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Anne in Windy Willows

Titel: Anne in Windy Willows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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konnte. Anne versucht vergeblich, sie zu überzeugen, dass sie keine Enzyklopädie brauche und dass die High-School schon eine sehr gute besäße.
    »Die ist bestimmt längst nicht mehr aktuell«, wehrte Miss Pamela Annes Ausflüchte beharrlich ab. »Kommen Sie, Miss Shirley, setzen Sie sich zu mir auf diese Bank und ich zeige Ihnen meinen Prospekt.«
    »Ich fürchte, ich habe keine Zeit, Miss Drake«, meinte Anne. »Ich muss auf die Kinder aufpassen.«
    »Es dauert nur ein paar Minuten. Ich wollte Sie sowieso aufsuchen, Miss Shirley, und durch Zufall treffe ich Sie hier. Geht spielen, Kinder, während Miss Shirley und ich kurz diesen schönen Prospekt durchsehen.« Pamela Drake winkte heftig mit einem bunten Bogen Papier.
    »Mama hat Miss Shirley aber kommen lassen, damit sie auf uns aufpasst«, sagte Geraldine und warf ihre zarten Locken zurück. Aber Gerald zerrte sie ins Haus und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Nun, Miss Shirley, sehen Sie sich das Buch mal genau an«, stürzte sich Mrs Drake auf ihre Aufgabe. »Dieses wunderbare Papier . . . Fühlen Sie mal . . . diese großartigen Gravüren... dieser hervorragende Druck - selbst ein Blinder könnte es lesen. Und das für sage und schreibe achtzig Dollar, acht Dollar als Anzahlung und dann acht Dollar monatlich. So eine Gelegenheit finden Sie nie wieder. Es ist ein Einführungspreis. Nächstes Jahr kostet das Buch hundertzwanzig Dollar.«
    »Aber ich möchte keine Enzyklopädie, Miss Drake«, sagte Anne verzweifelt.
    »Natürlich möchten Sie eine. Jeder möchte eine Enzyklopädie - eine Nationalenzyklopädie. Ich kann mir überhaupt nicht mehr vorstellen, wie ich jemals ohne eine Nationalenzyklopädie leben konnte. Leben! Früher lebte ich nicht, sondern existierte bloß. Hier haben wir zum Beispiel den Kasuar. Haben Sie jemals einen Kasuar gesehen, Miss Shirley?«
    »Aber, Miss Drake, ich -«
    »Sollten Sie den Preis etwas überhöht finden, dann kann ich Ihnen als Lehrerin sicher einen kleinen Nachlass gewähren: Sechs Dollar monatlich statt acht. Ein solches Angebot können Sie nun wirklich nicht zurückweisen, Miss Shirley.« Miss Drake sah sie triumphierend an.
    Anne hatte so langsam auch das Gefühl. Sollte sie nicht besser in den sauren Apfel beißen und die sechs Dollar monatlich zahlen? Hauptsache, sie war dieses aufdringliche Ungeheuer los! Und überhaupt - wo waren die Zwillinge? Es war verdächtig still. Wenn sie nun ihre Boote in der Badewanne fahren ließen? Oder durch die Hintertür entwischt waren und im Teich wateten?
    Anne machte einen weiteren bedauernswerten Versuch, ihr zu entkommen. »Ich überlege es mir, Miss Drake, und sage Ihnen dann Bescheid.«
    »Da gibt es doch nichts zu überlegen«, meinte Miss Drake und zog rasch ihren Füllfederhalter aus der Tasche. »Sie wissen doch ganz genau, dass Sie die Enzyklopädie haben wollen, also können Sie genauso gut jetzt gleich unterschreiben. Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Der Preis kann jeden Moment steigen und dann heißt es hundertzwanzig Dollar hinlegen. Bitte, Miss Shirley, hier unterschreiben.«
    Anne fühlte unwillkürlich den Füllfederhalter in ihrer Hand. Im nächsten Moment ... im nächsten Moment stieß Miss Drake einen markerschütternden Schrei aus, sodass Anne den Füllfederhalter fallen ließ und sie erschrocken anstarrte. Sollte das Miss Drake sein - dieses unbeschreibliche Individium ohne Hut, ohne Brille und fast ohne Haare? Hut, Brille und Haarteil schwebten über ihr ihn der Luft, auf halbem Weg zum Badezimmerfenster, aus dem zwei Blondschöpfe herausschauten. Gerald hielt eine Angelrute mit zwei Haken am Ende in der Hand, an denen jetzt eine dreifache Beute hing. Ein erstaunlicher Glücksfall!
    Anne rannte ins Haus und die Treppe hinauf, aber als sie im Badezimmer ankam, waren die Zwillinge schon entwischt. Gerald hatte die Angel fallen lassen, und als Anne kurz aus dem Fenster sah, erblickte sie eine wutentbrannte Miss Drake, die gerade ihre abhanden gekommenen Besitztümer einsammelte und den Weg zum Tor einschlug. Es war wohl das erste Mal, dass Miss Pamela Drake mit ihrem Werbeartikel nicht landen konnte.
    Anne entdeckte die beiden Unschuldsengel Äpfel essenderweise auf der Veranda hinter dem Haus. Was tun? Ein solches Benehmen konnte man unmöglich einfach durchgehen lassen, andererseits hatte Gerald Anne ohne Zweifel aus einer schwierigen Situation gerettet und Miss Drake war einfach ein Scheusal, das mal eine Lektion verdient

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