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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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dass Thomas zu Ihnen und den Kindern zurückkommt«, sagte er, ging in den Flur hinaus und zog sich Jacke und Schuhe an.
    »Den Rechner lasse ich hier«, sagte er. »Morgen früh bin ich wieder da.«
    Und ehe sie noch etwas sagen oder sich entschuldigen oder sich bedanken konnte, war er verschwunden.

TAG 4
    Samstag, 26. November
    Ich wachte von dem Gestank auf. Er war mit nichts zu vergleichen, was mir je in die Nase gestiegen war, nicht mit verfaultem Hering, nicht mit alten Krabben, nicht mit Müll: dick und schwer und stechend mit einem Hauch von Ammoniak.
    »Hallo«, flüsterte ich dem Dänen zu. »Riechen Sie das auch? Was ist das?«
    Er antwortete nicht.
    Draußen vor der Hütte war es hell, das Rechteck um die Tür herum war blendend klar und deutlich. Ich fragte mich, wie spät es wohl war. Am Äquator wird es früh hell, es mochte vielleicht sechs oder sieben sein. Zu Hause war es noch zwei Stunden früher, erst vier oder fünf. Annika schlief sicher noch. Vielleicht lagen die Kinder bei ihr in unserem großen Bett. Eigentlich hatten wir abgemacht, dass die Betten Privatsphäre waren, jeder von uns schlief in seinem eigenen Bett, aber ich wusste, dass Annika manchmal, wenn ich weg war, eine Ausnahme machte, besonders für Kalle. Er hat ab und zu schlimme Alpträume, und dann holt sie ihn zu sich ins Bett und wiegt ihn in ihren Armen, bis er wieder eingeschlafen ist.
    Der Flüssigkeitsmangel pochte wie eine Dampframme hinter meiner Stirn. Mein Mund war voller Erde. Meine Hände waren beide wie abgestorben, ich rollte mich auf den Bauch, um sie wieder zum Leben zu erwecken. Gestern Abend hatten sie mich mit einem Strick gefesselt, vielleicht waren ihnen die Kabelbinder ausgegangen.
    Mitten in der Nacht war der Lange plötzlich in der Hütte er­schie­nen, hatte mir mit einer Taschenlampe ins Gesicht geleuchtet, mich hochgezerrt, bis ich saß, und geschrien kusoma, ku­so­ma , und dann gab er mir einen Zettel mit dem Text: Where did Annika live when you met her?
    »What?« , sagte ich und merkte, wie mein Puls hochschnellte, die Lampe blendete mich, und ich sah nur flimmernde Punkte, wie konnte dieser Mensch von Annika wissen, was war das hier, ein Trick? Was wollte er?
    Ich wandte mich zu dem Dänen um, konnte ihn aber durch das Geflimmer nicht erkennen.
    »Kuandika« , schrie der Lange. »Kuandiak jibu.«
    Mit einem langen Messer in der Hand beugte er sich zu mir herunter. Mir wurde schwarz vor Augen, aber er stach nicht zu, er schnitt meine Handfesseln durch und warf mir einen Bleistift in den Schoß.
    »Kuandiak jibu« , sagte er wieder und hielt mir den Zettel hin.
    Wollte er, dass ich die Antwort aufschrieb?
    Meine Hände gehorchten mir nicht, ich versuchte, den Stift zu halten, aber er rutschte mir aus den Fingern. Der Lange schrie über meinem Kopf haraka juu, haraka juu , ich schaffte es, den Stift zwischen Daumen und Zeigefinger zu klemmen, und ­krakelte die Antwort mühsam hin. Danach fesselte mir der Kerl die Hände mit einem dicken Seil, knipste die Lampe aus und verschwand in einer Dunkelheit, die schwärzer war denn je.
    »Was war das denn?«, flüsterte ich dem Dänen zu, aber er ant­wortete nicht.
    Ich war vollkommen erschöpft und schlief fast sofort wieder ein.
    Am nächsten Morgen zerbrach ich mir immer noch den Kopf.
    Woher wussten sie von Annika? Ich hatte nie ein Wort über sie gesagt, weder zu unseren Bewachern noch zu den anderen Geiseln. Wie konnten sie von ihr wissen? Mein Handy war abgeschaltet gewesen, als sie es mir wegnahmen, und ich hatte ihnen meine PIN nicht gegeben, daher konnten sie also keine Informationen haben. Vielleicht aus meiner Brieftasche?
    Ich stöhnte auf. Natürlich. Fotos von ihr und den Kindern, mit Namen und Datum auf der Rückseite, waren darin. Aber warum wollten sie wissen, wo Annika wohnte, als wir uns kennenlernten? Was für eine vollkommen merkwürdige Frage. Das hatte doch gar nichts mit dieser Sache zu tun, das war etwas, was kaum jemand wusste, und …
    Mir stockte der Atem. Sie hatten mit ihr gesprochen. O Gott, sie hatten mit ihr gesprochen, und sie wollte einen Beweis, dass ich am Leben war, dass ich wirklich ihre Geisel war … So musste es sein! Erleichterung überkam mich, und ich lachte laut.
    Aber woher hatten sie ihre Telefonnummer? Alle unsere Num­mern waren doch geheim, außer meiner Handynummer, und über die konnten sie Annika ja nicht erreichen.
    Ich starrte in das Licht, das unter einer der Wellblechwände hereindrang. Mein

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