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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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wirklich gibt, glaube ich nicht, dass es ihm gefällt, so als chauvinistischer Bluff abgetan zu werden. Wem würde das schon gefallen? Einmal habe ich ihr das gesagt, und da sah sie mich mit einem ganz eigenartigen Ausdruck in den Augen an. Sie sagte: »Wenn Gott existiert, dann weiß er sowieso, was ich denke, oder etwa nicht? Sonst wäre ja nicht viel mit ihm los. Vielleicht schätzt er es, dass ich nicht heuchle.«
    Nun waren nur noch der Däne und ich übrig. Er lag ganz still neben mir. Zum Glück röchelte und stöhnte er nicht mehr. Sein Brustkorb war ganz still und reglos. Es war stockdunkel. Die Wa­chen hatten vor der Hütte ein Feuer gemacht, ich sah das Licht der Flammen durch die Ritzen in der Tür.
    Wir hatten nichts mehr zu essen bekommen. Ich hatte meine Blase einmal auf den Fußboden entleert.
    Ich fragte mich, ob Gott mich jetzt wohl sehen konnte.
    *
    Das Festnetztelefon klingelte um 23.44 Uhr.
    Annika war auf dem Sofa fast eingeschlafen und fuhr zusammen, als hätte ihr jemand einen Tritt versetzt. Reflexartig setzte sie sich auf und drehte den Kopf zum Licht.
    »Wollen Sie mithören?«, fragte Halenius. Seine Augen waren gerötet und seine Haut fahl, das Hemd hing aus der Hose.
    Vielleicht sollte sie es tun. Sie könnte als Verstärkung im Schlaf­zimmer dabei sein, könnte auf die Zettel an der Wand zeigen und Halenius an verschiedene Aspekte und Stichwörter erinnern, auf die sie sich geeinigt hatten, könnte darauf achten, dass das Aufnahmegerät richtig funktionierte und dass alles ordnungsgemäß auf der Festplatte gespeichert wurde.
    Annika schüttelte den Kopf.
    »Lieber nicht«, sagte sie.
    Das Telefon klingelte zum zweiten Mal.
    Halenius erhob sich schwerfällig, ging ins Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. Jetzt schaltete er das Aufnahmegerät ein. Jetzt kontrollierte er, ob die Signale eingingen. Jetzt wartete er auf das nächste Klingeln, und dann würde er abnehmen.
    Das dritte Klingelsignal kam, und richtig – mittendrin brach es ab. Annika hörte Halenius’ Stimme; eine Satzmelodie ohne Worte.
    Die Zeitanzeige auf dem Display des DVD -Players sprang auf 23.45, was dem exakten Neigungswinkel der Erdachse entsprach.
    Sie hatte den ganzen Abend damit verbracht, sämtliche SMS , Sprachnachrichten und Mails der Journalisten zu beantworten, die sie interviewen wollten. Alle hatten die gleiche Antwort bekommen: »Vielen Dank für Ihre Bitte um ein Interview zur Situation meines Mannes. Zurzeit gebe ich jedoch keinen Kommentar dazu ab. Sollte ich meine Meinung ändern, werde ich mich bei Ihnen melden. Bitte respektieren Sie meine Entscheidung.«
    Bosse vom Konkurrenten war der Einzige, der sich daraufhin noch einmal meldete. In einer langen, störrischen SMS bestand er darauf, wenigstens zu erfahren, was vor sich ging, auch wenn er keinen Artikel für die morgige Ausgabe schreiben würde. Er meinte, sie könnten die Sache doch immerhin diskutieren, eventuell einen Deal machen? Annikas Antwort bestand aus einer einzigen Zeile: »Sehe ich aus wie ein Teppichhändler?«
    Vielleicht ein bisschen unnötig flapsig formuliert, dachte sie, als sie so dasaß und auf das Display des DVD -Players starrte. Aber sie hatte noch eine alte Rechnung mit Bosse vom Konkurrenten offen. Schließlich war er derjenige, der damals versucht hatte, ihre Wangenküsschen mit Halenius vor dem Restaurant zum Skandal aufzubauschen, und das war wiederum möglicherweise ein Racheakt seinerseits, weil sie vor ungefähr hundertfünfzig Jahren einen aufkeimenden Flirt zwischen ihnen abrupt beendet hatte.
    Halenius redete und redete und redete da drinnen.
    Anders Schyman war der Einzige, dem sie nicht geantwortet hatte. Sie sah ein, dass ihre Reaktion auf seinen Vorschlag kindisch und irrational gewesen war. Immerhin hatte er ihr kein schlechtes Angebot gemacht. Die Frage war nur, um wie viel es wirklich ging. Wohl kaum um vierzig Millionen Dollar, aber wenn Halenius’ Theorie stimmte, war ja auch nicht zu erwarten, dass die Lösegeldsumme wirklich so hoch blieb.
    23.51 Uhr. Jetzt telefonierte er schon seit sechs Minuten mit dem Entführer. Ungefähr so lange hatte das erste Gespräch auch gedauert. Halenius hatte die Aufzeichnung am Abend mehrfach abgehört und eine Abschrift angefertigt. Er hatte sie gefragt, ob sie den Text lesen wolle. »Später mal«, hatte sie geantwortet, und das war die Wahrheit. Sie wollte nicht wissen, wie der Entfüh­rer klang, aber sie konnte vielleicht schriftlich an seinen

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