Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte
meine einzige Sorge der Frage gilt, wie ich das der Polizei erkläre oder wie ich die Leichen meiner Eltern entsorgen soll. Aber es wartet einfach eine Menge Arbeit auf mich. Schließlich wacht man nicht jeden Tag betrunken auf dem Küchenboden auf und muss feststellen, dass man seine Eltern zerstückelt und in den Kühlschrank gestopft hat.
Ich bin mir nicht sicher, was mich mehr beunruhigt - der Anblick ihrer abgetrennten Köpfe, die mich aus riesigen Gefrierbeuteln anstarren, oder ihre zerstückelten und kopflosen Körper, die anstelle der Eier und der Sahne im Kühlschrank stecken.
In Momenten wie diesen bin ich dankbar, dass ich nicht an die ewige Verdammnis glaube.
Natürlich könnte man einwenden, dass ich diesen speziellen Ort bereits erreicht habe und mir dort, seit ich aus meinem Sarg gestiegen bin, eine Penthouse-Wohnung gemietet habe. Allerdings hat der Begriff ewig ein Verfallsdatum, wenn dein Körper allmählich verwest. Und die Verdammnis ist nur dann eine Strafe, wenn man etwas zu verlieren hat.
Nicht dass ich wegen der Sache, die ich meinen Eltern angetan habe, kein schlechtes Gewissen hätte. Aber bis vor kurzem bin ich davon ausgegangen, einfach zu verfaulen. Und davon, dass ich alles, was man verlieren kann, bereits
verloren habe. Aber dann treffe ich Ray und verliebe mich in Rita, und plötzlich habe ich das Gefühl, dass es wieder etwas gibt, für das es sich lohnt zu existieren. Dass es etwas gibt, das mir etwas bedeutet. Und all das wollten meine Eltern mir nehmen, wegen zehntausend Dollar und meinen Aktionen des zivilen Ungehorsams.
Ich weiß, dass ich nicht der pflegeleichteste Zombie gewesen bin, aber mein Vater hätte wirklich etwas Mitgefühl zeigen können, und meine Mutter hätte nicht bei jeder Umarmung schreien und würgen müssen. Gut, vielleicht hätte das auch nichts geändert. Vielleicht wäre es früher oder später sowieso passiert. Vielleicht hatte mein Vater Recht.
Die Toten haben bei den Lebenden nichts verloren.
Während ich die Überreste meiner Eltern betrachte, weicht die anfängliche Schockstarre und Fassungslosigkeit über meine Tat einem heißen Schauer aus Schuldgefühlen, und ich frage mich, ob ich das irgendwie hätte verhindern können. Ob ich vielleicht überreagiert habe. Dennoch muss ich zugeben, dass ich beeindruckt bin, wie effizient ich die Ablagefläche genutzt habe. Ich hätte nie gedacht, dass man zwei erwachsene Leichen in einem Amana Bottom Freezer unterkriegt und immer noch Platz hat für die Reste des Thanksgiving-Essens. Das heißt jedoch nicht, dass ich das, was ich getan habe, für richtig halte.
Je länger ich meine Eltern anstarre, desto mehr frage ich mich, ob ich ihre Gliedmaßen nicht im Gemüsefach hätte verstauen sollen.
Im diffusen Licht des Kühlschranks kann ich erkennen, dass zwischen dem Inhalt des Gefrierfachs mehrere Tortilla-Fladen und eine Packung Weizenbrot auf dem Boden liegen. Ich öffne die Tortilla-Packung und fange an, auf
einem der Fladen herumzukauen, während ich in den Kühlschrank starre, auf die kopflosen Körper meiner Eltern, und überlege, was ich jetzt tun soll, und bevor ich überhaupt merke, was los ist, denke ich über einen Mitternachtssnack nach.
Vielleicht liegt es daran, dass ich Hunger habe. Oder weil ich bereits Atmer gegessen habe. Oder weil ihre Köpfe im Kühlschrank stecken und man so ihre Körper leichter von ihrer Identität trennen kann. Aber bei dem Gedanken an gegrillte Rippchen läuft mir fast das Wasser im Munde zusammen.
Dennoch stecke ich ganz schön in der Klemme. Trotz ihrer Schwächen und der Tatsache, dass sie ihren Sohn verkaufen wollten, um die zehntausend Dollar Schulden zu begleichen, waren sie meine Eltern. Und ich habe das Gefühl, dass ich sie enttäuscht habe, denn ich habe sie getötet und in den Kühlschrank gestopft. Andererseits frage ich mich jetzt, wo ich es getan habe, unwillkürlich, wie ihr Fleisch wohl mit etwas Bull’s-Eye-Barbecue-Soße schmecken würde.
Im Leitfaden der Anonymen Untoten steht nicht genau, wie man mit so einer Situation umgeht. Und als Untoter hat man auch keine Vorbilder, denen man nacheifern könnte. Die Zombies in den Hollywood-Streifen zeigen normalerweise keine Gefühle, wenn sie ihre Freunde oder Angehörigen verspeisen. Und ich habe noch nie einen Film gesehen, in dem eine hungrige wiederbelebte Leiche innehält, um die Konsequenzen ihres Handelns zu bedenken.
Wäre ich religiös, fiele mir die Entscheidung vielleicht schwerer. Und
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