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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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dröhnte durch die ganze Wohnung. Sie atmete kurz und flach.
    Jetzt kontrollierte er, ob der Mitschnitt geklappt hatte, jetzt sicherte er ihn auf dem Server, jetzt beendete er das Programm und fuhr den Rechner herunter.
    Ihre Beine waren bleischwer. Halenius kam durch die Tür, Annika sah, wie er durch den Raum schwamm.
    »Er lebt und ist ansprechbar«, sagte der Staatssekretär und ließ sich in den Sessel fallen.
    »Konnten Sie mit ihm reden?«, fragte Annika und merkte, dass ihr Mund staubtrocken war. Ein Tomatenkern klemmte zwischen zwei Backenzähnen.
    Halenius schüttelte den Kopf und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Er wirkte völlig erledigt.
    »Entführer rufen selten vom selben Ort an, an dem sich die Geisel befindet. Sie haben so viele Fernsehkrimis gesehen, dass sie glauben, Polizei und Behörden bräuchten nur auf einen Knopf zu drücken, und im Nu ließen sich die Telekommunikationswege zurückverfolgen.«
    »Gibt es in Somalia Fernsehkrimis?«
    »Der Typ am Telefon steht offenbar in irgendeinem Kontakt mit den Bewachern der Geiseln, vermutlich via Mobiltelefon. Ich habe die vereinbarte Kontrollfrage gestellt: ›Wo wohnte Annika, als ihr euch kennengelernt habt?‹, und wenige Minuten später kam die Antwort: Across the yard from Hanvergata 32 .«
    Im Hinterhof des Hauses Hantverkargatan 32.
    Blitzartig sah sie ihre Bruchbude wieder vor sich, ganz oben unterm Dach, ohne Warmwasser und Badezimmer, mit dem Himmel und den zugigen, undichten Fenstern in der Küche als einzigen Lichtquellen. Auf dem Sofa im Wohnzimmer hatten sie zum ersten Mal Sex gehabt, sie rittlings auf ihm.
    »Kann man das Gespräch zurückverfolgen? Weiß man, woher die anrufen?«
    »Die Briten haben das unter Kontrolle. Das Gespräch kam zum Teil über Liboi und zum Teil über einen Sendemast auf der anderen Seite der Grenze, in Somalia. Das Gebiet, das die beiden Sender abdecken, ist gigantisch.«
    »Und wo ist Thomas? Weiß man, in welchem Land?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Das lässt sich dem Übertragungsweg des Anrufs nicht entnehmen.«
    »Der Franzose wurde ja in Mogadischu gefunden«, sagte Annika.
    »Es ist nicht gesagt, dass er dort getötet wurde. Der Ver­we­sungs­prozess schreitet in der Hitze dort unten sehr schnell fort, aber ein Arzt von der Botschaft in Dschibuti meinte, dass der Mann mindestens vierundzwanzig Stunden tot war, als man ihn fand. Und wir wissen, dass die Entführer über ein Auto verfügen. Oder mehrere Autos. Mindestens drei.«
    »Den Lastwagen und die beiden Toyotas«, sagte Annika.
    Über Halenius’ Gesicht huschte ganz flüchtig ein Lächeln.
    »Sie haben also doch zugehört.«
    »Toyota Take Aways«, sagte Annika. »Worüber haben Sie so lange gesprochen?«
    Er rieb sich die Augen.
    »Ich habe Vertrauen aufgebaut«, sagte er. »Wir haben über Politik diskutiert. Ich habe mehr oder weniger allem beigepflichtet, was der Kerl sagte, und Tatsache ist, dass ich kaum zu lügen brauchte. Ich finde, Frontex ist eine Schande, aber das ist meine private Meinung. Wir könnten die Armut in der Dritten Welt von einem Tag auf den anderen beseitigen, wenn wir wirklich dazu entschlossen wären, aber wir wollen es gar nicht. Wir verdienen viel zu gut daran.«
    Annika schwieg.
    »Ich habe gesagt, dass Sie nicht imstande sind, vierzig Mil­lionen Dollar Lösegeld zu beschaffen. Ich habe ihm erklärt, dass Sie in einer Mietwohnung wohnen und zwei kleine Kinder ­haben und ganz normal arbeiten gehen, aber auch, dass Sie ein bisschen Geld von der Versicherung erhalten haben, nachdem Ihr Haus abgebrannt ist, und dass Sie am Montag zur Bank ­gehen und sehen wollen, wie viel Sie zusammenkratzen können.«
    Annika richtete sich auf.
    »Warum zum Teufel haben Sie das gesagt? Jetzt weiß er doch, dass wir Geld haben!«
    »Man wird Thomas nach Ihren gemeinsamen Ersparnissen ausfragen, und er wird es verraten.«
    »Glauben Sie?«
    Halenius sah sie an.
    »Garantiert.«
    Annika stand auf und ging in die Küche. Halenius folgte ihr.
    »Sie dürfen uns niemals bei einer Lüge erwischen. Dann fangen die Verhandlungen von vorn an – aber nicht etwa bei null, sondern bei minus hundert.«
    Sie lehnte sich an die Spüle und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Jetzt sind Sie und der Entführer also dicke Freunde, oder wie sehe ich das?«
    Halenius trat dicht an sie heran. Seine Augen waren ganz rot.
    »Ich würde einen Kopfstand machen und die ›Marseillaise‹ rückwärts singen, wenn ich damit erreichen könnte,

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