Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte
Freiraum für Fehler noch Schutz vor Stigmatisierung. Im Gegensatz zu ES IST, WIE ES IST. Letztlich kann ich genauso wenig etwas daran ändern, wer oder was ich bin, wie ich mir Milchdrüsen wachsen lassen und mit dem Stillen anfangen kann.
Und die Erleichterung, nachdem ich meine Trauer herausgelassen habe, weicht ganz plötzlich dem befreienden
Gefühl, das, was aus mir geworden ist, zu akzeptieren.
Ich bin ein Zombie. Einer der Untoten.
Ich bin auf keinen Fall allein.
Und ich glaube, dass ich meine Bestimmung gefunden habe.
Wie als Antwort auf meine Erkenntnis zuckt ein Blitz über den Morgenhimmel, gefolgt von einem Donnergrollen. Kurz darauf fängt es an zu regnen.
Offensichtlich spürt Rita meinen Stimmungswechsel und rutscht um mich herum, bis sie vor mir hockt. »Geht’s dir jetzt besser?«
Ich nicke. Und ich glaube, dass mir eine Möglichkeit eingefallen ist, die mir, was meine Eltern betrifft, etwas Zeit verschafft. Doch zunächst muss ich herausfinden, wie groß das Chaos ist, das ich angerichtet habe, als ich sie getötet habe.
KAPITEL 39
Es ist weniger Blut, als ich erwartet habe. Das meiste davon befindet sich in der Badewanne. Offensichtlich ist das Blut aus ein, zwei Arterien quer durchs Zimmer geschossen und hat die Fliesen in der Dusche vollgespritzt, doch im Großen und Ganzen lassen sich die Beweise für das Ableben meiner Eltern problemlos beseitigen. Zum Säubern und Desinfizieren nimmt Rita Bleiche und Reinigungsmittel, anschließend steigt sie unter die Dusche, damit die Kabine einen benutzten Eindruck macht.
Ich vermute, dass ich meinen Eltern im Schlafzimmer aufgelauert habe, bevor ich sie in der Badewanne zerstückelt habe. Denn das Bett ist zerwühlt, die Kissen liegen auf dem Boden und die Bettwäsche wurde teilweise heruntergerissen. Auf einem der Kissenbezüge sind ein paar Blutstropfen, darum ziehe ich sie beide ab und stopfe sie in einen Müllbeutel aus Plastik, dann streife ich die Laken ab und werfe sie in die Waschmaschine, während Rita das Bett neu bezieht.
Glücklicherweise ist mein Vater ein Organisationsfanatiker, denn ihre beiden Koffer sind bereits gepackt und reisefertig. Selbst die Kleidung, die sie auf der Fahrt nach Palm Springs tragen wollten, hängt auf der Rückseite der Schlafzimmertür.
Ich habe Größe vierundfünfzig, mein Vater zweiundfünfzig, und Rita hat mindestens eine Größe weniger als meine Mutter, aber es kommt nur auf den ersten Eindruck an. Solange es regnet, kann man uns sowieso nicht richtig erkennen.
Wenn wir es allerdings nicht schaffen, Jerry aus dem Bett zu klingeln, müssen wir weitere zwölf Stunden warten, doch ich würde das gerne hinter mich bringen, solange ich von dem Menschenfleisch noch high bin.
Neben seinen heilsamen Eigenschaften steigert frisches Menschenfleisch wie ein Adrenalinstoß das Selbstvertrauen, nur dass die Wirkung länger anhält. So ähnlich wie Viagra. Wenn ich wieder runterkomme, kann ich mir natürlich eine weitere Portion Mom oder Dad genehmigen. Schließlich muss ich die Beweise beseitigen. Doch es ist auf jeden Fall besser, diesen Teil meiner Selbstrettungsmaßnahmen im Schutz des Regens und in den weniger belebten frühen Morgenstunden über die Bühne zu bringen.
Als Rita und ich uns umgezogen und die Koffer, den Müllbeutel und die Kühlbox im BMW 740 meiner Eltern verstaut haben, ist es kurz vor fünf. Da mein linkes Bein und mein linker Arm nach wie vor nur zu sechzig Prozent leistungsfähig sind, muss Rita fahren.
Bekleidet mit einem lavendelfarbenen Hosenanzug von Ann Taylor und einem elfenbeinfarbenen Regenmantel von London Fog, ähnelt Rita auf gespenstische Weise meiner Mutter, darum muss ich mich stark auf die anstehende Aufgabe konzentrieren, um nicht von mir selbst angewidert zu sein.
Es ist eine Sache, deine Mutter zu rösten und mit selbst gemachter Soße zu verspeisen. Aber dir vorzustellen, wie
du ihr mit den Zähnen die Klamotten vom Leib reißt, ist etwas ganz anderes.
Wir fahren rückwärts aus der Garage, hinaus in den Regen. Samstagmorgens ist keiner der Nachbarn vor fünf unterwegs, aber ich mache mir ohnehin keine Sorgen, dass irgendjemand mitkriegt, wie wir wegfahren. Mein Vater ist immer gerne früh aufgebrochen. Ich möchte nur nicht, dass jemand, der meine Eltern kennt, uns anhält, um mit uns zu plaudern.
Bevor wir zu Jerry fahren, machen wir einen Schlenker an einem 7-Eleven vorbei. Ich warte im Wagen und spähe durchs Ladenfenster, während Rita den Supermarkt
Weitere Kostenlose Bücher