Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Anne in Windy Willows

Titel: Anne in Windy Willows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
Vom Netzwerk:
starke Konstitution gehabt.«
    »Ich glaube, meine Konstitution ist ganz gut«, lachte Anne. »Ich habe heute Abend bloß ein bisschen Halsweh, das ist alles.«
    »Aha!«, rief Kusine Ernestine triumphierend und sah erneut Unheil heraufziehen. »Bei Halsschmerzen heißt es aufpassen! Das sind die typischen Anzeichen für Diphterie und Tonsillitis. Aber trösten Sie sich: Sie ersparen sich eine Menge Ärger, wenn Sie jung sterben.«

Kapitel 9
    Turmzimmer 
    Windy Willows 
    20. April
     
    Mein lieber, armer Gilbert!
    Ich fürchte, ich ende noch im Armenhaus. Ich fürchte, meine Schüler schaffen die Abschlussprüfung nicht. Mr Hamiltons Hund hat mich am Sonntagabend angebellt, ich fürchte, ich kriege Hydrophobie davon. Ich fürchte, ich finde heute Abend eine Maus im Bett. Ich fürchte, du hast dich bloß mit mir verlobt, weil ich immer um dich rum war...
    Nein, mein Schatz, ich bin nicht verrückt - noch nicht. Das sind bloß die Nachwirkungen von Kusine Ernestine Bugles Besuch. Jetzt weiß ich, warum Rebecca Dew sie immer »Miss Sorgenvoll« nennt. Dabei gibt es schon so viele Schwarzseher auf der Welt, die in ständiger Angst vor morgen leben und deshalb keinen einzigen Tag wirklich genießen können.
    Gilbert, hoffentlich werden wir nicht auch so! Lass uns wagemutig und abenteuerlustig sein und uns auf das freuen, was uns das Leben beschert, auch wenn es ein Haufen Sorgen und Typhus und Zwillinge sind!
    Heute war es warm wie im Juni. Der Schnee ist ganz weggetaut und die Wiesen und die sonnigen Hügel verkünden schon den Frühling. Noch vor wenigen Stunden habe ich in meinem Turmzimmer gesessen und die Stille des Regens genossen, aber jetzt ist es stürmisch geworden. Die Wolken jagen über den Himmel und dazwischen versucht der Mond in aller Eile, mit seinem Schein die Erde zu überstrahlen.
    Ich stelle mir vor, wie schön es wäre, wenn wir beide heute Abend Hand in Hand die langen Straßen in Avonlea entlangschlendern könnten! Gilbert, ich glaube, ich bin fürchterlich in dich verliebt.

Kapitel 10
    »Ich bin ja so anders als all die anderen«, seufzte Hazel.
    Es war wirklich schrecklich, so anders zu sein als andere Leute, gleichzeitig aber so erhebend, als käme man von einem anderen Stern. Nicht um alles in der Welt hätte Hazel zum gemeinen Volk gehören wollen, und wenn sie noch so sehr unter ihrer Andersartigkeit leiden musste.
    »Aber jeder ist anders als all die anderen«, lachte Anne.
    »Sie haben gut lachen.« Hazel klatschte in ihre makellosen Hände und sah Anne bewundernd an. Sie hatte die Angewohnheit, in jedem Satz mindestens ein Wort ganz besonders hervorzuheben. »Sie haben so ein bezauberndes Lächeln - aufregend geradezu. Ich habe vom ersten Augenblick an gewusst, dass Sie alles verstehen würden. Manchmal glaube ich fast, ich verfüge über übersinnliche Kräfte, Miss Shirley. Mein Instinkt sagt mir immer sofort, ob ich jemanden mag oder nicht. Als ich Sie sah, flüsterte mir meine innere Stimme zu: >Wenn dich auch sonst niemand versteht, sie wird dich verstehen.< Miss Shirley, bitte sagen Sie mir, mögen Sie mich auch ein bisschen, nur ein ganz kleines bisschen?« Sie schlug bedeutsam ihre Augen auf.
    »Ich finde dich sehr lieb«, sagt Anne lächelnd. Es war so einfach, Hazel gern zu haben.
    Hazel hatte Anne in ihrem Turmzimmer aufgesucht, um ihr gründlich ihr Herz auszuschütten. Der Mond ging gerade auf und die Dämmerung warf ihren Schein auf die blutroten Tulpen unter den Fenstern.
    »Bitte, machen Sie jetzt noch kein Licht«, bat Hazel.
    »Gut«, stimmte Anne zu. »Es ist schön, so in die Dunkelheit hineinzuschauen. Ich finde, wenn man Licht macht, wird die Dunkelheit oft zum Feind und schaut drohend herein.«
    »Ich kann zwar auch so denken , aber ich kann es nie so wunderbar ausdrücken wie Sie«, jammerte Hazel nun. »Sie sprechen die Sprache der Veilchen, Miss Shirley.«
    Hazel hätte zwar selbst nicht erklären können, was sie damit meinte, aber das tat ja nichts zur Sache. Hauptsache, es klang poetisch. Hazel Marr war ganz vernarrt in Anne. Die Marrs kamen aus Charlottetown und waren im Winter neu zugezogen. Hazel war eine »Herbstblondine«, wie sie sich gern zu bezeichnen pflegte; sie hatte goldbraunes Haar und braune Augen und war ziemlich eingebildet, seit sie entdeckt hatte, dass man sie für hübsch hielt. Aber sie war trotzdem beliebt, besonders bei den Jungen, die ihre Augen und ihre Haare unwiderstehlich fanden.
    Anne mochte sie auch. Nach der Schule war sie

Weitere Kostenlose Bücher