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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Sekretärin anrief und mich zu einem Vorstellungsgespräch einlud.«
    Sie sah ihn an und blinzelte, versuchte ihn sich als Juristenbüro­kraten am OG vorzustellen. Das war nicht so einfach. Sie hatte immer gedacht, die Männer dort seien angestaubt, hätten Schuppen und trügen fadenscheinige Anzüge, keine Punkfrisuren und abgewetzte Jeans.
    »Müssen Sie abtreten, wenn Ihre Partei die Wahl im nächsten Jahr verliert?«
    »Yes.«
    »Und dann werden Sie Generaldirektor in irgendeiner merkwürdigen Fabrik?«
    Halenius erstarrte, reckte den Hals und schaute in Richtung Flur.
    »War das gerade der Aufzug?«, fragte er leise.
    Annika erhob sich, ihr Körper war gespannt wie eine Sprungfeder. Auf Socken ging sie hinüber zur Tür in den Flur und hielt die Luft an. Tatsächlich klang es ganz so, als bewegte sich da draußen jemand. Es raschelte und murmelte. Im nächsten Moment klingelte es. Sie ging zur Wohnungstür und lauschte ins Treppenhaus.
    »Anni?«
    Vor Überraschung machte sie einen Schritt zurück.
    »Wer ist das?«, flüsterte Halenius.
    Annika starrte die Tür an.
    »Meine Schwester«, sagte sie. »Birgitta.«
    Wieder klingelte es. Es rüttelte an der Türklinke.
    »Ich ziehe mich in die Entführungszentrale zurück«, sagte Ha­lenius.
    Annika wartete, bis er verschwunden war, dann öffnete sie. Ihre kleine Schwester, etliche Zentimeter größer als sie, stand schwankend im dunklen Treppenhaus. Bei ihr war ein großer Mann in Jeansweste.
    »Hallo, Annilein«, sagte Birgitta. » Long time no see . Darf man reinkommen?«
    Sowohl ihre Schwester als auch der Typ, vermutlich ihr Mann Steven, den Annika noch nicht kannte, hatten ordentlich einen in der Krone. Sie zögerte.
    »Oder soll ich draußen auf die Treppe pinkeln?«, fragte Birgitta.
    Annika trat einen Schritt zurück und zeigte auf die Tür zum Badezimmer. Birgitta verdrückte sich rasch und pinkelte, dass es nur so rauschte. Annika schloss die Tür hinter ihnen. Der große Mann füllte beinahe die ganze Diele aus, er schwankte leicht in alle Richtungen. Annika ging um ihn herum und baute sich mit verschränkten Armen in der Küchentür auf. Eine Geste, die Abwehr und Misstrauen signalisierte, aber sie konnte nicht anders. Wortlos standen sie da, bis Birgitta wieder herauskam. Trotz des Dämmerlichts im Flur konnte Annika sehen, dass ihre Schwester noch immer nicht die Pfunde losgeworden war, die sie während der Schwangerschaft zugelegt hatte. Ihre Haare waren länger als je zuvor, sie reichten bis über die Hüfte.
    »Das ist jetzt ein bisschen überraschend«, sagte Annika. »Was verschafft mir die Ehre?«
    »Wir waren auf einem Konzert«, sagte Birgitta. »Rammstein. Im Globe. Total super.«
    Sie hat die gleiche Stimme wie ich, fuhr es Annika durch den Kopf. Wir klingen genau gleich. Sie ist blond, und ich bin dunkel, aber wir ähneln uns. Ich bin ihr dunkler Schatten.
    »Ich dachte, du müsstest am Wochenende arbeiten«, sagte Annika. »Mama hat gesagt, sie müsste sich um … deine Kleine kümmern.«
    Plötzlich war sie sich nicht mehr sicher, wie der Name lautete. Destiny? Oder Crystal? Oder Chastity?
    »Ich arbeite doch nicht abends. Und wenn Steven schon mal billig zwei Tickets schießt, dann muss ich doch die Gelegenheit nutzen.«
    Der Mann, Steven, ging ins Wohnzimmer. Annika fuhr zusam­men und folgte ihm schnell. Bei ihrem Glück latschte er sonst noch ins Schlafzimmer und stieß auf Halenius mit seinen Computern und den Aufnahmegeräten und Unmengen an Post-it-Zetteln an den Wänden, mit Gedankenstützen für den Fall, dass die Entführer anriefen. Da lagen Vorschläge über die Lösegeldsumme, verschiedene Verhandlungsalternativen, Fakten, die Halenius gesammelt hatte, und die Abschriften der Telefonate mit den Geiselnehmern …
    »Was wollt ihr eigentlich?«, fragte Annika und stellte sich dem Kerl in den Weg. Er war einen Kopf größer als sie, mit schütterem Haar und Leberflecken auf der Stirn. Bisher hatte er noch keinen Ton gesagt.
    »Wir dachten, wir könnten vielleicht hier schlafen«, sagte Birgitta. »Der letzte Zug nach Flen ist schon weg, und wir haben kein Geld für ein Hotel.«
    Annika sah ihre Schwester an und überlegte, wie sie reagieren sollte. Sie hatten sich ewig (wie lange? Drei Jahre? Vier?) nicht gesehen, und jetzt platzte die mitten in ein Geiseldrama, weil sie den Zug verpasst hatte ?!
    »Ich weiß nicht, ob du es gehört hast«, sagte Annika und spürte, wie sie stockte, »aber mein Mann ist entführt worden. Er

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