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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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nutzen.«
    Sie sah aus dem Fenster. Gewalt und Zeit. Wie lange würde es Halenius möglich sein, jede wache Stunde des Tages in ihrem Schlafzimmer zu verbringen? Wie lange würden die Medien so etwas wie Interesse an dem Fall zeigen?
    »Ich muss mich heute mit Schyman treffen«, sagte sie.
    »Sicher eine gute Idee«, entgegnete Halenius.
    »Ist die Nachricht über den Franzosen schon durchgesickert?«
    »Nicht, soweit ich weiß, aber das passiert bestimmt im Laufe des Tages.«
    Ihr fiel ein, woran sie gedacht hatte.
    »Ich frage mich«, sagte sie, »was der Franzose wohl falsch gemacht hat.«
    »Dass sie ihn umgebracht haben? Gar nichts, nehme ich an. Vielleicht lag es am Unterhändler, vielleicht an den Angehörigen, vielleicht an beiden. Oder er hat versucht zu fliehen. Oder vielleicht gibt es überhaupt keinen Grund. Die Geiselnehmer wollten möglicherweise nur ein Exempel statuieren.«
    Sie schob ihm den Kuchen hin.
    »Nun essen Sie schon«, sagte sie.
    Er lehnte sich im Sessel (ihrem Sessel) zurück und lachte. Er hatte so ein breites Lachen, von einem Ohr zum anderen, und die Augen wurden dabei zu kleinen Schlitzen.
    »Sie sind wirklich ganz anders, als ich dachte«, sagte er.
    »Ist das gut oder schlecht?«
    Er lächelte, schüttelte den Kopf und trank seinen Kaffee aus. Sie ging in die Küche, goss mehr Pulverkaffee auf, suchte einen Packen Servietten heraus und ging zurück ins Wohnzimmer.
    »Was bedeutet es für uns, wenn die Sache mit dem Franzosen publik wird?«, fragte sie, stellte die Kaffeetasse hin und legte die Servietten daneben.
    »Die Sache wird heißer«, sagte der Staatssekretär. »Die Suche nach den Entführern wird verstärkt, die Amis und die Engländer sind schon mit Feuereifer dabei.«
    Er schnitt sich ein ordentliches Stück von dem dampfenden Kuchen ab. In der Mitte war der Teig fast noch flüssig.
    »All die eifrigen Journalisten, die sich gestern bei mir gemeldet haben, werden heute erneut einen Kommentar von mir wollen«, sagte Annika.
    Halenius nickte, er hatte den Mund voll.
    »Mann, ist das lecker mit dem Eis dazu«, sagte er.
    Sie warf einen Blick auf das Eis und überlegte, ob sie es wieder in den Gefrierschrank stellen sollte oder ob es noch eine Weile ste­henbleiben konnte, ohne breiig und eklig zu werden, und plötz­lich ging ihr auf, wie absurd ihre Überlegung war: Sie verwandte ihre Kraft und ihre Zeit darauf, über eine Packung Eis nachzugrübeln; sie saß hier und rätselte herum, ob der Mann auf der anderen Seite des Tisches fertig gegessen hatte oder nicht, an­statt ihn zu fragen; ihr Mann war in Ostafrika verschwunden, und sie sorgte sich, wie ihre Backkünste wohl eingeschätzt wurden. Ein Zittern durchlief sie, und sie schlug die Hände vors Gesicht. Halenius hielt inne.
    »Entschuldigung«, stieß sie hervor. »Entschuldigung, es ist nur …«
    »Sie müssen ihnen ja nicht antworten, wenn Sie nicht wollen«, sagte er.
    Sie blinzelte ihn an.
    »Den eifrigen Journalisten«, sagte er.
    Sie versuchte zu lächeln, griff nach einer Serviette und schnäuzte sich.
    »Das alles ist so absurd«, sagte sie.
    Er nickte und aß seinen Kuchen weiter. Sie blickte auf die Uhr auf ihrem Handy.
    »Anne hat um zwölf Yoga.«
    »Gehen Sie Schymans Angebot gründlich mit ihm durch«, sagte er. »Ich höre mir noch mal das Gespräch von gestern an und mache eine Abschrift. Anschließend rufe ich Q an, wollen Sie mit ihm sprechen?«
    Sie stand auf, die Eispackung in der Hand.
    »Warum sollte ich?«
    Halenius zuckte die Schultern. Sie ging in die Küche, stellte das Eis in den Gefrierschrank. Dann zog sie sich im Flur an.
    »Ihre Kinder«, sagte sie und streifte sich Handschuhe über, »was sagen die dazu, dass Sie so oft weg sind? Machen die sich keine Gedanken?«
    »Doch«, antwortete Halenius. »Aber sie fliegen heute Abend zu Angie, da unten sind jetzt Sommerferien. Sie ist dran mit Weih­nachten.«
    Sie blieb in der offenen Tür stehen.
    »Reisen sie ganz allein?«
    Er deutete ein Lächeln an und stand auf, den Kuchenteller und die Kaffeetasse in der Hand.
    »Meine Freundin fliegt mit«, sagte er, ging in die Küche und stellte Teller und Tasse in den Geschirrspüler.
    Sie versuchte zu lächeln, drehte sich um, schloss die Wohnungs­tür auf und verließ die Wohnung.
    Anne Snapphane wartete im Café Kafferepet in der Klarabergsgatan bei Saft und belegtem Baguette. Sie hatte offenbar alle Zeitungen dabei, die ihr unterwegs in die Finger gekommen waren, der Stapel auf dem wackeligen

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