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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
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Arme.
    »Marius, vergib mir«, sagte ich.
    »Sag so etwas nicht. Ich bin schuld an allem, was passiert ist. Und ich habe dich nicht davor bewahrt.«
    Wir lagen einander in den Armen. Mich verlangte danach, meine Zähne in seine Haut zu drücken, sein Blut zu trinken, und dann tat ich es und spürte, wie auch er von mir trank. Dies war eine so überwältigende Vereinigung, wie ich sie in einem Ehebett nie erfahren hatte, und ich gab mich ihr so ungehemmt hin, wie ich mich noch nie im Leben jemandem hingegeben hatte.
    Plötzlich fühlte ich mich erschöpft. Ich entzog mich ihm.
    »Komm mit«, sagte er. »Dein Sklave schläft. Aber im Laufe des Tages, wenn wir schlafen müssen, wird er all deine Besitztümer hierher bringen, samt den beiden Mädchen, wenn du sie behalten willst.«
    Wir stiegen die Stufen hinunter und betraten einen anderen Raum. Marius benötigte all seine Kraft, um die Tür-flügel zu öffnen, was bedeutete, dass kein Sterblicher sie hätte öffnen können.
    Da stand ein schlichter Sarkophag aus Granit. »Kannst du den Deckel heben?«, fragte Marius.
    »Ich fühle mich schwach!«
    »Das macht die aufgehende Sonne. Versuch es einfach. Schieb ihn zur Seite.«
    Ich schaffte es, und darunter fand ich ein Bett aus zerdrückten Lilienblüten und Rosenblättern, seidenen Kissen und zerpflückten getrockneten Blüten, die einen süßen Duft verströmten.
    Ich stieg hinein, setzte mich und streckte mich schließ-
    lich in der steinernen Zelle aus. Marius nahm seinen Platz neben mir ein und schob den Deckel zu. Das Licht der Welt war nun vollkommen ausgeschlossen, als wäre das der Wunsch der Toten.
    »Ich bin ganz schläfrig, ich kann kaum noch Worte bilden.«
    »Welch ein Segen«, spottete er sanft.
    »Du könntest dir die Beleidigungen sparen«, murmelte ich, »aber ich vergebe dir.«
    »Pandora, ich liebe dich«, sagte er hilflos.
    »Komm«, bat ich und griff zwischen seine Beine. »Fülle mich aus, halt mich fest.«
    »Das ist albern und abergläubisch!«
    »Nein, weder noch«, beharrte ich, »es ist symbolhaft und tröstlich.«
    Er gehorchte. Unsere Körper waren eins, verbunden durch sein steriles Organ, das für ihn jetzt nicht mehr Bedeutung hatte als sein Arm, aber wie sehr liebte ich auch den Arm, den er über mich legte, und die Lippen, die er gegen meine Stirn drückte.
    »Ich liebe dich, Marius, mein fremder, großer und wunderschöner Marius.«
    »Ich glaube dir nicht«, hauchte er kaum hörbar in mein Ohr.
    »Was meinst du damit?«
    »Du wirst mich eher, als mir lieb ist, verachten für das, was ich dir angetan habe.«
    »Kaum, du mein Vernunftbesessener. Ich bin nicht so wild darauf, zu altern, zu welken und zu sterben, wie du vielleicht glaubst. Ich hätte schon gern die Gelegenheit, mehr zu erfahren, mehr zu sehen …«
    Wieder fühlte ich seine Lippen auf meiner Stirn. »Wolltest du mich tatsächlich heiraten, als ich fünfzehn war?«
    »Oh, was für quälende Erinnerungen! Die Beleidigungen deines Vaters klingen mir heute noch in den Ohren!
    Es fehlte nicht viel, und er hätte mich aus dem Haus geworfen!«
    »Ich liebe dich von ganzem Herzen«, flüsterte ich.
    »Und du hast doch gesiegt. Du hast mich, ich bin deine Frau.«
    »Ich habe dich irgendwie, aber ›Frau‹ ist, glaube ich, nicht das richtige Wort dafür. Ich bin verwundert, dass du deine vorherigen energischen Einwände gegen dieses Wort vergessen hast.«
    »Wir beide zusammen«, sagte ich – wegen seiner Küs-se kaum in der Lage zu sprechen; ich war schläfrig und entzückt, seine Lippen zu fühlen, ihre plötzliche Gier nach reiner Liebe –, »wir wollen uns ein anderes Wort überlegen, das erhebender ist als ›Frau‹.«
    Plötzlich fuhr ich zurück. Ich konnte in dieser Dunkelheit nichts erkennen.

    »Küsst du mich etwa, damit ich nicht rede?«
    »Ja, ganz genauso ist es«, sagte er.
    Ich wandte mich von ihm ab.
    »Bitte komm wieder her«, sagte er.
    »Nein.« Ich weigerte mich.
    Ich lag still; irgendwie stellte ich fest, dass sein Körper sich für mich ganz normal anfühlte, denn mein eigener hatte nun die gleiche harte Konsistenz und vielleicht sogar die gleiche Kraft. Welch wunderbarer Vorzug! Ach, ich liebte Marius. Ich liebte ihn! Sollte er also meinen Nacken küssen! Dass ich mich ihm zuwandte, dazu konnte er mich nicht zwingen!
    Die Sonne musste aufgegangen sein.
    Denn ein Schweigen senkte sich über mich, das mir ein Gefühl gab, als wäre das ganze Universum mit all seinen Vulkanen und wilden Gezeiten – und all

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