Annies Entscheidung
Riley nach Hause zurückkehrte, bevor etwas noch Schlimmeres geschah. Deshalb habe ich es so eilig, erinnerte sie sich.
Vorsichtig nippte sie am Kaffee und verbrannte sich trotzdem die Zunge.
„Annie.“
Sie warf Logan einen Blick zu. Mehr wagte sie nicht, bevor sie wieder in den Becher starrte. Wenigstens wärmte er ihre kalten Hände. „Ich glaube, seit ich hier lebe, war es noch sie so kalt.“
„Könnte sein. Aber dank des Generators ist es im Bürgerhaus warm. Sam hat keine Ahnung, wann wir wieder Strom haben. Ein Blitz ist ins EWerk eingeschlagen.“
Sie nickte. „Ich bin froh, dass Riley nicht frieren muss.“
„Danke für das Bett.“
Nach den Händen wurden auch ihre Wangen warm. „Kein Problem.“
„Nicht, dass ich dir eine andere Wahl gelassen hätte.“
„Stimmt.“ Sie riskierte einen weiteren Blick und senkte ihn hastig wieder, als er sie ansah.
„Ich war interessiert.“
„Wie bitte?“
„Gestern Abend. Du hast gesagt, ich sei nicht interessiert. Aber ich war es. Und du wusstest das.“
Ihr Mund wurde trocken.
„Als du siebzehn warst.“ Er stemmte sich vom Hocker. „Und jetzt auch.“
Sie stieß mit dem Rücken gegen den Kühlschrank, als er um den Tresen herumkam und die Küche schlagartig noch winziger zu sein schien. Panik und etwas anderes – etwas, von dem sie befürchtete, dass es Verlangen war –stiegen in ihr auf.
Verlangen? Niemals. Den Luxus gestattete sie sich nicht.
„Halt!“ Sie streckte den Arm aus und legte die Hand an seine Brust. „Ich… tue so etwas nicht.“
Er zog eine Augenbraue hoch. „Nie?“
„Nie. Und ich glaube dir nicht, was du über… damals erzählt hast.“
„Natürlich nicht.“ Er bedeckte ihre Finger mit seinen und presste sie auf sein Herz. „Fühlst du das? Nichts hat sich geändert.“
Sie schluckte. Um nichts auf der Welt hätte sie jetzt ein Wort herausgebracht.
„Ich dachte, ich könnte mein Gewissen beruhigen“, fuhr er leise fort. „Jedenfalls in dieser Hinsicht.“
Sein Gewissen? „Logan, ich…“
„Ach, zur Hölle…“, flüsterte er und küsste sie einfach.
Ihr Verstand setzte aus. Der Körper erwachte zum Leben.
Ein Traum war eine Sache. Die Wirklichkeit eine andere.
Sein Mund schmeckte nach schwarzem Kaffee. Seine unrasierte Wange rieb sich rau an ihrer Handfläche, und seine Schultern waren breit genug, um die Welt auf Abstand zu halten.
Sie wollte sich darin verlieren. In der Geborgenheit. In dem Kuss. In der Berührung. Aber sie konnte es nicht…
Er legte den Arm um sie und zog sie an sich. Er stützte sie, als ihre Knie nachzugeben drohten, und stellte ihren Becher zur Seite, als er ihrer plötzlich kraftlosen Hand fast entglitten wäre. „Logan…“
„Psst.“ Er presste sie an sich, und sie hielt den Atem an, als er sie scheinbar mühelos anhob und auf den Tresen setzte, bevor er sich zwischen ihre Beine schob und ihr Gesicht zwischen die Hände nahm.
Um sie schien sich alles zu drehen. War dies ein neuer Traum? So lebendig, dass es wehtun würde, daraus zu erwachen? Sie legte die Stirn an seinen Kiefer.
Das hier passiert wirklich, dachte sie. Er ist wirklich da.
Sie verlor nicht den Verstand. Es war keine Halluzination.
Sie strich über seine Wange, und ihre Fingerspitzen kribbelten. Doch dann löste sie sich von ihm. „Nein“, keuchte sie. „Riley… Ich muss an meine… an Riley denken.“
Er legte die Hände auf ihre Schultern. „Ich habe es dir doch gesagt. Maisy sorgt dafür, dass sie beschäftigt ist. Glaub mir, wenn jemand deine Nichte im Griff haben kann, dann sie.“
„Nein.“ Sie wand sich aus seinen Armen und wäre fast vom Tresen gerutscht.
Wenn sie jetzt nicht auf Distanz ging, würde sie es nie mehr tun. „Ich kann nicht.
Ich will nicht. Ich bin nicht mehr… so leicht zu haben.“
Seine Augen wurden schmal. „Du warst nie leicht zu haben.“
So viele Jahre lang hatte sie versucht, diesen Teil ihres Lebens auszulöschen.
Und sie hatte geglaubt, es geschafft zu haben. Abgesehen von den Träumen, die sich hinterhältig in ihren Schlaf schlichen, wenn sie wehrlos war. Die Träume von einer Nacht, die es nicht gegeben hatte. Nicht mit ihm. Mit niemandem, an den sie sich erinnern wollte. Sie waren das einzige Abwehrmittel gegen eine Realität, die sie hasste.
Ihr Haar hatte sich aus dem Clip gelöst, und sie schob es zurück.
„Ich… muss aufräumen. Ich muss alles wieder in Ordnung bringen.“ Ordnung war das, was sie wollte. Wonach sie sich
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