Annies Entscheidung
VogelStraußMethode denken zu lassen, aber sie widerstand der Versuchung.
Sie steckte das Haar mit einem Clip am Hinterkopf hoch und drehte den Hahn auf. Zischend spuckte er das Wasser aus, bevor es sich zu einem dünnen, aber sauberen Strahl verdichtete.
Halleluja. Noch nie war sie so dankbar für ihren altmodischen Brunnen gewesen.
Trotzdem verschwendete sie keinen Tropfen, während sie sich die Zähne putzte und das Gesicht wusch. Erfrischt und schon etwas wacher machte sie sich auf die Suche nach dem verlockend duftenden Kaffee. Sie schwor sich, dass es ihr egal war, ob sie in Logans Augen so schlecht aussah wie gerade eben im Badezimmerspiegel.
Der Vorsatz schwand dahin, als Logan sie über seinen Becher hinweg musterte.
Er stellte ihn ab und lächelte amüsiert. „Guten Morgen, Dornröschen.“
Wie kam es nur, dass Männer wie Logan unter so katastrophalen Umständen wie diesen noch attraktiver wirkten als sonst? Er hatte sich nicht rasiert, und seine Sachen sahen aus, als hätte er darin geschlafen – was er vermutlich getan hatte.
Und trotzdem regte sein Anblick ihre Fantasie an.
Und geisterte durch ihre Träume.
Sie konzentrierte sich auf den CampingKocher aus grünem Metall, den Logan auf den richtigen Herd gestellt hatte. Auf der einen Flamme stand eine geschwärzte Kaffeekanne, auf der anderen ein großer Topf. Der kaputte Wandschrank und das zerbrochene Geschirr waren verschwunden.
Auch das war offenbar Logans Werk.
Sie ging an ihm vorbei und schaute auf das Wasser, das gerade zu kochen begann. „Du warst in der Stadt?“ Sie hatte keinen CampingKocher.
Sie hätte früher aufstehen sollen, um selbst in den Ort zu fahren und nach Riley zu sehen.
„Ja. Ich bin auch an den Feldern vorbeigefahren. Ich bin zwar kein Gärtner, aber soweit ich es beurteilen kann, müsste nach ein paar Tagen Sonnenschein alles wieder in Ordnung sein. Aber in der Stadt herrscht das reine Chaos. Im Hellen sieht es noch schlimmer aus.“
Ihre Knie waren weich. „Danke, dass du nach den Feldern geschaut hast. Hast du Riley gesehen?“
„Ja. Maisy hat dafür gesorgt, dass Riley und ein paar andere Teenager zu tun haben, damit April und ihre Freundinnen nicht auf dumme Gedanken kommen, während die Eltern aufräumen.“
Annie nahm sich einen Becher und füllte ihn mit dem dampfenden Kaffee. April war Maisys Enkelin. Nachdem sie seit früher Kindheit kränklich gewesen war, hatte eine Operation ihren Zustand erheblich verbessert. Jetzt wuchs sie zu einer selbstbewussten jungen Frau heran, die manchmal über die Stränge schlug.
Offenbar fand Maisy, dass April bei Riley in guten Händen war. „Was ist mit der…
Fähre?“
„Zwei von Diegos Booten sind gesunken. Das dritte muss in die Werft. Die Küstenwache war schon hier, um den Herzinfarktpatienten und einige Verletzte ans Festland zu bringen.“
„Wir könnten uns von einem Charterflugzeug abholen lassen.“
Er schüttelte den Kopf. „Die Küste liegt unter dichtem Nebel. Es herrscht absolutes Startverbot. Die Küstenwache schafft so bald wie möglich Vorräte herbei, aber im Moment muss sie sich um wichtigere Dinge kümmern. Warum hast du es so eilig, Riley loszuwerden?“
Kaffee schwappte aus ihrem Becher. „Du bist doch hier, um sie zu holen.“
„Das ist keine Antwort.“
Annie riss ein Papiertuch von der Rolle und wischte die Pfütze auf. „Sie ist bei Will und Noelle besser aufgehoben.“
„Bist du da so sicher?“
Sie zerknüllte das Papier in der Faust. „Du bist seit weniger als vierundzwanzig Stunden auf der Insel, Logan. Und sieh dir an, was in der Zeit alles passiert ist.“
Er stützte die Ellbogen auf den Tresen, und unter dem zerknitterten Hemd strafften sich die Schultermuskeln. „Ich wäre heilfroh, von hier wegzukommen.
Aber es hat einen Sturm gegeben. Riley geht es gut. Und noch weiß niemand, warum sie wirklich von zu Hause weggelaufen ist. Warum also die Eile?“
Sie warf das Papier in den Abfalleimer, nahm einen Schluck Kaffee und verzog den Mund.
„Er ist heiß“, sagte Logan.
„Allerdings. Danke für die Warnung.“
Er zog einen Mundwinkel hoch. „Gern geschehen.“
Sie musste sich beherrschen, um sein Lächeln nicht zu erwidern.
Sie wollte Logan Drake nicht mögen. Sie hatte ihn vor Jahren gemocht. Zu sehr.
Aber dieser Abschnitt ihres Lebens war so schmerzhaft, dass jeder, der damit zu tun hatte, dadurch belastet zu sein schien.
Aber all das war unwichtig. Jetzt kam es einzig und allein darauf an, dass
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