und
leuchtend rote Weihnachtssterne.
Die Orgel
spielte leise, als die Gäste auf den alten mit Bienenwachs polierten
Kirchenbänken aus Eiche Platz nahmen.
Es war eine
Hochzeit im Familienkreis, allerdings waren die Renfrews eine große Familie.
Die Kapelle war voller Gratulanten. Tante Maude saß in der ersten Reihe, ein
Spitzentaschentuch griffbereit. Tibby und Ethan saßen nebeneinander und
hielten verstohlen Händchen. Tibbys Augen leuchteten. Nash hatte neben Tante
Maude Platz genommen, während Rafe und Luke neben Harrys geliebten Pflegeeltern
saßen, den Barrows. Mrs Barrow und Nells altes Kindermädchen Aggie beugten sich
entzückt über Torie. Freckles saß neben der Kapellentür, frisch gebürstet vom
Prinzen von Zindaria, und sie trug eine festliche rote Schleife um den Hals.
Harry stand
mit seinem Bruder Gabriel vor dem Altar.
Die Musik
schwoll an, und unter den Klängen des Hochzeitsmarsches betrat Nell an Marcus'
Arm die Kapelle. Sie trug ein erlesenes cremefarbenes Kleid aus Samt und Seide
mit zartgrünen und pfirsichfarbenen Litzen. Ihr Brautstrauß bestand aus cremeweißen
Orchideen, eine einzelne Orchidee steckte in ihrem Haar.
Harrys Herz
floss über.
Prinzessin
Caroline begleitete sie; sie leuchtete geradezu in ihrem smaragdgrünen
Samtkleid, zu dem sie das Diadem ihrer Mutter trug. Ihr folgten zwei kleine,
ernst dreinblickende Jungen in zindarianischen Galauniformen.
Nell hatte
nur Augen für Harry, als sie den
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