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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
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war reiner, unverhüllter Hass.
    Wieder hörte ich dieses echohafte Gelächter. Er hörte es natürlich nicht. Nur ich konnte es vernehmen.
    »Deine Frau, wo ist sie? Ich will sie sehen! Du wirst mich zu ihr bringen!«
    »Bestimmt nicht!«
    »Lucius, ich bin deine Schwester. Ich will deine Frau sehen. Du hast Recht, ich habe mich töricht benommen.
    Ich habe das alles nicht richtig bedacht. Es liegen so viele Seemeilen zwischen Antiochia und Rom. Mir ist gar nicht eingefallen –«
    »Das ist typisch, Lydia, du denkst nie vernünftig oder praktisch. Das hast du noch nie getan! Du bist eine richtige Träumerin und obendrein dumm.«
    »Lucius, was soll ich tun?«

    Er schaute nach links und rechts, taxierte die Fackelträger.
    Dann kniff er die Augen zusammen. Ich konnte seinen Hass spüren. Oh, Vater, dass du das nicht aus den himmlischen Gefilden oder aus der Unterwelt mit ansehen musst! Mein Bruder will meinen Tod!
    »Ja«, sagte ich, »vier Fackelträger, und wir stehen mitten auf dem Forum. Nicht zu vergessen den Mann mit dem Kunstbein da drüben und den Priester«, flötete ich.
    »Und denk auch an die Soldaten draußen vor des Kaisers Tempel. Vergiss die nicht! Wie geht es deiner Frau?
    Ich muss sie sehen. Ich werde sie heimlich besuchen.
    Sie wird glücklich sein, dass ich lebe, ganz bestimmt, denn ich liebe sie wie eine Schwester. Ich werde mich auch nicht wieder öffentlich mit dir sehen lassen. Das war ein großer Fehler.«
    »Ach, hör auf damit«, antwortete er. »Schwestern! Sie ist tot!« Abermals ließ er den Blick von rechts nach links schweifen. »Alle wurden sie massakriert. Verstehst du nicht? Geh weg.« Er trat ein paar Schritte zurück, doch ich folgte ihm, so dass der Lichtschein wieder auf ihn fiel.
    »Aber wer ist denn bei dir? Wer ist mit dir geflohen?
    Wer lebt denn noch?«
    »Priscilla«, sagte er, »und wir hatten verdammtes Glück, dass wir noch rechtzeitig weggekommen sind.«
    »Was? Deine Geliebte? Du bist mit deiner Geliebten hierher gekommen? Und die Kinder, sie sind alle tot?«
    »Ja, sicher, müssen sie ja. Wie hätten sie entkommen können? Hör zu, Lydia, ich gebe dir eine Nacht, um hier aus der Stadt und aus meiner Nähe zu verschwinden. Ich bin hier bequem untergebracht und werde dich hier nicht dulden. Verschwinde aus Antiochia. Auf dem Land- oder Seeweg, das ist mir egal, aber verschwinde!«
    »Du hast deine Frau und deine Kinder sterben lassen.

    Und bist mit Priscilla geflüchtet?«
    »Wie, beim Hades, bist du denn entkommen, du widerliche, läufige Hündin? Das erzähl mir mal! Du hattest ja keine Kinder, du, der berühmte unfruchtbare Bauch der Familie!« Er warf einen Blick auf die Fackelträger. »Verschwinde hier!«, schrie er.
    »Bleib, wo du bist.« Ich legte die Hand auf meinen Dolch, dabei öffnete ich den Umhang, so dass er das aufblitzende Metall sehen musste.
    Er wirkte wahrhaft überrascht, dann zeigte er ein ge-spenstisches, falsches Lächeln. Ekel erregend.
    »Lydia, ich würde dir um nichts in der Welt etwas antun«, sagte er, als hätte ich ihn beleidigt. »Ich mache mir nur Sorgen um uns alle. Es ging das Gerücht, alle wären getötet worden. Was sollte ich denn tun, zurückgehen und für nichts und wieder nichts sterben?«
    »Du lügst! Und nenn mich nicht noch einmal eine läufige Hündin, wenn du nicht zum Eunuchen werden willst.
    Ich weiß, dass du lügst. Jemand gab dir einen Tipp, und du hast dich aus dem Staub gemacht! Oder warst du et-wa selbst derjenige, der uns alle verraten hat!«
    Schade für ihn, dass er nicht schlauer und geistesge-genwärtiger war. Er zeigte angesichts dieser ungeheuer-lichen Vorwürfe nicht den Abscheu, den er hätte empfinden müssen. Er legte nur den Kopf schief und sagte:
    »Nein, das ist nicht wahr. Weißt du, komm doch mit.
    Schick diese Männer weg, und sieh zu, dass du die Sklaven loswirst, und ich helfe dir. Priscilla verehrt dich.«
    »Sie ist eine Lügnerin und Schlampe! Und wie ruhig du angesichts meiner Anschuldigungen geworden bist! Vorhin, als du mich gesehen hast, hast du vor Wut gekocht!
    Ich habe dich gerade beschuldigt, deine Familie bei den delatores denunziert zu haben. Ich habe dich beschuldigt, deine Frau und deine Kinder im Stich gelassen zu haben. Hast du das nicht gehört?«
    »Das ist doch völliger Blödsinn, so etwas würde ich nie tun.«
    »Dir kann man die Schuld von der Stirn ablesen. Schau dich an! Ich sollte dich auf der Stelle umbringen!«
    Er machte ein paar Schritte rückwärts.

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