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Anne in Windy Willows

Titel: Anne in Windy Willows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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sind in der ganzen Straße berüchtigt. Wenn Mrs Raymond nicht da ist, brauche ich mich hier nicht länger aufzuhalten. Aber sie wird von mir hören, das können Sie mir glauben!... Hören Sie das auch, Miss Shirley? Ich glaube, sie reißen sich da oben gegenseitig die Haare aus.«
    Lautes Gekreische und Geheule drang durchs Haus. Anne lief hinauf. Auf dem Treppenabsatz gab es ein fürchterliches Gerangel, die Zwillinge kratzten und bissen um sich und zerrten sich gegenseitig an den Haaren. Nur mit Mühe gelang es Anne, die beiden zu trennen und festzuhalten. In ernstem Ton wollte sie wissen, was das zu bedeuten hätte.
    »Sie sagt, ich muss Ivys Schwarm sein!«, knurrte Gerald.
    »Ja, das muss er!«, brüllte Geraldine.
    »Ich will nicht -«
    »Du musst -«
    »Kinder!«, rief Anne, dass es im Treppenhaus widerhallte. Ihre Stimme sorgte augenblicklich für Ruhe. Erstaunt sahen die beiden Miss Shirley an. Autorität war etwas Neues für sie. »Du, Geraldine«, sagte Anne in ruhigem Ton, »gehst für zwei Stunden ins Bett. Und du, Gerald, verziehst dich so lange in die Abstellkammer. Und ich möchte keinen Ton hören! Ihr habt euch abscheulich benommen und Strafe muss sein. Eure Mutter hat mich beauftragt, auf euch aufzupassen, und also gehorcht ihr mir.«
    »Dann bestrafen Sie uns zusammen«, jammerte Geraldine und fing an zu weinen.
    »Ja. Sie haben kein Recht, uns zu trennen. Wir sind noch nie getrennt worden«, murrte Gerald.
    »Dann werdet ihr es jetzt«, sagte Anne so ruhig wie zuvor. Kleinlaut schlich Geraldine in ihr Zimmer, zog sich aus und legte sich ins Bett. Kleinlaut schlich Gerald in die Abstellkammer. Die Kammer war ziemlich geräumig und hatte ein Fenster, und es stand ein Stuhl darin, sodass man nicht gerade von einer harten Strafe sprechen konnte. Anne schloss die Tür ab und setzte sich ans Flurfenster, um zu lesen. Wenigstens für zwei Stunden würde sie jetzt etwas Ruhe haben.
    Als Anne wenig später zu Geraldine hineinschaute, war diese fest eingeschlafen. Im Schlaf sah sie so reizend aus, dass Anne fast Reue überkam. Trotzdem - ein kleines Nickerchen konnte ihr nicht schaden. Wenn sie aufwachen sollte, bevor die zwei Stunden um waren, würde Anne ihr erlauben aufzustehen.
    Eine Stunde später schlief Geraldine immer noch. Gerald hatte sich während dieser Zeit so ruhig verhalten, dass Anne beschloss, ihm zu verzeihen. Schließlich war Ivy Trent ja wirklich ein kleines, gemeines Biest und hatte die beiden sicher tüchtig herausgefordert.
    Anne schloss die Kammer auf, aber - kein Gerald war in Sicht! Das Fenster, unter dem sich das Verandadach befand, stand weit offen. Anne biss sich auf die Lippen und marschierte hinunter auf den Hof. Kein Gerald weit und breit. Sie suchte den Schuppen ab und schaute auf der Straße nach. Von Gerald keine Spur.
    Sie lief durch den Garten und weiter auf den überwucherten Weg, der zu dem kleinen Teich auf Mr Robert Creedmores Feld führte. Gerald stand auf einer freien Stelle am Teich und war gerade dabei, eine Stange in den Schlamm zu rammen. In dem Moment, als Anne auftauchte, kippte die Stange um, und Gerald fiel Hals über Kopf ins Wasser.
    Anne schrie erschrocken auf. Es bestand jedoch kein Grund zur Besorgnis, denn der Teich reichte Gerald an seiner tiefsten Stelle noch nicht einmal bis zur Schulter und an der Stelle, wo er hineingefallen war, ging ihm das Wasser bloß bis zum Bauch. Er raffte sich schnell wieder auf und machte ein dummes Gesicht. Nun kam Geraldine auf Annes Geschrei hin im Nachthemd angelaufen.
    Mit dem verzweifelten Ausruf »Gerald« machte sie einen Riesensatz auf ihn zu und landete mit einer gewaltigen Fontäne direkt neben ihm. Fast hätte sie ihn dabei noch einmal umgerissen.
    »Gerald, bist du ertrunken?«, schrie sie, als sie wieder auftauchte.
    »Nein, nein .. .schon gut«, versicherte Gerald zähneklappernd. Sie fielen sich in die Arme und drückten sich fest aneinander. »Ihr kommt jetzt sofort da heraus!«, rief Anne.
    Sie wateten ans Ufer, zitterten dabei ganz erbärmlich und bekamen langsam blaue Gesichter. Anne sagte kein Wort, sondern schickte sie so schnell wie möglich zurück ins Haus. Sie zog ihnen die nassen Kleider aus und steckte beide mit heißen Wärmflaschen an den Füßen in Mrs Raymonds Bett. Aber sie hörten einfach nicht auf zu zittern. Hoffentlich hatten sie sich nicht erkältet oder bekamen womöglich eine Lungenentzündung.
    »Sie hätten eben besser auf uns aufpassen müssen, Miss Shirley«, sagte Gerald

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