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Anne in Windy Willows

Titel: Anne in Windy Willows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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jeder hätte es so warm und behaglich wie wir.«

Kapitel 5
    Als Anne eine Woche später im Zug nach Green Gables saß, war sie in Gedanken schon beim Weihnachtsfest und konnte es kaum erwarten. Die Welt um sie herum schimmerte weiß und ab und zu blitzten die Sonnenstrahlen durch dunkle Tannen und kahle Laubwälder. Katherine sagte nichts, machte aber auch keinen mürrischen Eindruck.
    »Erwarten Sie keine Unterhaltung von mir«, hatte sie gleich zu Beginn ihrer Reise zu Anne gesagt.
    »Das tue ich nicht«, wehrte die gleich ab. »Ich gehöre nicht zu diesen schrecklichen Leuten, die meinen, dass man sich ständig mit ihnen unterhalten muss. Wir werden einfach nur dann reden, wenn uns danach ist.« Und so verging die Reise in Schweigen.
    Davy erwartete sie schon in einem großen Zweisitzerschlitten, in dem eine Menge Pelze lagen, und Anne und Katherine machten es sich auf dem Rücksitz bequem. Wenn sie nach Hause kam, war diese Fahrt vom Bahnhof bis Green Gables für Anne immer ein besonderer Genuss. Der Schnee knirschte unter den Kufen, das Klingeln der Glöckchen drang durch die schneebeladenen Tannen und auf dem vorletzten Hügel konnten sie im Mondschein den Golfsehen.
    »Es gibt eine ganze bestimmte Stelle, wo ich jedes Mal plötzlich das Gefühl habe, dass ich zu Hause bin«, sagte Anne. »Das ist der höchste Punkt auf dem nächsten Hügel, von wo aus man schon die Lichter von Green Gables sieht. Es ist, als ob der Duft des Abendessens, das Marilla für uns bereithält, bis hier herüberzieht. Oh, ich freue mich so, wieder zu Hause zu sein!«
    Auf Green Gables angekommen, war es Anne, als würden alle Bäume im Hof und alle erleuchteten Fenster sie willkommen heißen. Und was für ein herzlicher Empfang, es war ein einziges Umarmen und Lachen! Katherine wurde begrüßt, als gehöre sie zur Familie. Mrs Rachel Lynde hatte sogar ihre gute Salonlampe auf den Esstisch gestellt und angezündet - ein abscheuliches Ding mit einem abscheulichen roten Lampenschirm aber sie verbreitete so ein warmes, behagliches Licht! Und wie hübsch Dora geworden war! Und Davy sah fast schon wie ein Mann aus.
    Es gab schrecklich viele Neuigkeiten: Diana hatte ein Töchterchen bekommen; Josie Pye hatte endlich einen Verehrer; und Charlie Sloane hatte sich angeblich verlobt.
    »Wenn du nach Hause kommst, Anne«, stellte Davy nach ein paar Stunden fest, »ist es, als ob alles zum Leben erwacht.« Nach dem Essen sagte Anne zu Katherine: »Es ist so eine schöne Mondnacht. Hätten Sie nicht Lust zu einer kleinen Skifahrt, Miss Brooke? Ich glaube, Sie können Ski fahren, nicht wahr?«
    »Ja, das ist das Einzige, was ich wirklich kann. Allerdings habe ich vor sechs Jahren das letzte Mal auf den Brettern gestanden«, gab sie zu bedenken. Doch der Einwand war rasch beseitigt.
    Anne kramte ihre Skier aus der Dachkammer hervor, während Davy zu Diana hinüberflitzte, um sich ein Paar für Katherine auszuleihen. So fuhren sie wenig später zusammen durch die Liebeslaube, über Felder und offene Lichtungen durch geheimnisvolle kleine Wälder.
    Sie sprachen dabei kein einziges Wort, denn es war, als fürchteten sie, damit etwas Schönes zu zerstören. Dabei fühlte sich Anne Katherine Brooke so nahe wie nie zuvor. Irgendwie brachte sie diese Winternacht zusammen - zumindest beinah.
    Als sie auf die Hauptstraße zurückkamen und ein Schlitten vorbeiflitzte, aus dem Glockengeklingel und fröhliches Gelächter drang, seufzten beide auf. Es war ihnen, als ließen sie etwas hinter sich, das so ganz anders war als die Welt, in die sie nun zurückkehrten, etwas, das keine Zeit kannte, in dem die Jugend unsterblich war und wo man einander verstand, ohne viel überflüssige Worte zu machen.
    »Es war wundervoll«, sagte Katherine wie zu sich selbst, sodass Anne es vorzog, nicht zu antworten.
    Sie fuhren die Straße zu Green Gables hinauf, als plötzlich ein Laut die Stille unterbrach.
    »Katherine! Sie - Sie weinen doch nicht?«, Es schien Anne unvorstellbar. Aber Katherine weinte tatsächlich und ihre Tränen machten sie plötzlich so menschlich. Anne spürte keinen Widerstand mehr gegen sie.
    »Katherine, was haben Sie denn? Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie besorgt.
    »Oh, das verstehen Sie nicht!«, keuchte Katherine. »Für Sie ist immer alles so einfach. Ihre - Ihre Welt ist voller Schönheit und Romantik. Aber ich, ich habe vergessen, was es heißt zu leben - nein, ich habe es nie gewusst. Ich bin wie ein Tier im Käfig und ich komme nie wieder

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