Annies Entscheidung
angehaltenen Atem aus und zog sich das nasse Hemd über den Kopf. Er warf es weg, und es landete mit einem klatschenden Geräusch auf der anderen Seite der Matratze.
„Okay, das hier wird langsam verrückt“, murmelte Riley, den Kopf zwischen den angezogenen Knien. „Wenn Sie noch etwas ausziehen, bin ich hier weg.“
„Riley, er ist so nass wie du.“
Sie schnaubte, sagte jedoch nichts mehr.
Logan nahm die Decke und legte sie um Annies Schultern.
„Warte“, wehrte sie ab. „Dir muss doch auch kalt sein.“
Riley schnaubte erneut, bevor sie eins ihrer Handtücher nahm und es Annie gab, die es Logan nach hinten reichte. „Was soll das mit der Matratze?“
„Damit wir sie uns notfalls über die Köpfe ziehen können“, erklärte Logan sachlich.
„Soll das ein Witz sein?“ rief Riley. „Tante Annie, kann das Haus wegwehen? Wir sind hier in Turnabout, nicht in irgendeinem blöden Katastrophenfilm!“
Annie legte die Arme um ihre Nichte und zog sie unter die Decke. Riley zitterte wie Espenlaub. Genau wie sie selbst.
Dann legte Logan die Arme um sie, und für einen Moment, einen viel zu kurzen Moment, legte sich ihre Panik weit genug, um sie unter Kontrolle zu bekommen.
Logan hatte Riley gefunden.
Sie waren alle in Sicherheit.
„Drei Menschen in einem Boot“, murmelte Logan, und sein Atem klang wieder ruhig und gleichmäßig, während sie noch immer hechelte, als hätte sie gerade an einem Marathonlauf teilgenommen.
Und so saßen sie da, während die Erde bebte und der Himmel einzustürzen schien. Annie starrte auf den Flur hinauf, der im grellen Schein der Blitze aufleuchtete, und spürte plötzlich Logans Herzschlag an ihrem Rücken.
„Mach wenigstens die Taschenlampe an“, bat Riley nach einer Weile.
Annie tat es. Ihre Panik meldete sich zurück.
Sie durfte jetzt nicht die Fassung verlieren.
Nicht jetzt.
Nicht hier!
Sie konzentrierte sich auf das, was ihr Körper fühlte. Logans tröstende Nähe, seine Wärme, die selbst durch die nasse Kleidung wahrzunehmen war. Riley, die immer heftiger zitterte, während sie bei ihrer Tante Trost und Geborgenheit suchte.
Sie würden das hier überstehen.
Es war lange her, dass es in Annies Leben Stürme gegeben hatte. Das hier war ein äußerlicher, kein innerer. Und innere Stürme hatte sie oft genug durchgestanden.
Mehr oder weniger.
Sie legte den Kopf in den Nacken und stellte fest, dass Logan sie beobachtete.
Ihre Blicke trafen sich, und schlagartig wurde Annie bewusst, wie intim ihre Nähe war. Dass sein Brustkorb an ihren Rücken gepresst war. So fest, so breit, so perfekt.
Die Art von Brust, die sie vor einem Sturm beschützen konnte.
Und genau das getan hatte. Der Gedanke drohte ihr den letzten Rest an Fassung zu rauben.
Und dann, ganz plötzlich, legte sich der Sturm. Schlagartig. Als würde auch er den Atem anhalten.
Logans lange Finger strichen über Annies Wange, und ihr Mund wurde trocken.
Sie schmiegte sich an ihn, und die Wärme, die sie fühlte, war nicht mehr nur ein Schutz vor dem tosenden Sturm, sondern etwas anderes. Etwas ganz anderes.
Sie fühlte, wie seine Brust sich hob, als er tief durchatmete.
Seine Fingerspitzen tasteten nach ihrem Mundwinkel.
Sie hielt die Luft an.
Unmögliche Erinnerungen schossen ihr durch den Kopf. An seine warmen Berührungen. Seine rauen Seufzer. Unmöglich, weil er sie vor all den Jahren abgewiesen hatte. Unmöglich, weil das, was sie geteilt hatten, nur in ihren Träumen weiterlebte.
Dann brach er das angespannte Schweigen. „Der Sturm ist hier“, sagte er mit ausdrucksloser Stimme. Er nahm die Hand von ihrem Gesicht und zog die Decke fester um ihre Schulter.
Ihr Atem setzte wieder ein, wie von selbst, und ihr wurde schwindlig. Aber vielleicht lag es auch nur daran, dass die Blitze den Flur in immer kürzeren Abständen erhellten.
Riley gab einen erstickten Laut von sich. Als Annie klar wurde, dass es ein hysterisches Lachen war, schien das Haus gequält aufzustöhnen.
Logan fluchte, bevor er Annie und Riley nach unten drückte und die Matratze über sie zog.
5. KAPITEL
„Oh… mein… Gott.“
Annie starrte auf das, was von ihrem Haus übrig geblieben war, und vor Entsetzen wurde ihr übel.
Es kam ihr vor, als hätten sie Stunden in der Wanne verbracht, zu dritt zusammengekauert unter der schützenden Matratze. Aber jetzt sah sie durch das klaffende Loch im Dach, wie das Sonnenlicht die dichte Wolkendecke zu durchbrechen versuchte, und wusste, dass es nicht so lange
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