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Anne in Windy Willows

Titel: Anne in Windy Willows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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sich langsam unbehaglich und wusste nicht mehr so recht, wie sie sich verhalten sollte. Gerald, der ohne Zweifel der hübscheste Junge der ganzen Straße war, spukte ihr nämlich schon seit längerem im Kopf herum. Also sagte sie zu ihm: »Ich bin herübergekommen, um dir zu sagen, dass du mein Schwarm bist.« Dabei warf sie ihm einen viel sagenden Blick zu. Mit ihren siebenJahren hatte sie schon herausgefunden, dass sie mit diesem Blick kleine Jungen ganz schön verwirren konnte.
    Gerald wurde puterrot. »Ich will nicht dein Schwarm sein«, erklärte er und stand von der Bank auf, auf der er gesessen hatte.
    »Doch, du musst«, wiederholte Ivy ruhig.
    »Doch, du musst«, wiederholte auch Geraldine.
    »Ich denke nicht daran!«, rief Gerald wütend. »Und du hältst ab sofort deinen Mund, Ivy Trent!«
    »Du musst«, beharrte Ivy.
    »Du musst«, echote Geraldine, die ihr neues Spiel wunderbar fand.
    Ivy starrte sie an. »Sei du endlich still, Geraldine Raymond!«
    »Auf meinem Hof kann ich reden, so viel ich will«, sagte Geraldine.
    »Klar, kann sie«, sagte Gerald. »Und wenn du nicht sofort still bist, Ivy Trent, geh ich rüber zu dir nach Hause und quetsche deiner Puppe die Augen aus.« Er meinte es ernst.
    »Meine Mutter würde dir den Hinter versohlen«, weinte nun Ivy.
    »Soso, würde sie? Soll ich dir mal sagen, was meine Mutter dann mit deiner machen würde? Sie würde sie auch verhauen!«
    »Auf jeden Fall musst du mein Schwarm sein«, fing Ivy wieder an.
    »Ich - ich tunke dich in die Regentonne!«, schrie Gerald außer sich vor Zorn. »Ich drücke dich mit dem Gesicht in den nächsten Ameisenhaufen! Ich - ich reiß dir die Schleife vom Kopf!« Letzeres schien ihm noch am ehesten durchführbar.
    »Au ja, das machen wir!«, stimmte Geraldine begeistert zu. Sie stürzten auf die arme Ivy los. Es nützte ihr kein Treten, kein Kreischen und kein Beißen, sie kam nicht gegen die beiden an. Mit vereinten Kräften schleppten sie Ivy über den Hof in den Holzschuppen, wo niemand ihr Gezeter hören konnte.
    »Beeil dich«, keuchte Geraldine, »sonst kommt Miss Shirley gleich raus!«
    Gerald hielt Ivys Beine fest, während Geraldine ihre Handgelenke umklammerte und ihr die Schleife vom Kopf riss. »Komm, wir malen ihr die Beine an«, rief Gerald, der soeben ein paar Farbeimer entdeckt hatte. »Ich halte sie fest und du malst sie an.«
    lvy kreischte verzweifelt, aber umsonst. Ihre Strümpfe wurden herabgezogen und in wenigen Minuten waren ihre Beine mit roten und grünen Streifen verziert. Dabei bekamen auch ihr besticktes Kleid und ihre neuen Stiefel eine Portion Farbe ab. Als Krönung des Ganzen wurde ihr Haar mit Kletten gespickt. Was für ein bedauernswerter Anblick! Die Zwillinge stimmten ein Freudengeschrei an. Das war die wohlverdiente Rache für Ivys überhebliches Getue.
    »So, jetzt kannst du nach Hause gehen«, erklärte Gerald dann. »Das hast du nun davon, dass du dir einbildest, ich wäre dein Schwarm.« Er verschränkte die Arme.
    »Das sag ich meiner Mutter«, heulte lvy. »Sofort gehe ich nach Hause und sag meiner Mutter, was du getan hast, du schreckliches, hässliches Ungeheuer!«
    »Untersteh dich, meinen Bruder hässlich zu nennen, du eingebildete Ziege!«, rief Geraldine. »Du mit deiner blöden Schleife. Da, nimm sie mit, sie liegt hier bloß rum!« lvy packte ihre Schleife und rannte schluchzend über den Hof auf die Straße.
    »Schnell rauf ins Badezimmer, bevor Miss Shirley uns sieht!«, drängte Geraldine.

Kapitel 4
    Als Mr Grand alles Nötige mit Anne besprochen hatte, verabschiedete er sich und ging. Anne blieb noch einen Augenblick an der Tür stehen, um nach ihren Schützlingen Ausschau zu halten. In diesem Augenblick kam eine Frau die Straße heraufgeeilt und stürmte mit grimmiger Miene zum Gartentor herein, an der Hand ein schluchzendes Häufchen Elend.
    »Miss Shirley, wo ist Mrs Raymond?«, fragte Mrs Trent aufgebracht.
    »Mrs Raymond ist -«
    »Ich wünsche Mrs Raymond auf der Stelle zu sprechen, damit sie sieht, was ihre Kinder mit meiner armen kleinen Ivy gemacht haben. Da, sehen Sie sich das an, Miss Shirley!«
    »Oh, Mrs Trent, es tut mir ja so schrecklich Leid!«, sagte Anne verzweifelt. »Es ist alles meine Schuld. Mrs Raymond ist nicht da und ich habe ihr versprochen, auf die Kinder aufzupassen. Aber dann kam Mr Grand vorbei -«
    »Nein, Ihre Schuld ist das nicht, Miss Shirley. Ihnen mache ich keine Vorwürfe. Niemand ist in der Lage, diese Satansbraten zu bändigen. Sie

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